Was Fußballspieler außer Gefecht setzt

Während des Spiels laufen Fußballspieler zehn bis zwölf Kilometer, 30 Prozent davon bei hoher Intensität. Darunter sind auch Sprints ohne Gegner- und Ballkontakt.

Im Schnitt führt ein Spieler pro Spiel 1400 verschiedene Aktivitäten durch. Es kommt also alle vier bis sechs Sekunden zu einem Aktions- oder Intensitätswechsel. Alle 70 Sekunden sind hochintensive Aktionen zu verzeichnen. Im Spiel verbraucht ein Fußballer bis zu 1500 Kalorien.

Wer regelmäßig Fußball spielt, trainiert seine Ausdauer, aber auch Schnelligkeit, Kraft und Koordination. Zudem hat der Sport günstige Effekte bei Bluthochdruck und hohem Cholesterinspiegel. Allerdings entfaltet Fußball seine segensreichen Wirkungen auf die Gesundheit nur, wenn häufig und intensiv genug trainiert und gespielt wird. Eine Einheit pro Woche, wie sie oft im Altherrenfußball praktiziert wird, reicht nicht aus.

Das sind einige Daten aus dem pünktlich zur Fußball-WM in Brasilien erschienenen Buch "Sportmedizin im Fußball " (siehe Infokasten am Ende des Textes). Das Werk bietet Interessierten Informationen zu Verletzungen und Erkrankungen von Fußballspielern, zur richtigen Behandlung, zur Vorbeugung, zur Leistungsdiagnostik, zu effektivem Fitnesstraining und zur Ernährung. Im Folgenden werden einige Aspekte dargestellt, die im Buch zur Sprache kommen.

Der plötzliche Herztod

Gelegentlich treten auch in den höchsten Fußballligen plötzliche Todesfälle auf. Oft sind die Ursachen angeborene Herzerkrankungen und Herzmuskelentzündungen als Folge einer Infektion, die nicht hinreichend auskuriert wurde. Spüren Fußballer Herzstolpern, Herzrasen, Atemnot bei Belastung und Brustschmerzen oder werden sie ohne erkennbare Ursache bewusstlos, sind das Hinweise auf solche gefährlichen Herzerkrankungen.

Herzmuskelentzündungen lassen sich nicht zuverlässig erkennen, auch nicht durch Laborwerte. Doch eine Entzündung ist gravierend, weil daraus Herzrhythmusstörungen und auch Todesfälle entstehen können. Aus Tierversuchen weiß man, dass ein Infekt und hohe sportliche Belastung die Gefahr einer Herzmuskelentzündung erhöhen.

Kein Doping mit Asthmaspray

Beim Fußball ist es kaum zu vermeiden, dass Spieler mit Pollen und somit allergieauslösenden Stoffen in Kontakt kommen. Bei anfälligen Sportlern ist daher eine konsequente antiallergische Behandlung erforderlich. Asthma wird in der Regel durch eine Allergie ausgelöst und tritt daher vor allem im Frühjahr und Frühsommer auf. Der konsequente Einsatz von Kortikoidspray (entzündungshemmend, roter Deckel), und Beta-2-Mimetika (stellen die Bronchien weit, blauer Deckel) beseitigt die Beschwerden, so dass der Betroffene spielen kann. Mittlerweile gilt als gesichert, dass Asthmaspray bei Gesunden keine leistungsfördernde Wirkung hat. Auch Schmerzmittel wie Aspirin und Voltaren wirken bei gesunden Sportlern nicht leistungssteigernd.

Bei Sportlern sind Infektionen der oberen Atemwege die häufigsten Erkrankungen. Sie machen sich bemerkbar durch Halsschmerzen, laufende Nase, Kopfschmerz, Ohrenschmerz, Krankheitsgefühl, Fieber und Gliederschmerzen. Liegt nicht nur eine lokale Infektion vor (nur Halsweh), sondern eine generalisierte Infektion, die mit Abgeschlagenheit, Krankheitsgefühl, Fieber , Lymphknotenschwellungen oder Eiter im Rachen einhergeht, sind die Betroffenen nicht sporttauglich, bis die Krankheit abgeklungen ist.

Die Ursache von Infektionen sind in der Regel Viren, nur selten Bakterien. Während bakterielle Erkrankungen mit Antibiotika behandelt werden können, allerdings nur, wenn ein Arzt sie verschrieben hat, existiert für die große Mehrheit der Infektionen der oberen Atemwege keine Therapie, die die Ursachen bekämpfen würde. Es können nur die Symptome behandelt werden, wozu Nasentropfen, Inhalationen und reichlich Trinken beitragen. Man fängt sich Infektionen der oberen Atemwege nur ein, wenn man zu einer bereits infizierten Person weniger als eine Armlänge Abstand hält und dabei angehustet wird.

Wie widerstandsfähig das eigene Immunsystem ist, kann noch nicht gemessen werden. Daher ist es im Fußball und anderen Sportarten wichtig, dass die Mannschaft auf Händehygiene achtet. Über die Hände werden auch Magen-Darm-Infekte verbreitet. Deshalb sollten nicht mehrere Sportler dasselbe Besteck oder denselben Fön benutzen. Durchfallerreger (Viren, Bakterien) können über den Mund in den Körper gelangen, weshalb regelmäßiges Händewaschen besonders wichtig ist. Bei einer Magen-Darm-Infektion muss sorgsam erwägt werden, ob der Betroffene spieltauglich ist. Denn Darminfektionen können Entzündungen der großen Gelenke zur Folge haben, vor allem der Kniegelenke. Das wichtigste Behandlungsprinzip bei solchen Infektionen ist der Ersatz der verlorenen Flüssigkeit. Der große Verlust an Flüssigkeit ist auch noch Tage nach Ende der Infektion das größte Hindernis auf dem Weg zurück zur Fitness. Trinken ist also wichtig. Zwar haben erkrankte Sportler oft das Gefühl, alles laufe durch, doch das täuscht.

Von den bis zu zwei Millionen Sportunfällen im Jahr in Deutschland betreffen 0,5 Millionen Fußballspieler . Zu den Sportverletzungen gehören auch Überlastungsschäden durch wiederholte, kleinere Schädigungen. 60 bis 90 Prozent der Verletzungen betreffen die unteren Extremitäten. Bei Kindern und Jugendlichen bis 14 Jahre und Erwachsenen über 50 spielen auch Arm-Schulter- (bis 43 Prozent) und Kopfverletzungen (bis 20 Prozent) eine große Rolle. Ursachen hierfür sind bei den Jüngeren Stürze nach Zusammenstößen bei Zweikämpfen, bei Älteren Stürze auf Grund mangelnder Beweglichkeit.

Zu den drei großen Fußballverletzungen zählen Bandverletzungen an Knie- (elf Prozent) und Sprunggelenken (zirka zehn Prozent) sowie muskuläre Verletzungen am Oberschenkel (25 Prozent). Prellungen , Blasen und Schürfwunden sind zwar häufiger, aber erfordern nur selten eine Pause. Das Verletzungsrisiko ist im Spiel deutlich höher als im Training. Im Profifußball beträgt das Verhältnis 9:1.

Muskelverletzungen sind bei Fußballspielern häufig und treten oft an denselben Stellen auf. Mit Krafttraining können solche Verletzungen reduziert werden. Das gilt auch für die typischen Schwachstellen der Fußballspieler : Leisten, Großzehengrundgelenk, Achilles- und Patellasehnen.

Warum Pech guttut

Viele Verletzungen, die beim Fußballspielen auftreten, sollten zuerst nach der PECH-Regel behandelt werden: Pause, Eis, Compression (Druckverband), Hochlagerung. Das gilt auch bei Bandverletzungen und Prellungen . Bei einer Prellung ist der Druckverband die wichtigste Maßnahme. In den ersten zwei bis drei Tagen sollten keine heparinhaltigen Salben benutzt werden, weil sie die (Nach-)Blutungsgefahr erhöhen. Auch Massagen direkt am Ort der Prellung sind tabu, weil dadurch Verkalkungen im Muskel entstehen können, die seine Funktion dauerhaft beeinträchtigen.

Zu Muskelkrämpfen kommt es in der Regel durch Flüssigkeitsmangel. Das Spiel sollte dann sofort beendet werden. Erste Linderung verschaffen vorsichtiges Dehnen und milde Wärme. Bei einer Muskelverhärtung ist eine leichte sportliche Betätigung im schmerzfreien Bereich möglich, in der Regel lockeres Radfahren und Laufen. Erst bei völliger Schmerzfreiheit sollte man wieder spielen, ansonsten drohen schwere Muskelverletzungen.

Drohende Knorpelschäden

Eine Muskelzerrung führt zu Schmerzen, wenn man den Muskel anspannt. Bei einer Zerrung ist leichter Sport nur im schmerzfreien Bereich erlaubt. Der Übergang zum Muskelfaserriss ist fließend. Bis auf den Faserriss sind die genannten Muskelverletzungen durch Ultraschall und Kernspin nicht nachweisbar. In der Regel heilen sie folgenlos aus.

Verdrehungen des Gelenks oder ein gelenknaher Knochenbruch können den Knorpel schädigen. Knorpelverletzungen sind immer problematisch, weil sie so gut wie nicht mehr heilen. Bandverletzungen treten auf, weil die Zugfestigkeit des Bandes überschritten wurde. Ein typisches Beispiel dafür ist das Umknicken des Fußes. Wird eine solche Verletzung nicht behandelt, droht eine dauerhafte Instabilität des Gelenks, was zu einem frühzeitigen Gelenkverschleiß führen kann. Der tritt aber erst Jahre nach der eigentlichen Verletzung auf und kann zur Sportinvalidität und oftmals zu erheblichen Einbußen im Alltag führen.

Die häufigste Knieverletzung

Verschleißerscheinungen treten bei Fußballspielern am häufigsten an den Hüft-, Knie- und Großzehengrundgelenken auf. Betroffen sind insbesondere Personen über 60 Jahre. Die Ursachen sind meist nicht bekannt. Möglicherweise spielen erbliche Faktoren und eine zu starke Belastung eine Rolle. Nach einem Riss des vorderen Kreuzbandes im Knie muss nach zehn bis 15 Jahren in 20 Prozent der Fälle mit einer frühzeitigen Arthrose gerechnet werden. Die häufigsten Knieverletzungen betreffen Innenmeniskus und Innenband. Der Meniskus ist häufiger betroffen, wenn der Fuß bei Drehbewegungen hängen bleibt und der Oberschenkel gegen den Unterschenkel verdreht wird. Hinweise darauf sind Schmerzen, Einklemmungserscheinungen und Gelenkerguss im Knie. Die meisten Meniskusverletzungen müssen operiert werden. Abhängig davon, ob der Meniskus genäht oder ein Teil davon entfernt wurde, liegt die Sportpause zwischen sechs Wochen und sechs Monaten. Schwerer als Innen- oder Außenbandschäden wiegt eine Verletzung des vorderen Kreuzbandes. Man muss mehrere Monate pausieren und erreicht oft nicht mehr das alte sportliche Niveau.

Knochenbrüche betreffen vor allem Zehen, Mittelfußknochen und Außenknöchel. Seltener sind Frakturen der Unterschenkel. Bei Brüchen sollte man mindestens sechs Wochen Pause machen, bei einer Unterschenkelfraktur zwölf Wochen. Danach kann man den Fuß wieder zunehmend belasten, zunächst aber nur beim Gehen. Bis zur vollen sportlichen Leistungsfähigkeit dauert es mindestens nochmal solange. Schienbeinschoner bieten sogar Schutz vor Knochenbrüchen. Daher ist der derzeitige Trend zu kleineren Schonern aus sportmedizinischer Sicht bedenklich.

Zum Thema:

Auf einen BlickDer Arzt der deutschen Fußballnationalmannschaft und Leiter des Instituts für Sport- und Präventivmedizin an der Saar-Uni, Professor Dr. Tim Meyer, hat mit der Orthopädin Dr. Karen aus der Fünten und dem Leistungsdiagnostiker Dr. Oliver Faude ein allgemein verständliches Buch über Verletzungen im Fußball , deren Behandlung und Vorbeugung geschrieben."Sportmedizin im Fußball - Erkenntnisse aus dem Profifußball für alle Leistungsklassen", Meyer & Meyer-Verlag, 200 Seiten, 16,95 Euro.

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