Tsipras bekommt Druck in Athen

Brüssel · Griechenlands Premier Tsipras steckt fest zwischen den notwendigen Zugeständnissen an die Geldgeber und seiner Regierungspartei Syriza. Ein weiteres Entgegenkommen verlangt von beiden Seiten viel ab.

Gerade erst haben die Geldgeber Griechenland einen ersten Zahlungsaufschub gewährt, da gingen Vertreter der Führung in Athen schon wieder auf Distanz zu den bisherigen Verhandlungsergebnissen. Wenige Stunden vor der mit Spannung erwarteten Debatte im griechischen Parlament am späten Freitagabend, bei der Premier Alexis Tsipras die bisherigen Ergebnisse präsentieren wollte, hieß es in Athen, die Forderungen der Gläubiger seien "selbstverständlich unannehmbar". Damit wollten die Vertreter aus den Reihen der linken Tsipras-Partei Syriza offenbar Druck auf den Regierungschef aufbauen, der sich in den Gesprächen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem französischen Staatspräsidenten François Hollande zunehmend auch bei kritischen Punkten gesprächsbereit gezeigt hatte. Dabei sind die Geldgeber (Europäische Zentralbank , Internationaler Währungsfonds und Europäische Kommission ) den Hellenen am Donnerstag einen großen Schritt entgegengekommen. Eigentlich hätte die Regierung bereits an diesem Freitag eine Rate von 306 Millionen Euro an den Internationalen Währungsfonds (IWF) zurückzahlen müssen. Doch in Washington stimmte man schließlich zu, dass Athen mehrere Raten zusammenfassen darf und erst am Monatsende begleichen muss. Dann werden allerdings 1,6 Milliarden Euro auf einen Schlag fällig. Mit dieser Zusage sollte ein Finanzkollaps in der kommenden Woche verhindert werden, wenn die Regierung die Löhne und Gehälter für den öffentlichen Dienst auszahlen muss.

Das sei keine "Sonderlösung", betonte gestern die Brüsseler Kommission. Diese Entscheidung entspreche den "IWF-Regeln" und sei auch schon "vorher von anderen" genutzt worden. Merkel und Hollande sowie Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker signalisierten der griechischen Spitze inzwischen, man könne die Sparauflagen noch weiter lockern, um Athen einen Zugang zu dem mit 10,9 Milliarden Euro gut gefüllten Fonds zur Bankenrettung zu ermöglichen. Zusammen mit der noch ausstehenden letzten Rate aus dem zweiten Hilfspaket von 7,2 Milliarden Euro würde die Regierung also mit gut 18 Milliarden Euro unterstützt werden - vorausgesetzt, Tsipras leitet die notwendigen innenpolitischen Reformen ein. Allerdings bekommt der Athener Ministerpräsident zunehmend Druck aus den eigenen Reihen, weil Abgeordnete seiner Syriza-Partei darauf pochen, dass Tsipras keinerlei Zugeständnisse an die Geldgeber macht. Der Vorsitzende der Eurogruppe, Jeroen Dijsselbloem , sieht eine schnelle Einigung deshalb weiter skeptisch.

Meinung:

Eine große Illusion

Von SZ-KorrespondentDetlef Drewes

Der griechische Premier wird die Geister, die er rief, nicht mehr los. Während sich der linke Politiker in Brüssel gegenüber den Geldgebern zumindest schrittchenweise bewegt, machen ihm seine Parteifreunde zu Hause bereits die Hölle heiß. Alexis Tsipras hat die Illusion eines Schuldenschnitts gezüchtet, jetzt wird er sie nicht mehr los. Dabei müsste eigentlich jeder realistische Politiker unter der Akropolis wissen, dass die Euro-Partner bestimmte rote Linien nicht überschreiten werden, weil dies politischer Selbstmord wäre. Der jetzt gewährte Zahlungsaufschub bedeutet bereits einen Tabubruch - und damit einen gewaltigen Schritt auf Athen zu. Aber offenbar will man dort nicht verstehen, dass sich immer beide Seiten bewegen müssen.

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