Macron-Vertrauter Ferrand Der Liebling des Präsidenten

PARIS „Der Mann, der nie lacht“, nennt ihn die Zeitung „Parisien“. In der Tat wirkt Richard Ferrand immer etwas angespannt. Nur bei den Wahlkampfauftritten von Emmanuel Macron zeigte der grauhaarige 56-Jährige im vergangenen Jahr ein breites Lächeln.

 Richard Ferrand engagierte sich im Wahlkampf massiv für Macron.

Richard Ferrand engagierte sich im Wahlkampf massiv für Macron.

Foto: dpa/Stephane De Sakutin

Der frühere Sozialist hatte sich als erster Abgeordneter schon 2016 dem damaligen Wirtschaftsminister angeschlossen, den er bei den Debatten um das Macron-Gesetz zur Ankurbelung der Wirtschaft kennen gelernt hatte. Wochenlange Nachtsitzungen schufen damals eine besondere Nähe zwischen dem Jungstar und dem parlamentarischen Berichterstatter, die bei heute besteht. „Meine Beziehung zum Präsidenten ist bekannt. Wir haben das Abenteuer zusammen begonnen, das ist kein Geheimnis“, sagt  Ferrand.

Als Macron im Vorjahr die Wahl gewann, war klar, dass sein treuer Weggefährte einen Ministerposten bekommen würde. Hatte der Kandidat doch dem Generalsekretär von „En Marche“ viel zu verdanken. Ferrand hatte die noch junge Bewegung geformt und war mit Macron durch das Land gezogen, um Werbung für die „neue Welt“ des damals 39-Jährigen zu machen.

Der Abgeordnete gehörte zu den wenigen in Macrons Umfeld, die jahrzehntelange politische Erfahrung haben. Begeistert von François Mitterrand, schloss Ferrand sich schon mit 18 den Sozialisten an. 1991 wurde der mit einem Jura- und einem Deutsch-Diplom ausgestattete Kommunikationsfachmann dann Berater des Staatssekretärs für Integration, Kofi Yamgnane. 1998 übernahm der gebürtige Südfranzose, der seit Jahrzehnten in der Bretagne lebt, die Leitung der Krankenversicherung Mutuelles de Bretagne. Ein Job, den er 14 Jahre lang ausübte. In dieser Zeit wird ihm auch vorgeworfen, Günstlingswirtschaft betrieben zu haben. Ein Verfahren wurde eingestellt, aber ein zweites läuft noch. Als der Verdacht, seine Lebensgefährtin bei einer Vergabe begünstigt zu haben, nach seiner Berufung zum Wohnungsbauminister bekannt wurde, musste er sein Amt nach nur einem Monat wieder aufgeben.

Der Präsident betraute den dreifachen Vater stattdessen mit der Leitung der Parlamentsfraktion seiner Partei La République en Marche (LREM). Eine Aufgabe, die Ferrand ohne große Begeisterung erfüllte. Oft fehlte der Fraktionschef im Palais Bourbon, wo die konservative Opposition per Twitter schon eine ironische Suchmeldung aufgab. „Es hat ihm keinen Spaß gemacht und das hat man gesehen“, zitiert die Zeitung „Figaro“ einen Abgeordneten. Die Leitung der LREM-Parlamentarier, von denen die meisten nicht aus der Politik kommen, war für Ferrand eine schwere Aufgabe. Doch die Verabschiedung des auch in den eigenen Reihen umstrittenen Einwanderungsgesetzes im Frühjahr zeigte, dass Macrons treuer General sich durchsetzen kann.

Als der Präsident im Sommer durch die Affäre um seinen prügelnden Leibwächter Alexandre Benalla unter Druck kam, hielt Ferrand die Fraktion zusammen. Die meisten LREM-Abgeordneten bedauern es deshalb auch, dass der Fraktionschef sie verlässt. Die Partei wählte ihn mit mehr als 64 Prozent zu ihrem Kandidaten, dem durch die absolute Mehrheit von LREM in der Nationalversammlung das Amt auch sicher ist. Ferrand folgt auf François de Rugy, der Umweltminister wurde.

Mit Ferrand setzt der Staatschef auf Stabilität in der Nationalversammlung, die in den kommenden Wochen weitere Reformgesetze verabschieden soll. Den Eindruck zu großer Nähe zu Macron will der neue Präsident der ersten Parlamentskammer allerdings verwischen. Nach seiner Wahl sagte er: „Ich bin kein Liebling, sondern ein demokratisch gewählter Mann.“

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