Sinnlicher Ausflug in den Orient

Großarl · Wechselgüsse, Steinplatten, Körperpeelings und Seifenschaummassagen – das orientalische Hamam-Bad ist ein wahres Fest der Sinne. In Deutschland öffnete der erste Hamam im Jahr 1988.

 Die Seifenschaummassage ist besonders entspannend und sanft. Sie gilt als Höhepunkt der Hamam-Behandlung. Fotos: Hotel Edelweiss

Die Seifenschaummassage ist besonders entspannend und sanft. Sie gilt als Höhepunkt der Hamam-Behandlung. Fotos: Hotel Edelweiss

 Nach der Körperreinigung beginnt die eigentliche Zeremonie mit Wechselgüssen aus Kupferschalen, sogenannten Tas.

Nach der Körperreinigung beginnt die eigentliche Zeremonie mit Wechselgüssen aus Kupferschalen, sogenannten Tas.

Die Kleider werden gegen ein dünnes Baumwollhandtuch, das Pestemal, ausgetauscht. Männer wickeln es sich um die Hüften, Frauen um den Rumpf. Unter der Dusche wird der Körper zuerst vom Schmutz gereinigt. Nun kann das Hamam-Bad beginnen. Im arabischen Raum, im iranischen Kulturraum und in der Türkei ist es ein wichtiger Bestandteil der Bade- und Körperkultur. Auch hierzulande hat das orientalische Dampfbad längst seinen Platz gefunden.

Seinen Ursprung hat es im achten Jahrhundert am Jordan. In manchen Kulturen spielt es auch im gesellschaftlichen Leben eine wichtige Rolle, zum Beispiel in der Tradition der türkischen Hochzeit. Weibliche Verwandte eines potenziellen Bräutigams "begutachten" die Auserwählte. Im Hamam gilt Geschlechtertrennung. Männer werden vom Bademeister, dem Tellak, begleitet, Frauen von der Badefrau, der Natir. Der Ablauf der Zeremonie variiert nur geringfügig, meist sind es mehrere Räume, in denen der Körper nach und nach erwärmt und dann sanft abgekühlt wird.

Auf die Reinigung folgen Wechselgüsse aus Kupferschalen, den Tas. Anschließend geht es auf eine große, warme Steinplatte, den Nabelstein (göbek tasi). Die angenehme Wärme und die hohe Luftfeuchtigkeit sorgen dafür, dass sich die Poren öffnen, Schlacken und Giftstoffe abgebaut werden, die Muskulatur entspannt und Verspannungen sich lösen.

Ein Peeling mit der Kese, einem Handschuh aus Ziegenhaaren, sorgt dafür, dass abgestorbene Hautschüppchen entfernt werden. Die Behandlung regt die Durchblutung an und wird mit kräftigem Druck ausgeführt. Im Gegensatz dazu steht die Seifenschaummassage: Dazu wird ein Baumwollsack eingeseift und durch Schwenken mit Luft gefüllt. Dabei entsteht eine große Menge Schaum, die auf dem Körper verteilt wird. Die sanfte Massage gilt als Höhepunkt der Behandlung. "Mit jeder Schaumblase, die zerplatzt, soll eine Sorge vergehen", sagt Ugur Cilek, Dozent für Hamam-Kultur bei Deutschen Saunabund. Ein Hamam-Besuch reinige nicht nur den Körper, sondern auch den Kopf. Zum Abschluss des Rituals folgt eine Phase der Entspannung.

In Deutschland öffnete der erste Hamam 1988 in Berlin. In vielen Großstädten sind die türkischen Dampfbäder zu finden, auch als Zusatzangebote zu Saunen, die eher als Hamam-ähnlich zu bezeichnen sind. Materialien wie Marmor, bemalte Fliesen, kreisrunde Räume mit Kuppeldächern, Tee und süßes Gebäck, fernöstliche Düfte und Musik sorgen für orientalisches Flair. Auch in vielen Wellnesshotels werden Hamam-Bäder angeboten.

Als Fest der Sinne bezeichnet Karin Hetteger den Besuch im Hamam. Sie ist Juniorchefin im Hotel Edelweiss in Großarl , einer Gemeinde im Süden des österreichischen Bundeslandes Salzburg. Im Vier-Sterne-Superior-Wellnesshotel machen im Sommer viele Wanderer und Radfahrer Urlaub, im Winter Skifahrer und Langläufer. Passend dazu bietet das Hotel Edelweiss "Alpen Wellness" an. Das Angebot reicht von Almsauna über Latschenkieferbad bis zum Heublumenwickel aus den Bergen.

"Wir sind aber auch für exotische Angebote aus anderen Ländern offen", sagt Hetteger.

Das wird im Hamam deutlich. Zur Auswahl stehen verschiedenen Zeremonien, unter anderem "Pasha" oder "Sultan de Luxe". "Hier wird der Alltag in angenehmer Wärme unter gedämpftem Licht mit viel Seifenschaum sowie Wasser ‚weggespült'", sagt sie. Ein besonderes Erlebnis ist "1000 & 1 Nacht für Paare". Zwei Masseure begleiten das 80-minütige Wellness-Erlebnis: Auf Wechselgüsse, Körperpeeling mit der Ziegenhaarkese sowie Seifenschaummassage folgt eine Ruhephase, in der frisches Obst und Apfeltee gereicht werden. Zum Abschluss gibt es eine Ganzkörpermassage mit Anticellulite- oder Lavendelöl . Der Körper werde nicht nur gereinigt, auch die Abwehrkräfte würden gestärkt und die Haut fühle sich "von Kopf bis Fuß fein und weich" an, sagt Spa-Mitarbeiterin Bettina Aichhorn. "Beim Hamam geht es nicht nur um die Körperreinigung, sondern um ein wahres Fest der Sinne."

Mit viel Liebe zum Detail wurde der Edelweiss-Hamam eingerichtet. Beratung gab es dabei von einem türkischen Bademeister. "Er hat uns auch den Ablauf des Rituals erklärt", berichtet die Wellnessexpertin. Sie führe die Behandlungen gerne durch. "Es ist angenehm warm und die türkische Seife hat einen wunderbaren Duft", schwärmt sie. Dass Aichhorn und ihre Kolleginnen selbst in ein Pestemal gewickelt sind, habe einen praktischen Grund: Dampf, Wasser und Seifenschaum machen das Hamam-Bad für alle Beteiligten zu einer feucht-nassen Angelegenheit. So unternehmen Masseure und Gäste gemeinsam einen sinnlichen Ausflug in den Orient .

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