Aromatherapie: heilsam oder Humbug?

Bochum · Die Aromatherapie wird oft als Quacksalberei angesehen. Allenfalls ein Wellnessfaktor wird ihr zugebilligt. Die Anwendung basiert eher auf Erfahrung als auf Wissenschaft – trotzdem haben die ätherischen Öle Potenzial.

Quacksalberei mit Wohlfühlfaktor? Oder ein echter Tausendsassa? Ätherische Öle werden seit der Antike angewendet, um das körperliche und psychische Befinden zu verbessern. Inzwischen spielen duftende Pflanzenstoffe eine aus der Wellnesslandschaft nicht mehr wegzudenkende Rolle. Sie werden auch zur Vorbeugung und Behandlung von Krankheiten angeboten. Viele Anwendungen der Aromatherapie beruhen aber allein auf Erfahrungen - es gibt kaum wissenschaftliche Studien.

Die Öle werden eingeatmet, als Massage-Öle und Emulsionen in die Haut einmassiert, als Badezusatz in die Wanne gegeben, mit Wasserdampf inhaliert oder als Kapseln und Zäpfchen angewendet. Zum Einsatz kommen sie zum Beispiel bei Entzündungen und Infekten, Erkältungen, Verdauungsproblemen oder Bluthochdruck , aber auch bei Schlafstörungen, Depressionen oder Krankheiten wie Demenz. "Kein Schulmediziner wird heute mehr bestreiten, dass Eukalyptus- und Thymian-Öle eine große Hilfe bei Atemwegserkrankungen sind", sagt die Inhaberin der Aromatherapieschule AiDA Aromatherapy International in Glengarriff (Irland), Eliane Zimmermann.

Weihrauch-, Lavendel- oder Teebaum-Öl helfen nach ihren Worten bei Entzündungen und Wunden der Haut. Das Öl der Blüten des Ylang-Ylang-Baumes habe einen regulierenden Effekt bei Bluthochdruck . Die Aromatherapie-Dozentin nennt weitere Wirkungen von Pflanzenölen.

Alles Humbug? Keinesfalls, sagt sie: "Die Aromatherapie basiert auf Erfahrungswerten, die über Jahrzehnte gesammelt wurden. Und heute gelingen immer mehr Nachweise darüber, wie die gesundheitliche Wirkung wissenschaftlich zu erklären ist."

Hanns Hatt ist Professor für Zellphysiologie an der Fakultät für Biologie und Biotechnologie der Ruhr-Universität Bochum und erforscht seit vielen Jahren die Wirkweisen. "Ätherische Öle sind natürliche Gemische, die aus bis zu 500 unterschiedlichen Pflanzenstoffen bestehen", sagt er. Bestimmte aromatherapeutische Effekte ließen sich über das Riechen erklären. Die Riechzellen der Nase senden Impulse ins Gehirn. Düfte können die Befindlichkeit, Stimmung und Gefühle beeinflussen, angenehme Erinnerungen auslösen und so Angst und Anspannung lösen. Spezielle chemische Eigenschaften bewirkten, dass sie leicht in den Körper aufgenommen werden. An vielen Stellen werden sie auch ohne Zutun des Geruchssinns wirksam, sagt der Zellbiologe und Riechforscher.

Auch wenn die Erforschung in den Kinderschuhen steckt, offenbaren sich Potenziale - zum Beispiel durch die antimikrobielle Wirkung vieler ätherischer Öle gegen Bakterien, Viren und Pilze. Speziell bei Atemwegsinfekten ist die Wirkung gut erforscht. "Hier könnte der Einsatz ätherischer Öle dazu führen, den Verbrauch von Antibiotika zu reduzieren", sagt Rainer Stange, leitender Arzt der Abteilung Naturheilkunde des Immanuel-Krankenhauses in Berlin und Präsident des Zentralverbands der Ärzte für Naturheilverfahren und Regulationsmedizin. Achten muss man auf die richtige Dosierung und eine gute Qualität. "Hände weg von Billigölen", sagt Hatt. Um die Öle zu gewinnen, brauche man aufwendige Verfahren. Billige synthetische Imitate enthalten oft andere Stoffe, die nicht wirken.

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