Tödliche Desinfektion Wer infiziert ist, stirbt: Radikale Desinfektion im Ameisenbau

Klosterneuburg · (np) Wenn sich in einer Ameisenkolonie eine Infektion auszubreiten droht, greifen die Insekten zu einer radikalen Lösung der Desinfektion. Sie töten die infizierten Tiere, um so die Kolonie vor einer Epidemie zu schützen, berichten Biologen des Institute of Science and Technology Austria in Klosterneuburg.

 Bei einer Pilzinfektion töten Ameisen ihren infizierten Nachwuchs.

Bei einer Pilzinfektion töten Ameisen ihren infizierten Nachwuchs.

Foto: Institute of Science and Technology Austria/Christopher Pull

(np) Wenn sich in einer Ameisenkolonie eine Infektion auszubreiten droht, greifen die Insekten zu einer radikalen Lösung der Desinfektion. Sie töten die infizierten Tiere, um so die Kolonie vor einer Epidemie zu schützen, berichten Biologen des Institute of Science and Technology Austria in Klosterneuburg.

Professor Sylvia Cremer und ihr Doktorand Christopher Pull untersuchten Ameisenbauten, in denen einzelne Tiere von einem Pilz infiziert waren. Eine solche Infektion könne, wenn sie sich ausbreite,  die gesamte Kolonie vernichten, erklären die Wissenschaftler.

Die Ameisen hätten in einer Erste-Hilfe-Maßnahme zunächst versucht, befallene Mitglieder ihrer Kolonie von den Pilzsporen zu befreien. Dadurch verminderten sie das Risiko, dass der Erreger in den Körper der Tiere eindringt. Wenn der Pilz sich allerdings auf die Brut des Ameisenbaus ausbreitet, falle die Antwort sehr viel radikaler aus, berichten die Forscher, die mit Wissenschaftlern in London und Würzburg zusammenarbeiten. In diesem Fall töteten die Ameisen die unbeweglichen Puppen, um auf diese Art den Lebenszyklus des Erregers zu unterbrechen. Die Tiere gingen dabei selektiv vor, denn sie seien ganz offensichtlich in der Lage, bereits infizierte Puppen am Geruch zu erkennen. Das gelinge ihnen sogar bereits in einer frühen Phase der Infektion. „Danach führen sie das durch, was wir als destruktive Desinfektion bezeichnen: das Töten von Pilz und erkranktem Tier, um den Erreger daran zu hindern, ansteckend zu werden und sich auf Nestgenossen auszubreiten“, erklärt Sylvia Cremer.

Das Verfahren habe erstaunliche Parallelen zum Immunsystem von Wirbeltieren, erklären die österreichischen Biologen. Infizierte Zellen von Wirbeltieren senden ein Signal aus, das Immunzellen anlockt, die dann Zelle und Krankheitserreger töten. Ganz Ähnliches geschehe bei einer Infektion mit dem Pilz Lasius neglectus in der Ameisenkolonie, berichtet Christopher Pull. Die Ameisensäure, die die Tiere in diesem Fall zur Desinfektion produzieren, sei allerdings nur dann wirksam, wenn sie auch in den Körper der Puppe gelangt. Deshalb entfernten die Ameisen den Seidenkokon der Puppen und bissen Löcher in den Körper, durch die dann die  Ameisensäure eindringen könne und Pilz und Puppe tötet.

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