Wissen Suche nach dem unentdeckten Land

Houston · Astronomen hoffen, in zwei Jahrzehnten lebensfreundliche Planeten in anderen Sonnensystemen finden zu können.

 Mit ihrem neuen „Transiting Exoplanet Survey Satellite“ (Tess) will die  Nasa  20   000 neue Exoplaneten finden.

Mit ihrem neuen „Transiting Exoplanet Survey Satellite“ (Tess) will die  Nasa  20   000 neue Exoplaneten finden.

Foto: Image credit: NASA's Goddard Space Flight Center

Als vor 50 Jahren erstmals Menschen den Mond umkreisten, blickten sie zurück auf eine kleine blaue Erdkugel. „Ich konnte sie mit meinem Daumen ganz abdecken“, berichtete der US-Astronaut Frank Borman. Damals wussten die Astronomen bereits, dass unsere Erde einmalig im Sonnensystem ist. Aber ist sie auch einzigartig in der Milchstraße, in der es über hundert Milliarden anderer Sonnen mit Planeten gibt? Und wie viele erdähnliche Planeten wird es erst im Universum geben mit weit über hundert Milliarden Galaxien, von denen viele der Milchstraße ähneln? Auf diese Fragen gibt es keine Antworten. Rein statistisch könnte es allerdings sehr viele bewohnbare Welten geben. Sie zu finden ist jedoch ein anderes Thema.

In den vergangenen zwei Jahrzehnten hat die astronomische Messtechnik viele Fortschritte gemacht. So sind nun außer den acht seit langem bekannten großen Planeten unseres Sonnensystems viele weitere Zwergplaneten gefunden worden. Außerdem sind bereits mehr als 3700 sogenannte Exoplaneten registriert, die um andere Sterne in der Milchstraße kreisen. Die Liste der Planeten-Kandidaten ist mit über 4400 sogar noch länger.

Statistisch gesehen kommen mittlerweile in der am Pariser Observatorium geführten Exo-Planetendatei ein bis zwei Entdeckungen pro Woche hinzu, erklärt der Schweizer Astronom Dider Queloz. Er entdeckte im Oktober 1995 zusammen mit Michel Mayor den ersten Exoplaneten an der Genfer Sternwarte. Bisher können die Astronomen bei vielen ihrer Entdeckungen aber höchstens die Masse und die Daten der Umlaufbahn nennen.

Einer der erfolgreichsten Planetenjäger ist der vor neun Jahren gestartete Nasa-Satellit Kepler. Doch dessen Energiereserven sind inzwischen fast erschöpft. Seine Nachfolge soll der Satellit Tess („Transiting Exoplanet Survey Satellite“) antreten. Der Name gibt einen Hinweis auf die Messtechnik – Tess nutzt die sogenannte Transitmethode (Infokasten). „Das Weltraumteleskop wird größere Gebiete des Universums überwachen als sein Vorgänger Kepler“, so George Ricker, Leiter des Tess-Wissenschaftsteams am Kavli Institut für Astropysik und Weltraumforschung des Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Cambridge (USA). Mehr als 200 000 Sterne, darunter die 6000 Himmelskörper, die mit bloßem Auge am irdischen Nachthimmel zu sehen sind, soll Tess beobachten. „Mehrheitlich sind es rote Zwergsterne, die kleiner, kühler und älter als die Sonne sind“, erklärt der MIT-Forscher. Deshalb könnten auch viele der dabei gefundenen Planeten älter als Sonne und Erde sein. Eventuelle Lebensformen könnten dann eine mehrere Milliarden Jahre längere Evolutionsgeschichte als das irdische Leben haben.

Aber erhöht eine längere Evolution auch die Chance für intelligentes Leben? Bislang ist das nur eine Hypothese. „Wir hoffen, etwa 20 000 bislang unbekannte Planeten finden zu können“, so Ricker bei einer Nasa-Pressekonferenz. Auf die grundlegende Frage nach der Existenz einer für Menschen bewohnbaren Welt außerhalb der Erde wird aber auch das Tess-Teleskop keine sichere Antwort geben können.

Auch europäische Wissenschaftler sind auf der Suche nach bewohnbaren Exoplaneten. Ende des Jahres plant die Weltraumorganisation Esa den Start des Weltraumteleskops Cheops (Characterising Exoplanets Satellite), das vergleichbar mit dem Nasa-Teleskop ist. Im Jahr 2026 ist die Folgemission Plato (Planetary Transits and Oscillation of Stars) vorgesehen. Dieser Satellit soll gezielt nach kleineren, erdgroßen Exoplaneten in Regionen um andere Sterne suchen, in denen Wasser in flüssiger Form vorkommen könnte.

Zwei Jahre später soll dann das jüngst von der Esa beschlossene Weltraumteleskop Ariel folgen. Es hat einen Hauptspiegel von einem Meter Durchmesser und soll Infrarotspektren von Planeten aufnehmen, die vor ihrem Stern vorüberziehen. Daraus können die Forscher Rückschlüsse auf die chemische Zusammensetzung der Atmosphären ferner Planeten gewinnen. So wäre eine Welt mit viel Sauerstoff und Stickstoff bei Temperaturen etwas über dem Gefrierpunkt des Wassers ein gutes Indiz für einen erdähnlichen Planeten.

In den nächsten zehn Jahren erwarten Astronomen sogar erste Bilder von Planeten, die Lichtjahre entfernt sind. Diese Fotos könnten das amerikanisch-europäische James-Webb-Weltraumteleskop (JWST) und das Extreme Large Telescope der Europäischen Südsternwarte liefern. Das JWST kann im Weltraum mit seinem 6,5-Meter-Spiegel Licht ungefiltert auffangen. Das auf einem rund 3000 Meter hohen Berg in Chile installierte europäische Teleskop hat den Nachteil, seine Beobachtungen durch die Atmosphäre machen zu müssen. Doch dieses Manko soll sein riesiger Hauptspiegel mit einem Durchmesser von 39 Metern wieder ausgleichen.

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