Finanzen Werbung für Kleinkredite sorgt in der Schweiz immer noch für Kritik

Ein Jahr ist nun vergangen seit dem Zeitpunkt, ab dem die aggressive Werbung von Kreditinstituten für Kleinkredite in der Schweiz Geschichte ist. Doch die eigentlich gut gemeinte und selbst auferlegte Restriktion der Branche ruft nicht nur bei Konsumentenschützern Kritik hervor. Auch Schuldenberater sehen die bislang erzielten Ergebnisse in einem eher skeptischen Licht.

 Sparen reicht heutzutage in vielen Fällen für größere Anschaffungen nicht mehr aus.

Sparen reicht heutzutage in vielen Fällen für größere Anschaffungen nicht mehr aus.

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Anwendbarkeit des Konsumkreditgesetzes ist nicht immer gegeben

Das Konsumkreditgesetz, welches auch Bundesgesetz über den Konsumkredit genannt wird, ist ein schweizerisches Bundesgesetz, das bereits am 1. Januar des Jahres 2003 in Kraft getreten ist. Es beabsichtigt, schweizerische Kreditnehmer davor zu bewahren, in Überschuldung und somit in die Insolvenz abzurutschen. Inhaltlich erfasst werden, wie der Name auch schon korrekt suggeriert, einerseits Konsumkredite, andererseits die folgenden Kreditarten:

  • Leasingverträge an Privatpersonen
  • ÜberziehungskrediteKredit- und Kundenkarten
  • Darlehen u.Ä.


Wichtig zu unterscheiden ist dabei, dass eine Anwendbarkeit des Gesetzes ausscheidet, wenn der Kredit für berufliche oder gewerbliche Zwecke aufgenommen werden soll. Damit beschränkt sich die Anwendung des Gesetztes in der Praxis nicht selten auf sogenannte Kleinkredite über vierstellige Summen. Einzelne Geldinstitute bezeichnen sogar alle Verbraucherkredite generell als Kleinkredite . Ausgeschlossen ist die Anwendbarkeit des vorliegenden Gesetzes hingegen in Fällen wie den folgenden:

  • Überziehungskredit ist durch Grundpfandrecht abgesichert
  • Deckung des Überziehungskredits durch Banksicherheiten
  • Überziehungskredit beträgt weniger als 500 oder mehr als 80.000 Franken


Damit es bei dem Abschluss des Kreditvertrages als solches nicht dazu kommt, dass relevante, für die Rückzahlungsfähigkeit ausschlaggebende, Faktoren übersehen werden, muss bei Darlehen eine ausführliche Kreditfähigkeitsprüfung stattfinden. Im Unterschied dazu ist bei bloßen Überziehungskrediten vom Kreditgeber lediglich eine Abfrage bei der IKO zu initiieren und eine Einkunft über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Kreditnehmers einholen.

Neue Regelungen beabsichtigten nicht nur erhöhten Verbraucherschutz

Die in dem vorherigen Absatz erläuterten und schon ab dem Jahr 2003 geltenden Regelungen waren ab dem 1. Januar 2016 durch verschiedene weitere Normen ergänzt worden. Die vom Bundesrat durchgeführten Anpassungen des Gesetzes waren dabei auf Basis der Überlegung erfolgt, Konsumenten noch weitergehender schützen zu wollen. Einen Überblick über die eingearbeiteten Änderungen gibt die folgende Tabelle:

Änderung Auswirkung
 Widerrufsfrist von 14 Tagen  Bedenkzeit nach Abschluss
 Entschädigung bei Missbrauch  Ausgleich für Kreditgeber
 Verbot aggressiver Werbung  Weniger Verleitung zum Abschluss
 Strengere Bonitätsprüfung  Seltenere Überschuldung
 Anwendung bei kürzeren Expresskrediten Mehr Schutz durch KKG


Die Widerrufsfrist von 7 Tagen war im Rahmen des Inkrafttretens der neuen Regelung auf 14 Tage verdoppelt worden. Des Weiteren schuldeten Kreditnehmer ab dem 1. Januar 2016 dem Kreditgeber für den Fall eine Entschädigung, dass sie beispielsweise ein zur Verfügung gestelltes Leasingobjekt missbräuchlich respektive vertragswidrig gebrauchten.

Aggressive Werbung ist mit der Einarbeitung der neuen Regeln komplett verboten worden, wobei für den Fall der Zuwiderhandlung eine Strafe von bis zu 100.000 Franken vorgesehen wurde. Des Weiteren sollte die Bonitätsprüfung fortan noch strengeren Kontrollen unterliegen, um vor dem letztlichen Vertragsabschluss bestmögliche Sicherheit für beide Seiten gewährleisten zu können. Die letzte wichtige Änderung bezog sich auf die Anwendbarkeit des Konsumkreditgesetzes für den Abschluss von Expresskrediten. Zuvor war es noch der Fall gewesen, dass eine Anwendbarkeit ausschied, sofern eine Rückzahlung des Kredites in maximal vier Raten innerhalb eines Jahres erfolgen sollte. Die Jahresfrist wurde dann auf drei Monate verkürzt, sodass alle Verträge mit längerer Rückzahlungsfrist automatisch unter das Gesetz fielen.

Kritik bezieht sich vor allem auf die in der Praxis verfehlte Kernwirkung

Bereits zum Zeitpunkt der Einarbeitung der dritten neuen Regelung war bezweifelt worden, dass es in der Praxis zu einer zufriedenstellenden Umsetzung kommen wird. So definierten nämlich die neuen Regelungen zwar, dass aggressive Werbung fortan verboten ist, lieferten gleichfalls allerdings nicht die notwendige Definition dafür, was genau "aggressiv" bedeuten soll. Statt selbst eine Antwort auf diese Frage zu liefern, überließen die neuen Regelungen die Klärung dieser Frage der Kreditbranche, die sie aber eigentlich regulieren sollte.

Gleichfalls hielten die neuen Normen fest, dass der Bundesrat für den Fall einschreiten solle, dass eine Selbstregulierung nicht funktioniere. Die Branche reagierte jedoch in der Tat auf die neuen Gesetze und gab sich eine Konvention zu Werbeeinschränkungen. In dieser heißt es, dass eine Werbung dann als "aggressiv" bezeichnet werden müsse, wenn der Eindruck entstehe, dass Kredite schnell und ohne Prüfung der Kreditfähigkeit erhältlich seien. Des Weiteren sei Aggressivität ferner dann gegeben, wenn die Aufnahme eines Kredits aus ökonomischen Gesichtspunkten als unsinnig eingestuft werden müsse. Ein Anwendungsfall in dem dies so ist, ist beispielsweise die Aufnahme eines Kleinkredits zum Abbau von bereits im Vorfeld angehäuften Schulden. In der Praxis gab es nun trotzdem folgende Probleme:

  • Aktive Überwachung war nicht vorhanden
  • Für eingereichte Beschwerden ist die Schweizerische Lauterkeitskommission zuständig
  • Ohne Beschwerde keine Regulierung


Es liegt auf der Hand, dass eine Regulierung, die in Wahrheit keine Autonomie besitzt, weder vollumfassend noch sonderlich effizient arbeiten kann. Deshalb gab es auch nur eine einzige Beschwerde und über die wurde noch nicht einmal entschieden.

Kreditfähigkeitsprüfung ist auch in Deutschland der regulative Faktor

Während auch die Geschäftsleiterin der Stiftung für Konsumentenschutz, Sara Stalder, der Meinung ist , dass die Branche nun eben stattdessen nicht mehr auf aggressive, sondern auf "charmante und anmächelige Art" wirbt, stellt sich die Lage derweil in Deutschland ganz anders dar. Ein direktes Pendant zum Konsumkreditgesetz gibt es hierzulande nämlich nicht. Dies bedeutet aber im Umkehrschluss nicht, dass Verbraucher hierzulande nicht vor Überschuldung oder unzumutbarer Werbung geschützt werden. So existiert nämlich in hiesigen Gefilden ein duales System zur Werbungsbeschränkung, das sich wie folgt zusammensetzt:

RegelungIntention
 Vorgaben für kommerzielle Kommunikation Verbot von bspw. irreführender Werbung
 Freiwillige Regeln für Werbewirtschaft  Vermeidung von bspw. Diskriminierung


Neben den relativ umfangreich ausgestalteten rechtlichen Vorgaben, die die kommerzielle Kommunikation von Unternehmen regeln, gibt es noch diverse freiwillige Verhaltensregeln, die sich zum Ziel gesetzt haben, diskriminierende oder beleidigende Werbung zu unterbinden. In Bezug auf die Verschuldung ist in Deutschland die Kreditvergabe durch strenge Regeln limitiert, die den Banken als Kreditgebern auferlegt werden. So müssen diese nicht nur die Kreditwürdigkeit, sondern auch die Kreditfähigkeit beurteilen. Im Rahmen des zweiten Prüfungspunktes werden sowohl die aktuellen Einkommensverhältnisse überprüft, als auch negative, in der Vergangenheit liegende Ereignisse, die schufadokumentiert sind.

Internet als Werbungsmedium ist wesentlich schwieriger kontrollierbar

Ein Faktor, der die Problematik rund um unzulässige Werbung noch zusätzlich befeuert, ist die zunehmende Existenz und Präsenz der Online-Kreditinstitute. Im Gegensatz zu einer klassischen Bank operieren diese teilweise vollständig autonom und erreichen ihre Kundschaft entweder über eine entsprechend gute Platzierung bei Google oder über die Versendung von Newslettern. Es liegt daher auf der Hand, dass das Internet sich als Werbungsmedium hervorragend eignet. Da aber nicht nur die Offerten von Online-Banken zunehmen, sondern die Fülle des gesamten Internets mittlerweile unüberschaubar geworden ist, wird die Selbstregulationsmöglichkeit in diesem Bereich zusätzlich abgeschwächt. Mit anderen Worten kann auch von unseriösen Anbietern im Internet das altbekannte Sprichwort "Wo kein Kläger, da kein Richter" auf relativ triviale Weise erschöpfend ausgenutzt werden. Besonders gefährlich ist das Ganze vor allem für die folgenden Personengruppen:

  • Kranke und alte MenschenGenerationen, die ohne Internet aufgewachsen sind
  • Jugendliche, die viel mit dem Smartphone surfen


Noch nicht einmal in der Aufzählung erwähnt sind zudem betrügerische Absichten, die durch eine vorhergehende Infizierung des Anwenderrechners wesentlich leichter durchgesetzt werden können.

Verschuldung ist in einigen Fällen ein nicht enden wollender Teufelskreis

Der Grund dafür, dass Überwachungen und Limitierungen im Bereich der Kredite nicht nur ein ständiges politisches Thema sind, sondern natürlich auch jede Menge Unmut bei den Betroffenen hervorrufen, liegt in der Natur der Wichtigkeit des Geldes begründet. Grundsätzlich ist es nicht nur in Deutschland so geregelt, dass diejenigen, die eigentlich am ehesten einen Kredit bräuchten, nur am schwersten an einen solchen kommen können. Was auf den ersten Blick noch paradox erscheint, wird klarer, wenn man die Grundvoraussetzungen für die Kreditvergabe beachtet.

Ein ganz elementarer Faktor ist, dass der Kreditnehmer dem Kreditgeber in zufriedenstellender Manier vermitteln kann, über ausreichende Sicherheiten zu verfügen. Jemand, der bereits Arbeitslosengeld 2 bezieht, womöglich keinen Job hat oder in der Vergangenheit bereits negativ durch Zahlungsausfälle aufgefallen ist, wird einen Kreditgeber nur schwerlich überzeugen können. Es ist gewissermaßen nur folgerichtig, dass Kreditgeber in derartigen Fällen das Gesuch ablehnen, um die jeweilige Person vor einer tiefgreifenden Überschuldung zu bewahren. Terminologisch muss man ohnehin zwischen zwei Begriffen unterscheiden:

Begriff Bedeutung
 Verschuldung  Status quo von Schulden
 Überschuldung Zahlungen können nicht mehr aufgebracht werden


Während der Term der Verschuldung lediglich den Status quo respektive die Existenz von entsprechenden offenen Verbindlichkeiten beschreibt, ist die in Deutschland zunehmende private Überschuldung gegeben, wenn die Zahlungen nicht mehr geleistet werden können. In solchen Fällen kann teilweise jedoch noch eine Umschuldung helfen .

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