Tage der Veteranen: Filmfest Cannes geht in die letzte Runde

Cannes · Jerry Lewis, Bruce Dern, Robert Redford – Cannes ist dieser Tage fest in der Hand der Schauspiel-Urgesteine, die ihre neuesten Filme vorstellen. Noch bis zu diesem Wochenende läuft der Wettbewerb. Erste Palmen-Anwärter kristallisieren sich heraus.

Kurz sollen die Fragen an Jerry Lewis sein, und langsam gestellt werden. Die Komiklegende sei schließlich schon 87 Jahre alt. Davon ist allerdings kaum etwas zu spüren, als Lewis zur Pressekonferenz in Cannes antrat, um die Tragikomödie "Max Rose" vorzustellen. Ein wenig blass ist er zwar, es dauert aber nicht lange, bis der alte Spaßvogel wieder der Alte ist. Besonders in Frankreich war das Publikum verrückt nach Lewis, nach Filmen wie "Aschenblödel" oder "Der verrückte Professor". Dank der Franzosen habe er die letzten 50 Jahre überlebt, scherzte Lewis.

Auch im Wettbewerbsbeitrag "Nebraska", einem Roadmovie von US-Regisseur Alexander Payne, steht mit Bruce Dern ein Schauspielurgestein im Mittelpunkt. Mit störrischer Zauseligkeit spielt er einen alten Familienvater, der glaubt, eine Million Dollar gewonnen zu haben. Mit seinem Sohn macht er sich auf den Weg, den Gewinn abzuholen. Auf Abwegen landet er jedoch in seiner Heimatstadt. Payne erzählt rührend von Zerfall, von der Würde im Alter und davon, ein Stückchen des Vergangenen in die Gegenwart zurückzuholen.

Um das Altern geht es auch in "All is lost", wenn auch eher in metaphorischer Lesart. Der inzwischen reichlich zerknitterte Robert Redford läuft darin noch einmal zur Hochform auf. Ganz allein auf hoher See. Erst noch auf der Segelyacht, später, nach Schiffbruch und tosendem Sturm, verloren in einer Rettungsinsel. "All is lost" erzählt von einem Überlebenskampf, bei dem die Lage immer aussichtsloser, Redfords Blicke verzweifelter, die Rettungsmöglichkeiten geringer werden. Der Film lief außer Konkurrenz, hätte aber auch im Wettbewerb eine gute Figur gemacht - und sich nahtlos eingereiht in diesen Wettbewerbsjahrgang, der fest in Männerhand war und deren Sorgen und Nöte umkreiste.

Immerhin einen starken Gegenpol gab es dazu: mit Abdellatif Kechiches "La vie d'Adèle", dem Porträt eines Teenager-Mädchens, das mit einer jungen Studentin ihre erste Liebe erlebt. Drei Stunden hängt die Kamera förmlich an Hauptdarstellerin Adèle Exarchopoulos, folgt ihr beim Lieben, Leiden, Spaghettiessen und Weg-durchs-Leben-Finden. Sie hätte den Preis als beste Darstellerin verdient.

Auch wenn es nicht den großen Favoriten gibt, haben sich einige Anwärter herauskristallisiert: das japanische Familiendrama "Like Father, Like Son" etwa, Paolo Sorrentinos High-Society-Bild "La Grande Bellezza" und das gesellschaftskritische "A Touch of Sin" aus China. Auch die Kleist-Adaption "Michael Kohlhaas" mit Mads Mikkelsen gehört dazu.Mit den neuen Filmen von Jim Jarmusch und Roman Polanski hat das Festival allerdings noch zwei große Namen für den Schluss aufgehoben. Es bleibt also immer noch spannend.

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