Top-Wirtschaftsnationen sehen keine Wachstumskrise

Shanghai · Die Top-Wirschaftsmächte wollen bei Strukturreformen Tempo machen. Denn die Gefahr neuer Konjunktur-Rückschläge sei groß. Von Milliarden-Programmen auf Pump ist nicht die Rede, aber von der Bereitschaft alles zu tun - falls nötig.

Die führenden Industrie- und Schwellenländer (G20) wollen eine weitere Abschwächung der Weltwirtschaft mit raschen Reformen verhindern. Die G20-Finanzminister und -Notenbankchefs verständigten sich in Shanghai darauf, mehr zu tun, um die globalen Wachstumsziele zu erreichen. Die Top-Wirtschaftsmächte betonten zugleich ihre Bereitschaft, sich für mögliche Konjunkturrückschläge zu wappnen. Einen "Währungskrieg" und Abwertungswettlauf wollen sie vermeiden.

"Schnellere Fortschritte bei Strukturreformen sollten mittelfristig das potenzielle Wachstum stärken und unsere Volkswirtschaften innovativer, flexibler und widerstandsfähiger machen", heißt es in der Abschlusserklärung. Die G20 sehen die globale Wirtschaft zwar weiter auf Wachstumskurs. Sie verwiesen aber darauf, dass der Aufschwung ungleichmäßig sei und hinter dem Ziel eines nachhaltigen und ausgewogenen Wachstums zurück bleibe. Die Abwärtsrisiken und die Anfälligkeiten nähmen zu.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU ) sagte nach den zweitägigen Beratungen in der chinesischen Metropole: "Offensichtlich haben wir uns in den letzten Jahren im Rahmen der G20 ein Stück weit aufeinander zu bewegt." Die Lage der Weltwirtschaft sei besser, als die Schwankungen an den Märkten glauben machten. "Es ist überhaupt kein Anlass für eine Krise." Man sei sich einig, Übertreibungen entgegenzuwirken, ohne die Lage schön zu reden.

Der Schwerpunkt liege auf Strukturreformen. Es gebe wachsenden Konsens in der G20, dass der Spielraum der Geldpolitik kleiner sei, sagte Schäuble. Ein Zurückdrehen der Finanzmarktregulierung werde es nicht geben: "Sie wird konsequent umgesetzt werden. Das ist ein entscheidender Punkt." Der Kampf der G20 gegen Steuertricks internationaler Konzerne werde vorangetrieben.

Bundesbank-Präsident Jens Weidmann ergänzte, die konjunkturellen Perspektiven seien besser als der Ruf. Das globale Wachstum dürfte sich fortsetzen, wenngleich nicht in der Geschwindigkeit wie erwartet: "Auf lange Sicht besteht kein Anlass, die Lage allzu schwarz zu malen." Auch für China gebe es keinen Hinweis auf einen scharfen Einbruch. Im Euro-Raum dürfte sich die wirtschaftliche Erholung in diesem und nächsten Jahr fortsetzen. Als Risiken für die Weltwirtschaft nennen die G20 das Auf und Ab bei Kapitalströmen, die stark fallenden Rohstoffpreise sowie die "eskalierenden" geopolitischen Konflikte. Verwiesen wird aber auch auf den "Schock" eines möglichen EU-Austritts Großbritanniens sowie eine große und steigende Flüchtlingszuwanderung in "einigen Regionen". Es gebe zudem "wachsende Befürchtungen", dass die Vorhersagen für das globale Wirtschaftswachstum nochmals nach unten korrigiert werden.

Die G20 bekräftigten ihre Absage an Währungsabwertungen als Mittel, um sich im Wettbewerb auf den Weltmärkten Vorteile zu verschaffen. Es solle auch weiterhin keine Zielmarken für Wechselkurse geben. Mit einer weitergehenderen Formulierung als üblich betonten die G20-Minister und Notenbankchefs : "Wir werden uns eng abstimmen über die Devisenmärkte."

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