Türkisches Gericht will deutschen Autor Akhanli verhaften lassen

Istanbul · Die Türkei lässt nicht locker: In Istanbul ist der Revisionsprozess gegen den türkischstämmigen deutschen Autor Dogan Akhanli eröffnet worden. Der sieht sich als Spielball türkischer Interessen.

Ein Gericht in Istanbul will einen internationalen Haftbefehl gegen den türkischstämmigen deutschen Autor Dogan Akhanli beantragen. Das Gericht entschied gestern zum Auftakt eines neuen Prozesses gegen den Autor, der in Köln lebende Akhanli solle in die Türkei gebracht werden, um sich wegen des Vorwurfs des Raubmordes zu verantworten, wie Akhanlis Anwalt Ercan Kanar in Istanbul sagte. Er glaube aber nicht, dass Deutschland darauf eingehen werde, sagte Kanar. Das Verfahren wurde auf den 4. Oktober vertagt. Akhanli selbst nahm nicht an der Verhandlung teil. Die Wiedereröffnung des Prozesses mache ihn sprachlos, sagte Akhanli. "Ich habe gehofft, dass sie mit diesem Quatsch aufhören. Ich fühle mich wie ein Fußball, der von den Machtgruppen in der Türkei hin- und hergeschossen wird." Welche Funktion seine neuerliche Verfolgung für einzelne Machtgruppen habe, welche Interessen dahinterstünden, könne er nicht sagen: "Das überfordert mich."

Akhanli war im August 2010 bei der Einreise in Istanbul festgenommen worden. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, er sei als Mitglied einer linksextremen Gruppe 1989 an einem Überfall auf eine Wechselstube beteiligt gewesen, bei dem ein Mann starb. Akhanli, ein Opfer des türkischen Militärputsches von 1980, floh 1991 nach Deutschland und nahm 2001 die deutsche Staatsbürgerschaft an. In dem ersten Prozess wurde Akhanli gleich zu Beginn im Dezember 2010 auf freien Fuß gesetzt und kehrte nach Deutschland zurück. In dem in seiner Abwesenheit fortgesetzten Verfahren wurde er schließlich freigesprochen, doch hob der türkische Berufungsgerichtshof den Freispruch wieder auf und ordnete ein neues Verfahren an.

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