Kosmos Besucher von einem anderen Stern

Saarbrücken · Die Menschheit kann andere Sterne nicht erreichen. Doch Besucher aus den Tiefen des Weltraums durchqueren offenbar immer wieder unser Sonnensystem, zeigen Beobachtungen von Astronomen aus jüngster Zeit.

 oumuamua

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Foto: eso/kommesser

Besucher von anderen Sternen gibt es in unserem Sonnensystem häufiger, als die meisten Menschen denken. Den ersten interstellaren Gast entdeckte im Oktober 2017 der US-Astronom Robert Weryk von der Uni Hawaii. Dem Astronomen fiel ein Himmelskörper auf, der in etwa sechzigfacher Monddistanz an der Erde vorbeiflog. Das Objekt mit der Katalogbezeichnung 1I/2017 U1 erschien sehr ungewöhnlich. Die Planeten unseres Sonnensystems kreisen praktisch in einer Ebene um die Sonne, der Felsbrocken 1I/2017 U1 flog praktisch senkrecht dazu durchs Sonnensystem. Außergewöhnlich war auch dessen vermutlich zigarrenförmige Gestalt von geschätzt etwa 800 Metern Länge.

Das von der Internationalen Astronomischen Union auf den Namen Oumuamua – der Name stammt aus Hawaii und bedeutet etwa „Botschafter aus der Ferne“ – getaufte Objekt bewegte sich nicht nur schneller als alle bekannten Asteroiden und jede jemals von Menschen gestartete Sonde. Es beschleunigte sogar, nachdem es die Sonne umrundet hatte und zurück ins All flog. Die US-Astronomen Shmuel Bialy und Abraham Loeb vom Harvard Smithsonian Center for Astrophysics in Cambridge (Massachusetts) spekulierten daher, dass Oumuamua ein interstellares Raumfahrzeug mit Sonnensegeln sein könnte.

Das brachte eine US-Forschergruppe um den Astropysiker Gerald Harp vom SETI Institute in Mountain View auf den Plan. Sie horchte den Besucher mit dem Paul Allen Teleskop Array nach Funksignalen ab, allerdings erfolglos. Oumuamua blieb stumm. Er war wohl doch kein interstellares Raumschiff. Er wird voraussichtlich einige Jahrhunderte benötigen, bis er das Sonnensystem in Richtung des Sternbildes Pegasus verlassen hat.

Am 30. August des vergangenen Jahres entdeckte der Astronom Gennadi Borisow vom Astrophysikalischen Observatorium der Krim dann einen viel größeren Weltraumbrocken, der aus dem Sternbild Cassiopeia kommend quer zur Ebene der Planetenbahnen durchs Sonnensystem fliegt. Das nach seinem Entdecker auf den Namen „2I/Borisov“ benannte knapp 20 Kilometer große Objekt zeigte sich auf den Aufnahmen des Hubble-Weltraumteleskops mit einem gasförmigen Schweif. Das ist ein Indiz für einen Kometen. Allerdings spricht vieles dafür, dass auch 2I/Borissow wie Oumuamua nicht aus unserem Sonnensystem stammt. Denn auch er fliegt ohne Chance auf eine Rückkehr auf einer sogenannten hyperbolischen Bahn durch das Sonnensystem.

Möglicherweise zählte dieses Objekt zu den Bausteinen eines Planetensystems einer anderen Sonne und wurde in den interstellaren Raum geschleudert, berichten die Astronomen Gregory Langhin und Malena Rice von der Yale Universität in New Haven in den „Astrophysical Journal Letters“. Im interstellaren Raum können diese „Ausgestoßenen“ Jahrmillionen um das Zentrum der Milchstraße kreisen, bevor sie zufällig in den Schwerkraftbereich eines Sterns geraten.

Vermutlich hat Oumuamua im Lauf seines langen Lebens bereits alle Substanzen verloren, die bei Erwärmung Gase entwickeln können. Deshalb bildete er keinen sichtbaren Schweif. Während des sehr nahen Vorbeifluges an der Sonne in nur 38 Millionen Kilometern Distanz wurde der interstellare Besucher jedoch so stark erhitzt, dass auf seiner Oberfläche Blei flüssig geworden wäre. Dabei könnten dann doch Restgase aus dem Gestein frei geworden sein, die unbeobachtet blieben. Wären sie einseitig ausgetreten, hätten sie einen Rückstoßeffekt wie ein Raketentriebwerk. Das könnte für die zeitweilige Beschleunigung des Weltraumbrockens gesorgt haben. Die Heimat von Oumuamua könnte nach Berechnungen von Coryn Bailer-Jones vom Max-Planck-Institut für Astronomie der zwei Lichtjahre entfernte Zwergstern HIP 3757 oder der fünf Lichtjahre entfernte Zwerg­stern HD 292249 sein.

In den kommenden Jahren hoffen Astronomen, dank automatisierter Überwachungstechniken mit Roboterteleskopen weitere Besucher aus dem interstellaren Raum zu entdecken. Auch werden Konzepte für deren Erkundung mit kleinen, flexibel einsetzbaren Roboter-Raumsonden entwickelt. Sie könnten an den sogenannten Lagrange-Punkten im All geparkt werden, wo sich die Gravitationskräfte von Sonne, Erde und Mond die Waage halten. Wenn ein Objekt aus den Tiefen des Raums in das Sonnensystem eindringt, könnten sie dorthin gesteuert werden. Noch haben aber weder die Nasa noch andere Raumfahrtagenturen grünes Licht für den Bau solcher Sonden gegeben.

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