Teststrecke für selbstfahrende Autos kommt nach Wuppertal

Wuppertal/Saarbrücken · Das Auto der Zukunft wird 2016 in Wuppertal erprobt. Die Stadt bekommt eine der ersten Teststrecken für automatisiertes Fahren. Ein Ingenieur fährt stets mit und ist der Chef im Ring – auch wenn er die Hände nicht am Steuer hat.

. Das Auto der Zukunft kommt 2016 nach Wuppertal. In der Industriestadt gibt es dann eine Teststrecke für selbstfahrende Fahrzeuge. Der 17 Kilometer lange Testparcours auf der Landstraße 418 bietet viele unterschiedliche Verkehrssituationen: Schnellstraße, Kreisverkehr, Ampeln und Fußgängerwege. So kann der in Deutschland in Wuppertal ansässige US-Autozulieferer Delphi das automatisierte Fahren vor der eigenen Haustür weiterentwickeln. Es ist eine von wenigen Teststrecken in Deutschland - bisher wurden einige Autobahn-Abschnitte für autonomes Fahren freigegeben.

In Wuppertal kann der Testbetrieb im nächsten Jahr starten, das Land hat die Weichen dafür gestellt. Thomas Aurich, der Sprecher von Delphi, betont, die mit Technik vollgestopften Autos seien keine Geisterfahrzeuge. "Es geht um Fahrzeuge, wo weiterhin ein ausgebildeter Ingenieur, der speziell geschult ist, am Steuer sitzt." Dieser Fachmann ist eine Art Fahrlehrer für das selbstfahrende Auto : Er kontrolliert und greift dann ein, wenn der Wagen von alleine nicht so fährt, wie er soll.

Eine solche Teststrecke für automatisiertes Fahren sei auch für das Saarland eine große Chance, zumal die Zuliefer-Betriebe dann gemeinsam eine Chance hätten, ihre Kompetenz und ihre Entwicklungen einzubringen. Bisher habe das Saarland und speziell das Wirtschaftsministerium jedoch kein Interesse gezeigt, sagte Aurich unserer Zeitung, der kürzlich an einem Auto-Gipfel in Saarbrücken teilgenommen hat.

Wuppertals Oberbürgermeister Peter Jung (CDU ) ist ein unbedingter Befürworter des Projekts und hat die Landesregierung an seiner Seite. Denn bislang fehlt dem Autozulieferer Delphi, mit immerhin 700 Arbeitsplätzen am Ort, schmerzlich eine Probestrecke, wo die Technik vorgeführt und erprobt werden kann. Bislang müssen Kunden dafür in die USA fliegen.

International sind bisher vor allem die USA das Testfeld für selbstfahrende Fahrzeuge. Für Google etwa ist seit über fünf Jahren eine Flotte Roboter-Wagen durch Kalifornien und Nevada unterwegs. Auch Audi und Mercedes schickten ihre selbstfahrenden Fahrzeuge auf US-Straßen. Die deutschen Autobauer wollen Google keinen Vorsprung lassen.

In den Testwagen, die vollgestopft sind mit Kameras, Sensoren und Radargeräten, kommt innerhalb kürzester Zeit eine riesige Menge von Daten zusammen. Daraus müssen im Bruchteil von Sekunden Entscheidungen entstehen: ob das Auto gebremst wird, oder ob es ausweichen soll. In der Branche wird damit gerechnet, dass selbstfahrende Fahrzeuge voraussichtlich zum Jahr 2020 regulär auf die Straße kommen.

Meinung:

Saarland verpasstgroße Chance

Von SZ-RedakteurThomas Sponticcia

Es ist Unsinn zu glauben, eine Teststrecke für selbstfahrende Fahrzeuge mache nur in unmittelbarer Nachbarschaft zu den Autoherstellern Sinn.Wuppertal macht nun vor, wie es geht. Und zeigt in der unkomplizierten Zusammenarbeit zwischen dem Land Nordrhein-Westfalen, der Stadt und dem ortsansässigen US-Autozulieferer Delphi auch dem Saarland eine lange Nase. In unserer Region wird offensichtlich lieber darüber diskutiert, was alles nicht geht. Zuletzt hat sich der mittelständisch besetzte Arbeitskreis Wirtschaft in unserer Zeitung für eine Teststrecke im Saarland eingesetzt, was Auto-Zulieferern und Forschungs-Einrichtungen auf diesem Gebiet in der Region Auftrieb geben würde. Doch bisher herrscht bei der Landesregierung in dieser Frage eher Funkstille. Andere sind eben schneller.

Zum Thema:

HintergrundDas Saarland verliere beim Zukunftshema Autonomes Fahren den Anschluss. Dies hat der mittelständische Arbeitskreis Wirtschaft (AKW) erst Anfang August im Gespräch mit unserer Zeitung kritisiert und die Landesregierung aufgefordert, sich um eine Teststrecke zu bemühen. Dies sei Voraussetzung, um neue Technologien, insbesondere Sicherheitstechnik und Elektronik sowie Fahreigenschaften in zahlreichen Situationen testen zu können. Dies sei zudem eine große Chance für den Standort Saarland, weil die Region auch attraktiver werde für Betriebe, die sich im Bereich Autonomes Fahren schon einen Namen gemacht haben. Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger (SPD ) argumentiert, eine Teststrecke mache am ehesten Sinn in unmittelbarer Nachbarschaft zu Autoherstellern, also in Bayern und Baden-Württemberg. Das Saarland sei aber in der Lage, zahlreiche Komponenten für solche Autos zu bauen. ts

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