Treue zum Stammlokal nimmt ab

Saarbrücken · Billig-Hotel- und Gastronomieketten setzen die saarländischen Traditionsbetriebe immer stärker unter Druck. Der Dehoga-Verband appelliert an seine Mitglieder, Gäste persönlicher anzusprechen und sich noch mehr um sie zu kümmern.

Gudrun Pink (65) steht für weitere drei Jahre und damit zum siebten Mal in Folge an der Spitze des saarländischen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga). Die neue Amtszeit könnte ihre schwerste werden, denn niemals zuvor sah sich die saarländische Hotellerie und Gastronomie einem so starken Verdrängungswettbewerb ausgesetzt.

Billig-Hotels wie etwa die Motel-One-Kette strebten in großem Stil in die Regionen, auch an der Saar , so Pink . Gastronomie-Ketten wie Vapiano und Manin sorgten in Ballungszentren für zusätzliche Konkurrenz . Gleichzeitig nehme in dörflichen Gegenden des Saarlandes die Zahl der Gasthäuser immer weiter ab.

Pink und ihre Vorstandskollegen räumten gestern ein, dass wegen der immer größeren Auswahl an Angeboten gleichzeitig die Treue der Gäste zu ihren Stammlokalen schwindet. Es werde jedes Mal neu entschieden, wo man hingeht. Als Antwort hierauf appelliert die Präsidentin des Saar-Dehoga an die regionalen Wirte, Gastronomen und Hotelbesitzer, sich noch intensiver um ihre Kunden zu kümmern. Hierzu gehörten auch eine möglichst häufige Präsenz im Betrieb und spezielle Empfehlungen bis hin zum Wein für die Gäste, die vom Chef selbst kommen, sagt Jürgen Becker, der im Saar-Dehoga den Fachausschuss für Restaurants und Gaststätten betreut.

Becker warnt zudem vor dem Ruf nach Billig-Küche. "Preisgünstig kann qualitativ unterirdisch sein." Jeder Wirt, der Qualität bieten will, müsse auch auf den Wert der Zutaten achten. Hier könne regionale Küche mit regionalen Zutaten schon mal etwas teurer sein. Saarländische Küche sei aber nicht generell teurer als in anderen Regionen. Zunehmende Konkurrenz für die Saar-Gastronomie entsteht auch durch jüngste Pläne, etwa von Rewe, in ihren Filialen Gastronomie anzubieten. Weiterhin erschwerten viele Bäcker und Metzger mit entsprechenden Angeboten der örtlichen Gastronomie ihre Existenz. Denn solche Betriebe können mit einem Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent kalkulieren, während die Gastronomie 19 Prozent veranschlagen muss. Pink fordert hier als Gleichbehandlung den reduzierten Steuersatz.

Noch nicht absehbar seien die Folgen des Mindestlohnes. Hier müsse jedes Unternehmen selbst kalkulierten, allerdings sei wohl mit Preissteigerungen zu rechnen. Der Personalkostenanteil betrage schon, je nach Betrieb, bis zu 40 Prozent. In ländlichen Regionen sei immer stärker ein Gastronomiesterben zu beobachten, das parallel zur demografischen Entwicklung wohl noch zunehmen werde. Der Verband will mit Bürgermeistern ins Gespräch kommen, um auszutesten, ob ein Gesamtkonzept Dorfkerne wiederbeleben kann. Zudem will der Dehoga gemeinsam mit der Industrie- und Handelskammer (IHK) Saarland solche Betriebe auszeichnen, die sich besonders um Ausbildung kümmern. Zu einem guten Essen gehört mehr, als ein Schnitzel zubereiten zu können. Wobei selbst das eine Kunst ist. Zu viele Gastronomen glänzen durch Einfallslosigkeit. Immer das Gleiche auf der Karte, oft monatelang. Könner zeigen ihre Vielseitigkeit etwa durch eine wechselnde Tageskarte mit preisgünstigen, wohlschmeckenden Spezialitäten. Das weckt Interesse und den Ehrgeiz des Kochs. Kommen eine freundliche Bedienung, Tipps des Chefs und ein nachvollziehbares Preis-Leistungsverhältnis hinzu, ist schon viel gewonnen. Leider stimmt der Preis auch an der Saar oft nicht. Der Gast hat Macht. Ist er unzufrieden, bleibt er weg. Und freut sich über mehr Wertschätzung bei der Konkurrenz .

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