Wissen Wenn der Satellit vom Himmel blinzelt

Houston · Wer sich gut darauf vorbereitet, kann mit minimalem Aufwand Erdsatelliten am Nachthimmel beobachten.

 Dieses Foto des französischen Astronomen Thierry Legault zeigt in einer Mehrfachbelichtung die Passage der Internationalen Raumstation vor der Sonne. Der kleine schwarze Punkt in der Mitte des unteren Drittels der Sonnenscheibe ist der Planet Merkur.

Dieses Foto des französischen Astronomen Thierry Legault zeigt in einer Mehrfachbelichtung die Passage der Internationalen Raumstation vor der Sonne. Der kleine schwarze Punkt in der Mitte des unteren Drittels der Sonnenscheibe ist der Planet Merkur.

Foto: Thierry Legault / www.astrophoto.fr

Wenn die Sonne untergegangen ist und die Farbe des Abendhimmels langsam von Blau nach Schwarz wechselt, beginnt die Blaue Stunde. Es ist die Zeit, in der die Vogelstimmen verstummen und immer mehr Sterne am Firmament sichtbar werden. Doch nicht nur die Zahl der sichtbaren Sterne wächst. Gelegentlich taucht dann am Himmel auch ein Leuchtpunkt auf, der mit konstanter Geschwindigkeit seinen Kurs übers Firmament zieht. Dies ist ein Satellit oder vielleicht auch die Internationale Raumstation (ISS).

Nach Angaben von Norad, dem nordamerikanischen Luft- und Weltraum-Verteidigungskommando, umkreisen derzeit über 18 000 Satelliten und größere Raketenteile die Erde. Die meisten von ihnen sind allerdings kleiner als ein Handball und damit mit bloßem Auge nicht sichtbar. Das hellste unter diesen schnellen Himmelsobjekten am Nachthimmel ist die Internationale Raumstation ISS. Ihre Wohnmodule und Solarzellen sind zusammengenommen größer als ein Fußballfeld. Dadurch kann sie am klaren Nachthimmel so hell wie der Riesenplanet Jupiter strahlen.

Die ISS bewegt sich etwa mit der Geschwindigkeit eines hoch fliegenden Verkehrsflugzeugs über den Nachthimmel. Sie ist aber nur unter den ganz besonderen Lichtverhältnissen der frühen Abend- und Morgenstunden zu erkennen, wenn sie noch nicht im Erdschatten eingetaucht ist. Das gilt auch für andere Satelliten.

In einem Punkt unterscheiden sich Satelliten auf den ersten Blick von Flugzeugen. Die ISS und andere Erdbegleiter haben keine blinkenden Signallichter, und sie hinterlassen niemals Kondensstreifen. Außerdem sind die in rund zehn Kilometer Höhe fliegenden Passagierjets nicht so lange nach Sonnenuntergang zu sehen wie die in rund 400 Kilometer Höhe um die Erde kreisende ISS.

Einige Hobbyastronomen haben es sich inzwischen zur Aufgabe gemacht, Fotos und Videos von den Vorüberflügen der ISS vor der Sonne und dem Mond zu machen. Solche Ereignisse dauern meist weniger als eine Sekunde und widerholen sich nur sehr selten an einem Ort. Sie sind vergleichbar mit Sonnen- und Mondfinsternissen, jedoch nur mit technischer Spezialausrüstung zu verfolgen. In diesem Zusammenhang warnen Augenärzte und Astronomen immer wieder eindringlich, nur mit Spezialfiltern in die Sonne zu schauen, weil sonst schwere Augenschäden drohen, die zur Erblindung führen können.

Deutlich einfacher zu beobachten sind sogenannte Iridium-Flares. Ihren Ursprung verdanken die bis zu einer halben Minute dauernden Leuchterscheinungen am Himmel den Antennen der US-amerikanischen Iridium-Mobilfunksatelliten, die etwa die Größe einer Telefonzelle haben. Unter günstigen Bedingungen spiegelt eine Iridium-Antenne das Sonnenlicht auf Teile der Erdoberfläche. Wann ein solches Ereignis über einen bestimmten Ort auftritt, kann mit einer App vorausberechnet werden. Ein Iridium-Satellit kann am Himmel einige Minuten lang wie ein heller künstlicher Stern erscheinen. Die Helligkeit eines Iridium-Flares kann die der Venus übersteigen. Schon mehrfach wurden sie von Menschen für ein Ufo gehalten. Leider nicht mehr zu sehen ist mittlerweile der sogenannte Humanity Star – ein Erdsatellit von einem Meter Durchmesser in Form eines Tetraeders, dessen spiegelnde Flächen einzig die Aufgabe hatten, das Licht der Sonne zu reflektierten. Gestartet worden war dieser Erdsatellit im Januar bei einer Werbeaktion des neuen, kommerziellen Satellitenunternehmens RocketLab. Das Raketen-Startup will mit kleinen Erdbeobachtungs- und Kommunikationssatelliten die Vorherrschaft der quasi-staatlichen Raumfahrtagenturen brechen. Er sollte eigentlich bis zum Herbst als kosmisches Blinklicht am Himmel sichtbar sein, verglühte aber bereits Ende März in der Atmosphäre.

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