Thionville macht Platz für Chinesen
Thionville. Vier Kilometer südlich von Thionville soll auf einer 130 Hektar großen Gewerbefläche eine gigantische Plattform für den Handel zwischen Europa und China entstehen. Das gab der Conseil Général de la Moselle (Generalrat) dieser Tage bekannt
Thionville. Vier Kilometer südlich von Thionville soll auf einer 130 Hektar großen Gewerbefläche eine gigantische Plattform für den Handel zwischen Europa und China entstehen. Das gab der Conseil Général de la Moselle (Generalrat) dieser Tage bekannt. Mit 2000 chinesischen Firmen, die sich hier mit Dependancen niederlassen, rechnet die Gesellschaft Terra Lorraine, die das Projekt entwickelt und vermarktet. Daneben sollen sich auch europäische Unternehmen ansiedeln, die nach China exportieren oder mit chinesischen Unternehmen Partnerschaften aufbauen wollen.Das geplante International Trade Technology and Exhibition Center (ITEC), so die offizielle Bezeichnung, soll eine reine Plattform für Großabnehmer sein. Einzelhandel sei nicht erlaubt, sagt Generalratspräsident Patrick Weiten. Die Firmen erhalten Infrastruktur für Konferenzen, Ausstellungen, Entwicklung, Finanzmanagement, Verwaltung, Marketing und Kundendienste. Neben großen Hallen, in denen künftig pro Jahr 40 internationale Ausstellungen stattfinden sollen, will Terra Lorraine allein im erstem Bauabschnitt, der im Herbst startet, achtgeschossige Gebäude mit einer Gesamt-Geschossfläche von 230 000 Quadratmetern hochziehen. Später soll auch ein Logistikzentrum dazukommen.
Überzeugt habe die Chinesen an dem Projektstandort "mitten auf dem Acker" seine zentrale Lage in Europa und die Verkehrsanbindung, sagt Bruno Welsch, Generaldirektor von Terra Lorraine. Unmittelbar an der A31, nahe einer Eisenbahnlinie, habe man auch Zugang zum Hafen und komme von dort mit dem Schiff bis Antwerpen und Rotterdam.
"Heute kaufen Saturn und Aldi ihre Flachbildschirme in China ein, künftig können sie das hier in Lothringen machen. Wir packen sie dann in Container und sorgen für die Logistik", erklärt Welsch, welche Vorteile die neue Handelsplattform bringen soll. 500 Container täglich sollen später einmal hier umgeschlagen werden.
Terra Lorraine, die zur Projektvorstellung eine Delegation chinesischer Unternehmensverbände mitbrachte, ist eine Tochter der in Luxemburg ansässigen Finanzgesellschaft Comex Holdings. Diese will als Kapitalrisikogesellschaft das Projekt ohne öffentliche Hilfen finanzieren und 150 Millionen Euro in den ersten Bauabschnitt investieren. In einem Zeitraum von rund zehn Jahren sollen vier weitere Bauabschnitte realisiert werden. ITEC werde mittelfristig 3000, langfristig sogar 30 000 neue Arbeitsplätze für Europäer, nicht nur für Franzosen, auch für Belgier und Deutsche, schaffen, verspricht Welsch.
Das Projekt von Terra Lorraine, dem der Generalrat des Departement Moselle jetzt zustimmte, stößt in Lothringen aber nicht nur auf Begeisterung. Auch in die Daewoo-Ansiedlung bei Thionville hatte man vor rund 20 Jahren große Hoffnungen gesetzt, die buchstäblich in Flammen aufgingen. Andere, wie der Hambacher Unternehmer Jean-Michel Bach, befürchten, dass der Handel mit China einseitig bleiben könne und die Chinesen mit ihren billigen Waren noch leichter den europäischen Markt überfluten. Nur wenn die Container auch voll beladen nach China zurückgingen, gebe es Vorteile für beide Seiten, mahnt auch der Bürgermeister von Thionville, Bertrand Metz, und dringt dafür auf Garantien. "Die können wir nicht geben. Wir können es nur richtig machen", sagt dazu Bruno Welsch.
