Die wundersame Körperheizung wiegt 100 Gramm

Saarbrücken · (ug) Lange glaubte man, aktives braunes Fett gäbe es nur bei Neugeborenen und bei anderen Säugetieren. Es galt das Dogma, dass sich das braune Fettgewebe der Säuglinge, die aufgrund ihrer relativ großen Körperoberfläche viel kälteempfindlicher sind als Erwachsene, innerhalb von Monaten bis wenigen Jahren zurückbildet und dass Erwachsene bestenfalls nur noch unbedeutende Reste dieses speziellen Gewebes aufweisen.

Doch dann kam der Zufall der Wissenschaft zur Hilfe. Als Mediziner mit bildgebenden Verfahren bei Krebspatienten nach Metastasen suchten, leuchteten auch gesunde Stellen auf. Wie Krebszellen weisen auch braune Fettzellen einen hochaktiven Stoffwechsel auf. Überrascht stellte man fest, dass Erwachsene im Bereich des Nackens und des Oberkörpers über aktives braunes Fettgewebe verfügen.

2009 konnten drei Arbeitsgruppen unabhängig voneinander die Existenz dieses bislang geleugneten Körpergewebes nachweisen. So berichtete das holländische Forscherteam um Professor Wouter van Marken Lichtenbelt von der Abteilung Humanbiologie des Forschungsinstituts für Nahrung und Toxikologie in Maastricht im Fachblatt New England Journal of Medicine nach der Untersuchung von gesunden schlanken und übergewichtigen Männern: "Braunes Fettgewebe wurde bei 23 von 24 Studienteilnehmern beobachtet."

Aber wieso fand man es erst 2009? Während in früheren Untersuchungen kaum auf die Temperatur geachtet wurde, hatten die holländischen Forscher ihre Versuchsteilnehmer einmal bei 22 und einmal bei 16 Grad Celsius Umgebungstemperatur untersucht. Genau das machte den Unterschied: Braunes Fett "schlummert", wenn es warm ist, es wird erst durch Kältereize aktiviert.

Braune Fettzellen dienen in erster Linie der Wärmebildung. Sie helfen dabei, den Körper warmzuhalten und ihn vor Kälte zu schützen. Hauptsächlich produzieren wir Wärme durch Muskelzittern. Das kann so heftig sein, wenn man auszukühlen droht, dass man vor lauter Zittern nichts mehr tun kann.

Der erwachsene Mensch verfügt vor allem dann über ein funktionierendes braunes Fettgewebe - allerdings sind es bestenfalls 100 Gramm -, wenn er körperlich aktiv ist oder sich regelmäßig Kältereizen aussetzt. Die kleinen Wärmefettdepots befinden sich seitlich im Nacken, unter den Schulterblättern, rechts und links entlang der oberen Wirbelsäule und in der Nähe großer Blutgefäße (Aorten) sowie oberhalb der Nieren.

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