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Macher Im Sport und im Leben ganz oben

Als Weltklasseschwimmer, Sportmediziner und Sportfunktionär machte Professor Dr. med. Klaus Steinbach gleich dreifach Karriere. Wie ist das zu schaffen, und wer formte was: der Sport den Charakter oder der Charakter den Sportler?

Foto: Chris Fruehe

Als deutscher Weltklasseschwimmer gewannen Sie Olympisches Silber und Bronze, stellten acht Welt- und neun Europarekorde auf und schwammen als erster Schwimmer 100 Meter Kraul in 49,79 Sekunden. Welche Fähigkeiten braucht man, um über viele Jahre ein solch konstantes Höchstleistungsniveau zu halten?Prof. Dr. Klaus Steinbach: Mein Antrieb, Leistungssportler zu werden, entstand aus der natürlichen Freude an der Bewegung, aus dem Sport selbst heraus. Ich wurde in eine Schwimmerfamilie hineingeboren, meine Eltern waren beide begeisterte Schwimmer. Sie haben den Grundstein für meine Schwimmerkarriere gelegt, es war also ein ganz selbstverständlicher Prozess. Aus der Wissenschaft weiß man, dass die Freude an der Bewegung bereits in den ersten Lebensjahren angelegt wird. Um Spitzensportler zu werden, spielt allerdings Talent zu 9o Prozent eine entscheidende Rolle, die restlichen zehn Prozent entfallen auf Fleiß, Ausdauer und eine förderliche Umgebung. Ich konnte mich leicht und elegant im Wasser bewegen, in körperlicher Hinsicht waren die Voraussetzungen also vorhanden.


Leistungssportler stehen im Ruf, auch eine ausgeprägte mentale Stärke zu besitzen. Wie ist das bei Ihnen?

Steinbach: Im Unterschied zu heutigen Spitzensportlern habe ich meine Schwimmerkarriere erst spät gestartet, etwa im Alter von elf Jahren. Doch schon damals stand für mich fest, dass ich mich in meiner Freizeit ganz dem Sport widmen würde. Aus dieser klaren Erkenntnis heraus standen andere Interessen nicht in Konkurrenz zum Sport, daraus konnte ich eine große mentale Stärke entwickeln. Ich war auch in dieser Hinsicht gut aufgestellt, das Training empfand ich deshalb nie als Pflicht oder Entbehrung. Leider gehen dem Leistungssport durch einen Prioritätenwechsel im pubertären Alter viele junge Sporttalente verloren. Wichtig waren auch die ersten Wettkampferfolge, bereits mit fünfzehn Jahren habe ich als jüngster Teilnehmer an den Deutschen Meisterschaften teilgenommen und festgestellt: Da geht noch viel mehr. Die Wettkampferfolge, gepaart mit der Tatsache, dass ich über lange Phasen kaum Rückschläge im Schwimmsport erlebt habe, waren schon starke Stimuli für mich.

Als Sie zum Training nach Saarbrücken kamen, war Ihre Karriere als Spitzensportler da schon in Sicht?

Steinbach: In Kleve, meiner Heimatstadt, gab es kaum professionelle Trainingsmöglichkeiten, ich musste mich nach Alternativen umschauen. In Saarbrücken wurde 1969 die Max-Ritter-Sportschule gegründet, um Sporttalente aus kleinen Vereinen optimal zu fördern, auch im Hinblick auf die Olympischen Spiele 1972. Mit Unterstützung meiner Eltern habe ich mich dort vorgestellt und gehörte dann zu den 14 Gründungsmitgliedern. Als einer von fünf Schwimmern qualifizierte ich mich für die Olympischen Spiele 1972 und konnte nach München fahren. Unsere Staffel hatte gute Aussichten auf einen Medaillengewinn, aber die Silber-Medaille hat uns dann doch überwältigt. Die Eindrücke in München haben mit Sicherheit meinen weiteren Weg geprägt. 1976 habe ich in Montreal in der Staffel Bronze erschwommen, die Olympischen Spiele 1980 in Moskau sollten meine letzte Etappe im olympischen Schwimmsport sein. Dazu kam es aber leider nicht. Deutschland hat die Spiele wegen des Einmarschs der Sowjetunion nach Afghanistan boykottiert.

Parallel zu Ihrer sportlichen Karriere haben Sie Medizin studiert und waren als Chefarzt und Ärztlicher Direktor in der Orthopädie auch beruflich sehr erfolgreich? Wie ist eine solche Doppelkarriere zu schaffen?

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Klaus Steinbach 1978. Foto: imago/Sven Simon

Steinbach: Leistungssportler hatten in Deutschland bis in die 1980er Jahre im Grunde einen Amateur-Status. Den organisierten Profisport, so wie wir ihn heute kennen, gab es damals noch nicht. Wir mussten uns also neben dem Sport um duale Ausbildungsmöglichkeiten und um eine berufliche Perspektive kümmern. Ursprünglich wollte ich Kinderarzt werden und habe dazu 1976 ein Medizinstudium in Homburg aufgenommen. Weil mich aber die Sportmedizin und das Operative sehr interessiert haben, lag die Orthopädie als Fachgebiet dann doch näher. Parallel zum Studium bin ich weiterhin nationale und internationale Wettkämpfe geschwommen. Eine schwierige Situation ergab sich 1978: Meine Teilnahme an den Weltmeisterschaften in Berlin fanden in der gleichen Woche statt wie mein Physikum in Medizin. Da ich beides absolvieren wollte, bin ich zwischen Berlin und Homburg gependelt. So habe ich die Weltmeisterschaften nur zwei Tage unterbrochen, um in der Zeit in Homburg das Physikum abzulegen. Das Manöver hätte gründlich schief gehen können, ich brauchte schon eine große Portion Risikobereitschaft. Doch mit drei Medaillengewinnen habe ich in Berlin das beste Wettkampfergebnis meiner ganzen Sportlerlaufbahn erzielt und gleichzeitig das Physikum bestanden. 1980 habe ich meine Karriere beendet und mich voll und ganz auf meine berufliche Laufbahn als Mediziner konzentriert.

„Da mir der Sport im Leben viel gegeben und Türen geöffnet hat, möchte ich meine Erfahrungen an die junge Generation weitergeben.“

Seit 1992 engagieren Sie sich als Sportfunktionär ehrenamtlich in unterschiedlichen Funktionen für die Olympiade. Sie haben junge Sporttalente medizinisch betreut, an den Rahmenbedingungen des olympischen Sports mitgewirkt und werben für eine gezielte Sportförderung. Was wollen Sie im Sport bewegen?

Steinbach: Als ehemaliger Olympionike bleibt man immer nahe am olympischen Geschehen, die Spiele und die Olympiade beschäftigen mich auch weiterhin. Da mir der Sport im Leben viel gegeben und Türen geöffnet hat, möchte ich meine Erfahrungen an die junge Generation weitergeben und damit auch meine große Dankbarkeit zum Ausdruck bringen. Um an die Spitze zu kommen und dort zu bleiben, brauchen Athleten gezielte Förderung und gute Rahmenbedingungen. Heute ist der Leistungssport viel härter, die internationale Konkurrenz ist so groß wie nie, auch der Trainingsaufwand ist viel umfänglicher als früher. Wenn Deutschland also im Sport an der Weltspitze bleiben will, muss der Sport in der Breite und in der Spitze weiter gezielt gefördert werden. Dafür setze ich mich ein. win
  

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