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Gemeinsam in die Zukunft Corona-Forschung im Saarland – ein schlagkräftiger Verbund

Der Neubau der Inneren Medizin, IMED, der die Lungen-Klinik und die Forschungslabore beherbergt. Foto: Frank Blümler

Im Fokus dieser Studie steht der Covid-19-Patient, an ihm soll erforscht werden, wie es zur Erkrankung kommt, wie diese verläuft und welche Heilungsaussichten es gibt. Antworten auf diese komplexen Fragen sucht Prof. Dr. Dr. Robert Bals, Direktor der Klinik für Innere Medizin V – Pneumologie, Allergologie, Beatmungs- und Umweltmedizin am UKS in Homburg.Prof. Dr. Dr. Bals, Sie haben die Studie initiiert?Prof. Bals: Ich habe Prof. Sigrun Smola, Direktorin des Instituts für Virologie, Prof. Rolf Müller vom Helmholtz-Institut für Pharmazeutische Forschung Saarland und Prof. Andreas Keller vom Zentrum für Bioinformatik angesprochen, weil wir zusammen die notwendigen Strukturen haben, um klinische Studien zu betreiben, und die gewonnenen Erkenntnisse direkt zur Anwendung an der Covid-19-Erkrankung bringen können.Ministerpräsident Tobias Hans spricht von der Bündelung wissenschaftlicher Kräfte im Saarland. Welche wissenschaftlichen Forschungsgebiete sind an der Studie beteiligt und wie arbeiten Sie zusammen?Prof. Bals: Wir forschen auf mehreren Ebenen, auf der saarländischen Ebene gibt es enge Kooperationen zwischen unterschiedlichen Uni-Instituten am Campus Homburg und Saarbrücken sowie dem Helmholtz-Institut für Pharmazeutische Forschung (HIPS). Gleichzeitig gibt es bundesweit zahlreiche Initiativen, bei denen wir mitmachen. Es geht darum, die vielfältigen Aspekte klinischer Studien zusammenzufassen und unsere Erfahrungen aus der Corsaar-Studie dort einzubringen. Sie zielt darauf ab, möglichst viel über die Erkrankung zu lernen. Natürlich sind wir auch in internationale Projekte eingebunden; in den letzten Wochen haben sich viele Netzwerke herausgebildet.

An Covid 19, einer durch das Coronavirus SARS-CoV-2 verursachten Krankheit, leiden Menschen in der ganzen Welt. Spitzenforschung ist ein wesentlicher Baustein, um die Corona-Pandemie zurückzudrängen. Neben klugen Köpfen braucht es zielgenaue Forschungsprogramme wie die Corsaar-Studie, die seit April 2020 im Saarland läuft.

Sind die wissenschaftlichen, personellen, materiellen Infrastrukturen im Saarland komfortabel und welche Vorteile sehen Sie im Saarland für die Corona-Forschung?

Prof. Bals: Es war sehr toll, dass wir initialgleich von drei Geldgebern – dem Saarland, der Uni und der Rolf-Schwiete-Stiftung – Förderzusagen bekommen haben. Zusätzlich haben wir auch andere Fördermöglichkeiten beantragt, unsere Forschung ist langfristig angelegt. Im Vergleich zu den Forschungs-Standorten wie München oder Berlin ist unsere Forschungslandschaft nicht so großflächig. Aber gerade durch die Konzentration wichtiger Forschungseinrichtungen und vieler guter Leute, auch durch die engen Kooperationen ist es uns schnell gelungen, sehr gute Strukturen für die Studie aufzusetzen. Das Saarland ist klein, aber schlagkräftig! Ob und wie lange wir mit den Fördertöpfen auskommen? Das können wir derzeit noch nicht sagen, denn wir wissen nicht, wie lange die Situation noch andauert. Ich glaube schon, dass uns die Krise noch längere Zeit beschäftigen wird.

Sind Quantensprünge in der Erforschung der Erkrankung zu erwarten? Welche Forschungswege sind vielversprechend?

Prof. Bals: Forschung bedeutet in der Regel harte Arbeit. Ob man dabei Quantensprünge generiert, weiß man vorher nie. Forschung bedeutet immer eine Reise ins Unbekannte. Mit unserer Studie decken wir drei Forschungsbereiche ab: zum einen die Grundlagenforschung, die die Interaktion des Virus mit den Zielzellen untersucht. Zum zweiten die klinischen Ansätze zur Erforschung der Erkrankung, zur Erforschung neuer Therapien und zur Entwicklung und Testung neuer Therapeutika, jeweils zusammen mit unseren Kooperationspartnern. Der dritte Bereich betrifft unsere eigenen Ideen zu neuen Therapien, die wir zusammen mit dem HIPS verfolgen wollen.

Sie erheben seit etwa sechs Wochen Patientendaten, beobachten Erkrankte und untersuchen ihre Blutproben. Was wissen Sie heute, was Sie zu Beginn der Studie noch nicht wussten?   
   

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Prof. Dr. Dr. Robert Bals ist Direktor der Klinik für Innere Medizin V – Pneumologie, Allergologie, Beatmungs- und Umweltmedizin in Homburg. Foto: Rüdiger Koop/UKS

Prof. Bals: Wir haben es im Wesentlichen mit einer völlig neuen Erkrankung zu tun, deshalb wissen wir heute sehr viel mehr als zu Beginn der Corsaar-Studie. Dies hat aber nicht dazu geführt, dass wir jetzt in eine völlig neue Richtung denken. Aber wir lernen täglich dazu und verfeinern unsere Diagnostik, um besser voraussagen zu können, wer krank wird und wie schwer der Patient erkrankt. Wir müssen wirksame Therapien entwickeln, einen Impfstoff und Medikamente, um den Krankheitsverlauf abzumildern. Auch beschäftigen wir uns mit der klinischen Charakterisierung der Erkrankung, mit der Grundlagenforschung und mit der Entwicklung von neuen Therapeutika, die keine Impfstoffe sind. Wir sind gerade mittendrin.

Welche Informationen von Erkrankten sind neben den rein medizinischen interessant für Sie?

Prof. Bals: Grundsätzlich erheben wir die Daten nur, wenn der Patient zustimmt! Wir versuchen, ein möglichst breites Bild über die Patienten zu gewinnen, und das auf vielen Ebenen. Zum einen interessiert uns die Vorgeschichte. Gibt es Begleiterkrankungen, die Risikofaktoren darstellen könnten? Weiter versuchen wir, aus der Symptomatik der Erkrankung und ihrem Verlauf zu lernen. In Kombination mit den Blutuntersuchungen bekommen wir ein gutes klinisches Bild. Je mehr Informationen, desto differenzierter wird das Bild.

Vor welchen Herausforderungen stehen Sie bei der Behandlung der Patienten im Klinikalltag?

Prof. Bals: Am Anfang wussten wir nicht, wie viele Patienten kommen und wie die Krankheitsfälle verlaufen würden. Das war schon eine schwierige Situation. Auch heute können wir noch nicht voraussagen, wie schwer ein Patient erkrankt, wenn er auf unsere Station kommt. Was ist also die adäquate Behandlung? Eine hundertprozentige Sicherheit haben wir nicht. Weitere Schwierigkeiten sind, dass wir keine zugelassenen Therapien haben und die Datenlage zu Behandlungsverfahren nicht gesichert ist. Zur Symptomlinderung haben wir die einfache Sauerstoffgabe, Beatmungsgeräte und bei ganz schweren Verläufen der Einsatz der extracorporalen Lunge. Zu diesen Behandlungsverfahren gibt es klare, gut etablierte Standards, die durch viele Studien bestätigt sind. Rückblickend betrachtet haben wir trotz der großen Unsicherheit im Wesentlichen alles richtig gemacht, viele unserer Patienten sind genesen und wieder zu Hause.

Ist das Virus gefährlicher als klassische Grippeviren, greift es den ganzen Körper an?

Prof. Bals: Offensichtlich ist das Virus gefährlicher als Grippeviren, weil ein gewisser Prozentsatz der Patienten daran verstirbt – die Rate liegt höher als bei der klassischen Grippe. Des Weiteren besagen viele Daten, dass SARS-CoV-2 den ganzen Körper befällt und in viele Zellen eindringt. Das ist der Grippe, wie wir sie bisher kennen, zwar nicht unähnlich, doch ein wesentlicher Punkt ist, dass es sich um ein neues Virus handelt, das sich bislang ungehindert und weit in der Bevölkerung ausbreitet.

Eine letzte Frage: Ist die große Öffentlichkeit, die die Forschung seit Corona erfährt, eher förderlich oder eher hinderlich?

Prof. Bals: Die Forschung hat schon ein gewisses Problem damit, dass Erwartungshaltungen an Diagnoseverfahren und Therapien geweckt werden, die so nicht unmittelbar zu erfüllen sind. Auch sehe ich es als problematisch an, wenn der Eindruck erweckt wird, dass wir jede Woche neue Ergebnisse präsentieren können. Grundlagenforschung und klinische Studien sind auf Langfristigkeit ausgelegt. Auch sind wir eher an Fakten orientiert, Spekulationen haben in der Forschung keinen Raum. Prof. Dr. Dr. Bals, ich bedanke mich für das Gespräch!

Interview: Birgit Winter
    

Auf einen Blick

Wie kann die Versorgung von Covid-19-Patienten verbessert werden? Wie können rasch neue Diagnose- oder Therapieansätze identifiziert werden? Antworten darauf suchen Experten mehrerer wissenschaftlicher Institute im Saarland im Rahmen der Corsaar-Studie. Hierzu werten sie Daten und Blutproben von möglichst vielen Betroffenen aus. Ziel ist es, den Erkrankungsverlauf besser vorherzusagen, Risikopatienten frühzeitig zu identifizieren und über molekulare Analysen neue Therapien zu finden.

Die Corsaar-Studie wird von der Universität des Saarlandes und der UKS des Saarlandes unter der Leitung von Prof. Dr. Dr. Bals, Prof. Sigrun Smola, Prof. Rolf Müller und Prof. Andreas Keller durchgeführt. Weitere wissenschaftliche Institute des Klinikums und der Universität sind daran beteiligt. Die Forschungsergebnisse sollen in Kooperation mit Prof. Rolf Müller des Helmholtz-Instituts für Pharmazeutische Forschung Saarland (HIPS) zu Wirkstoffen für neue Arzneien und Therapieansätzen führen. Im Rahmen der Studie werden die saarländischen Forscher und Kliniken bundesweit und weltweit eng mit ähnlichen Studien zusammenarbeiten.

Die saarländische Staatskanzlei fördert dieses Forschungsvorhaben mit insgesamt 280.000 Euro, die Universität des Saarlandes mit 250.000 Euro sowie die Rolf-Schwiete-Stiftung mit ebenfalls 250.000 Euro. Darüber hinaus fördert die Staatskanzlei ein Forschungsvorhaben zur Validierung von Corona-Testsystemen mit 200.000 Euro. Ziel dieses Projekts: mit neuartigen Testungen nachzuweisen, ob jemand bereits genesen ist beziehungsweise Antikörper gebildet hat. Damit wäre es künftig möglich, gezielt immunes Personal in Kliniken und Pflegeheimen einzusetzen. Auch sogenannte „Schnelltests“, die in kürzester Zeit virale Antigene nachweisen können und sich zum „Massenscreening“ eignen, sollen Gegenstand der Forschung sein. Nicht zuletzt sind repräsentative Tests an einer größeren Probandenzahl zur Ermittlung des Durchseuchungsgrades in Planung. red

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