Tief im schaurig Schönen

Saarbrücken. Um das Mädchen mit den Schwefelhölzchen drängt sich ein Korso alter Autos. Läden, Buden, Museen türmen sich erstickend eng um es herum. In rauchig-grauen Wasserfarben hat der Argentinier José Sanabria Andersens Märchen gezeichnet, eine der Entdeckungen, die man bei der Ausstellung in der K4 Galerie machen kann

Saarbrücken. Um das Mädchen mit den Schwefelhölzchen drängt sich ein Korso alter Autos. Läden, Buden, Museen türmen sich erstickend eng um es herum. In rauchig-grauen Wasserfarben hat der Argentinier José Sanabria Andersens Märchen gezeichnet, eine der Entdeckungen, die man bei der Ausstellung in der K4 Galerie machen kann. "Märchenhaft!" zeigt im Rahmen der Kinder- und Jugendbuchmesse die Werke 13 internationaler Illustratoren: ein gelungener Spiegel frischer Interpretationen und unterschiedlicher Techniken.Wie Traumsequenzen, linienbetont und surreal, wirken die Acrylbilder der jungen Japanerin Momo Takano zu "Schneewittchen". Eine Illustration wird von einem monströsen Apfel-Haus-Gebilde auf nachtschwarzem Grund beherrscht und einem grinsenden Zwerg mit Spitzgesicht und Fischkappe. Auf Katalin Szegedis fröhlichen "Rapunzel"-Collagen ranken echte Häkelborten auf gemalten Tischdecken, Kümmel und Koriandersamen häufen sich in Schüsseln, Rapunzels Schleier aus Blättern ist auffälliger als ihr Haar.

Der Altmeister Nikolaus Heidelbach zeigt mit seinen Bildern zu "Märchen aus aller Welt" eine Farbenpracht und einen Reichtum an Motiven und Mustern, die ihresgleichen sucht. Man nehme nur die auf fantastische Schlangen gebettet Schlafende in "Der hässliche Riese" oder "Die Schöne und das Tier", wo die Augen des Tiers gut versteckt aus einem überirdisch leuchtenden Blütenmeer starren. Kindlich verspielt ist der Charakter von Susanne Straßers clownesken, federleichten Collagen zu ihrem "Märchen von der Prinzessin, die unbedingt in einem Märchen vorkommen wollte". Tauben hocken auf bunten Zuckerstangen, Lachmünder-Lollis stecken im Gelände, monströse Frösche sprengen Zimmerecken.

Viel ist hier zu bewundern, die Zartheit von Hanne Bartholins aquarellierten Bleistiftzeichnungen zu Andersen oder die riesigen, düsteren Tusche-Illustrationen des Italieners Lorenzo Mattotti zu "Hänsel und Gretel". In deren Schwärze kann man sich verlieren, der Zauberwald ist ein unwegsames Labyrinth aus dunklen, verschlungenen Strichen und irrlichternden, weißen Flecken, das die Geschwister schluckt. Das Hexenhaus ist eine hohe Kathedrale des Schreckens.

Zur Auswahl der Ausgestellten sagt Messe-Leiterin Astrid Rech: "Eigentlich habe ich sie nach ganz persönlichen Kriterien ausgesucht. Ich wollte neue, interessante Illustratoren zeigen, die noch nicht so bekannt sind - wie eben Mattotti oder Momo Takano. Dass ein Heidelbach dabei sein muss, war ja schnell klar". Zum Grimm-Jahr 2012 wollte Rech sich erst auf deren Märchen konzentrieren, hat das Thema dann aber ausgeweitet, auch auf fremdartig versponnene Welten. In der K4 Galerie zeigt sie die Kraft des Schaurig-Schönen und grenzenlos Fantastischen.

Bis 19. Mai, K4 Galerie, Karlstr. 4. An den Messe-Tagen (10.-13. Mai) von Mi-Fr 9-19 Uhr, Sa und So 11-19 geöffnet; ansonsten: Di, Mi, So, 15-19 Uhr, Fr 11-19 Uhr. An den Messetage werden acht der 13 Illustratoren in Saarbrücken sein.

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