Tesla setzt Massenmarkt unter Strom

Los Angeles · Fans, die in Schlangen vor den Läden warten, um als Erste ihre Bestellungen aufzugeben? Was man von Apple kennt, gibt es neuerdings auch bei Tesla. Der E-Autobauer startet jetzt auch in der Mittelklasse.

Diese Präsentation ist ein Signal für die Zukunft der Elektromobilität: Erstmals hat Elon Musk gestern Nacht ein Modell für den Massenmarkt aus seinem Hause vorgestellt. Die Erwartungen an das "Model 3" sind riesig. Der Wagen habe "das Potenzial, den Gesamtmarkt für Elektroautos dramatisch auszuweiten", frohlockte die Investmentbank Goldman Sachs kurz vor der Premiere. Die Schweizer Credit Suisse kalkuliert schon mal mit 100 000 Vorbestellungen für das "Model 3", das nicht vor 2017 in die Produktion geht - damit würde sich die Zahl der Tesla-Besitzer schlagartig fast verdoppeln.

"Mit dem Tesla 3 hat das Elektroauto die Chance, in die Mittelklasse vorzudringen", sagt Ferdinand Dudenhöffer vom Car-Institut der Uni Duisburg Essen. Bislang ist Tesla mit der Limousine "Model S" und dem Luxus-SUV "Model X" ausschließlich mit Premium-Angeboten für dicke Geldbeutel am Markt. Der Fahnenträger des Elektro-Antriebs liefere im Grunde nur Spielzeug und Status-Symbole für Reiche, spotten Kritiker.

Statt für mehr als 100 000 Dollar soll das "Model 3" schon für 35 000 Dollar (31 000 Euro) zu haben sein - und zwar vor Abzug staatlicher Vergünstigungen. Damit würde Tesla sogar den bislang schärfsten Wettbewerber Chevrolet Bolt EV aus dem Hause der Opel-Mutter General Motors unterbieten, der nominal gut 37 000 Dollar kosten soll. Die Reichweite pro Batterieladung liegt bei mehr als 300 Kilometern.

Bislang fristen Stromer ein Nischendasein im Automarkt. Insgesamt hatten im vergangenen Jahr nur 0,3 Prozent der Neuwagen in den USA einen E-Antrieb. Das sind nur wenige Zehntausend. Durch regulatorische Vorschriften ist allerdings programmiert, dass die Bedeutung zunimmt. Teslas "Model 3" und der Chevy Bolt von GM stellen eine Art Nagelprobe für die Massenmarkt-Tauglichkeit dar.

Auf Tesla setzt die Fachwelt vor allem wegen der Strahlkraft der Marke. Self-Made-Milliardär Musk, der ein Vermögen als Mitgründer des Bezahldienstes Paypal gemacht hat, ist ein Superstar des Silicon Valley. Das Unternehmen gebe dem Elektroauto eine wirkliche Bühne, sagt Dudenhöffer.

Wie groß der Hype ist, zeigte sich schon vor der mit Spannung erwarteten Präsentation. Auf Twitter machten bereits einen Tag vor dem Event Fotos von Tesla-Anhängern die Runde, die vor den Showrooms warten, um sich als Erste in die Listen für die Vorbestellungen einzutragen zu können. Doch der Vorstoß in den Massenmarkt ist auch ein großes Wagnis. Das Unternehmen hat seit der Gründung 2003 noch keinen Jahresgewinn geliefert.

Das "Model 3" ist ein wichtiger Mosaikstein, um in Zukunft Geld zu verdienen. Ein weiterer entscheidender Faktor ist der Aufbau einer riesigen Fabrik für Batterien, mit denen die Fahrzeuge betrieben werden sollen. Diese "Gigafactory" entsteht in Nevada und verschlingt Milliarden. Bislang ist Tesla für Aktionäre nur ein großes Versprechen.

Meinung:

Die Kult-Karte

 Das Oberklasse-Auto Model S gilt Kritikern bisher nur als Spielzeug für eine reiche Kundschaft. Foto: dpa

Das Oberklasse-Auto Model S gilt Kritikern bisher nur als Spielzeug für eine reiche Kundschaft. Foto: dpa

Foto: dpa

Von SZ-RedakteurJoachim Wollschläger

Elon Musk mag ein guter Autobauer sein - vor allem aber ist er ein genialer Marketing-Mann. Denn er hat es geschafft, der Marke Tesla in wenigen Jahren Kult-Status zu verschaffen. Anders als die meisten Autohersteller hat er ein komplett neues Elektroauto konstruiert. Und dabei gleich im Top-Segment angefangen. Statt funktional langweiliger Elektro-Kisten hat er einen sexy Sportwagen mit hoher Reichweite gebaut, gegen den selbst ein Ferrari altbacken daherkommt.

Die Kult-Karte kann Musk jetzt spielen, wenn es gilt, mit Tesla den Massenmarkt anzugehen. Der Sex-Appeal der Oberklasse strahlt auch auf das neue Model 3 ab.

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