Mischung aus verschiedenen Trainingsmethoden bringt den größten Erfolg

Saarbrücken · Das hochintensive Intervall-Ausdauertraining (HIT) hat inzwischen sogar Einzug in den Präventions- und Rehabilitationssport gehalten. Allerdings ist diese Trainingsmethode trotz des derzeitigen großen wissenschaftlichen Interesses ein alter Hut.

 Ein herkömmliches Ausdauertraining von 30 bis 45 Minuten Dauer mit mäßigem Tempo ist für Gesundheitssportler optimal. Foto: Fotolia

Ein herkömmliches Ausdauertraining von 30 bis 45 Minuten Dauer mit mäßigem Tempo ist für Gesundheitssportler optimal. Foto: Fotolia

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(ml) "In HIT- Studien über einige Wochen mit Patienten mit koronaren Herzkrankheit und Herzinsuffizienz gab es bisher keine Zwischenfälle. In einigen Studien verbesserte sich sogar die Herzfunktion", berichtet der Saarbrücker Sportmediziner Professor Dr. Wilfried Kindermann. Im Reha-Bereich ist nach drei Monaten HIT eine Verbesserung der maximalen Sauerstoffaufnahme um 15 bis 20 Prozent möglich. "Wie jedoch ein über Monate bis Jahre durchgeführtes HIT bei Herzpatienten wirkt, ist noch ungeklärt", sagt Kindermann.

Das jetzt in Kanada untersuchte Sprint-Intervalltraining (SIT, siehe Text oben) mit nur drei Sprints über jeweils 20 Sekunden hält der Sportmediziner ungeeignet für Patienten sowie die meisten Gesundheits- und Freizeitsportler. "Zwar wurde die SIT-Studie auf einem Fahrradergometer durchgeführt. Grundsätzlich wären aber auch kurze Laufsprints möglich. Für Untrainierte und Patienten ist das Verletzungsrisiko erhöht. Der Blutdruck steigt stärker an als beim konservativen Ausdauertraining. Rhythmusstörungen können verstärkt werden."

Ein weiterer Einwand: "Ständig hochintensiv, wenn auch zeitsparend zu trainieren, kann den Spaß am Sport verderben. Ganz zu schweigen von möglichen Überforderungen." Wilfried Kindermann empfiehlt stattdessen eine Mischung von HIT und herkömmlichem Ausdauertraining. "Für Untrainierte ist zunächst ein konservatives Ausdauertraining am besten. Zu Beginn kann das ebenfalls intervallmäßig erfolgen, aber mit niedriger Intensität, zum Beispiel einige Minuten Walken oder Joggen, ohne dabei ins Schnaufen zu kommen. Dazwischen ebenso lange Pausen. Die Belastungsphasen werden dann ständig verlängert und die Pausen verkürzt, bis circa 30 Minuten lang kontinuierlich trainiert werden kann." Trainiert wird dreimal pro Woche.

Wer eine Grundfitness erreicht hat, darf dann mit HIT schnelle Verbesserungen erwarten. "Zum Einstieg ist ein Training mit HIT-Einheiten von jeweils einer Minute Dauer bei 90 bis 95 Prozent der maximalen Herzfrequenz denkbar. Dazwischen sollte man jeweils zwei Minuten lang Pause machen", rät Kindermann.

Als optimal für Gesundheits- und Freizeitsportler erachtet der Sportmediziner jedoch ein gemischtes Training mit drei Einheiten wöchentlich: "Dabei sollte man abwechselnd herkömmliches Ausdauertraining und HIT mit Kraftübungen kombinieren. Letztere sind wichtig, um orthopädischen Problemen vorzubeugen und die Muskelmasse und Knochenstabilität zu erhalten."

Die bisher durchgeführten Studien legen nahe, dass alle HIT-Varianten zu ähnlich guten Ergebnissen führen. "Ein herkömmliches Ausdauertraining bleibt jedoch die Grundlage für die Fitness", sagt Kindermann.

Obwohl das hochintensive Intervalltraining derzeit von großem wissenschaftlichem Interesse ist, ist es im Grunde ein alter Hut. "Bereits in den 1940er und 50er Jahren war das Intervalltraining im Leistungssport gang und gäbe", erläutert Kindermann. Er verweist auf Emil Zatopek, die tschechische Langlauflegende, der in den 1940er und 50er Jahren mehrere Goldmedaillen bei Olympischen Spielen gewann und 18 Weltrekorde aufstellte. "Zatopek hat das Intervalltraining bis zum Exzess durchgeführt, zum Beispiel mit Einheiten von 50 x 400 Metern."

Ab den 1970er Jahren galt dann jedoch der langsame Dauerlauf als die beste Trainingsmethode. Die Trimm-Trab-Bewegung propagierte den Dauerlauf als überlegene Methode auch im Freizeit-und Gesundheitssport. Dafür gab es Schützenhilfe aus der Wissenschaft: Bei Dauerläufen mit hohen Kilometerumfängen bei moderatem Tempo wird im Körper kaum Laktat gebildet.

"Laktat stand zu dieser Zeit im Verdacht, positive Anpassungsreaktionen auf ein ausdauerorientiertes Training im Körper zu behindern und sogar die Mitochondrien zu schädigen", erklärt der Mediziner. "Neue Studien weisen aber darauf hin, dass Laktat sogar die Leistungsfähigkeit der Mitochondrien steigert. Als Signalmolekül hat es Anteil daran, dass der Organismus auf Trainingsreize reagiert und sich anpasst. Eine Laktatangst ist also unbegründet, denn die Intensität einer Belastung ist der entscheidende Faktor für die Verbesserung der aeroben Leistungsfähigkeit." Für die Wirkungsweise von HIT hat auch die aktive Pausengestaltung Bedeutung. Die spezifischen Veränderungen von Herz-Kreislauf-System und Stoffwechsel in diesen Phasen haben zusätzlichen Einfluss auf Anpassungsvorgänge.

Kindermann befürwortete nie ein Ausdauertraining, das sich nur auf langsame Dauerläufe stützt. In seiner Zeit als Leichtathlet, in der er 1962 Europameister mit der deutschen 4 x 400-Staffel wurde, absolvierte er stets auch ein intensives Intervalltraining: im Winter etwa Trainingseinheiten von 20 x 200 Meter, aufgeteilt in Blöcke von 5 x 200 Metern, dazwischen Trabpausen von jeweils einer Minute.

In seiner Zeit als Mannschaftsarzt der deutschen Fußball-Nationalmannschaft übertrug ihm der damalige Bundestrainer Berti Vogts gelegentlich die Durchführung einiger konditioneller Trainingseinheiten. "Ich habe die Nationalspieler damals Einheiten von 5 x 1000 Meter mit 90 bis 95 Prozent der maximalen Herzfrequenz laufen lassen, das entsprach individuellen Laufzeiten zwischen dreieinhalb und vier Minuten pro 1000 Meter, dazwischen Pausen von vier Minuten", erinnert sich Kindermann. "Das ist auch eine Form von HIT. Neu ist nur, dass man heute weiß: Kürzere und noch intensivere Intervalle tun es auch."

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