Minister Ross (80) Trumps wichtigster Mann im Handelskrieg

WASHINGTON Dieser Tage sieht man Wilbur Ross des Öfteren mit einer Bierdose in der Hand, zum Beispiel Budweiser. Die hält er mit ernster Miene in eine Fernsehkamera, als wäre sie ein unverzichtbares Beweisstück. In einer solchen Dose, rechnet der amerikanische Handelsminister vor, stecke Aluminium im Wert von drei Cent. Schlage man zehn Prozent Zoll auf Aluminiumimporte auf, werde ein Budweiser, im Laden für einen Dollar zu haben, um gerade mal 0,3 Cent teurer.

Oder Campbell’s Soup, die Behälter gefertigt aus Stahl: Sollten die Stahlpreise infolge der angekündigten 25-Prozent-Zölle um ein Viertel steigen, müsste man sechs Zehntel eines Cents mehr für eine Fertigsuppe berappen. „Wer in aller Welt zermartert sich deswegen den Kopf? Bei der ganzen Hysterie geht es doch im Grunde um nichts“, mokierte sich Ross, als er sich neulich beim Börsensender CNBC zuschalten ließ.

Der 80 Jahre alte Milliardär hat die Aufgabe, Donald Trumps bislang schwersten Schlag gegen den Freihandel zu rechtfertigen, das Erheben von Strafzöllen auf Stahl und Alu aus dem Ausland. Mal spielt er die Konsequenzen herunter, mal betont er, dass von erratischer Politik keine Rede sein könne. Schließlich habe schon der Kandidat Trump versprochen, die heimischen Hochöfen zu schützen. Ergo überrasche ihn, wenn jemand überrascht sei, weil der Präsident Trump sein Versprechen einlöse.

Worin sich Ross und Trump weitgehend einig sind, ist eine enge, von eng definiertem Eigeninteresse geprägte Sicht auf den Welthandel. Beide begreifen ihn als eine Art Nullsummenspiel, das Gewinner und Verlierer kennt, nicht aber Partner, die allesamt profitieren. Dass er die USA auf der Verliererseite sieht, hat der Minister erst vor Kurzem beim Weltwirtschaftsforum in Davos deutlich gemacht. Als sich Amerika nach dem Zweiten Weltkrieg für einen Wegfall von Handelsschranken eingesetzt habe, sagte er, sei dies in der Absicht geschehen, notleidenden Ländern auf die Beine zu helfen. „Was 1945 angemessen war, ist heute vollkommen unangemessen. Es besteht keine Notwendigkeit mehr, China, Japan oder Europa mit unserem Geld zu subventionieren.“

Die Stahlindustrie wiederum ist das Metier, in dem der Investor aus New Jersey das Gros seines Vermögens scheffelte. Mitte der Siebziger war er als Experte für Insolvenzen bei der Rothschild-Bank eingestiegen. 1997 gründete er einen eigenen Kapitalbeteiligungsfonds, 2002 erwarb er eine Reihe bankrotter Stahlfirmen, darunter Bethlehem Steel, eine Marke mit großem Namen. Im selben Jahr verhängte der damalige Präsident George W. Bush Strafzölle gegen Stahlimporte, worauf die Preise stiegen, was Ross sehr zupass kam. Er baute Schulden ab, kürzte die Löhne und senkte die Kosten, während er dem Staat die Verantwortung für lange zuvor eingegangene Pensionsverpflichtungen aufbürdete. Als er das sanierte Imperium für 4,5 Milliarden Dollar an den Inder Lakshmi Mittal verkaufte, verbuchte er 260 Millionen Dollar Gewinn.

Zuletzt war Ross in die Schlagzeilen geraten, als die „Paradise Papers“ brisante Geschäftsverbindungen enthüllten. Konkret ging es um seine Beteiligung an einer Reederei, die Schiffe zum Transport von Flüssiggas vermietet. Zum Kundenkreis zählte der russischen Konzern Sibur, der Wladimir Putins Schwiegersohn und weiteren kremlnahen Geschäftsleuten gehört, Leuten, die in Washington auf der Sanktionsliste standen.

Mit dem Mann im Oval Office ist der „König der Pleiten“ bekannt, seit er eine Gruppe von Investoren vertrat, die Geld in das „Taj Mahal“ gesteckt hatten, Trumps in die Zahlungsunfähigkeit geschlittertes Casino in Atlantic City. Der Deal, den Ross aushandelte, rettete den New Yorker Baulöwen vor dem Ruin. Wohl auch deshalb hat Trump ihm das Handelsressort übertragen. 

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