Forschung Psycho-Therapie durch die Datenbrille

Bielefeld · (dpa) Der Saal ist voll. Der Puls der Patientin steigt. Vor Menschen zu sprechen, macht ihr Angst. Aber das Publikum wirkt gerade so freundlich, dass die Situation zu bewältigen ist.

Dass das alles nur ein Training ist, hat sie in diesem Moment vergessen. Die Patientin steht in einem zwölf Quadratmeter großen Raum, die Bühne gibt es nicht, sie sieht sie nur durch eine Virtual-Reality-Brille. Das Paderborner Start-up Psycurio entwickelt solche virtuellen Welten, in denen Patienten sich ihren Ängsten stellen können. „Für unser Gehirn macht es keinen Unterschied, ob ich etwas in der echten oder virtuellen Welt mache“, sagt die Gründerin Daniela Schumacher.

Vor allem für die Therapie von Angststörungen bietet sich die virtuelle Realität an. Therapeuten arbeiten dabei klassischerweise mit der Expositionstherapie: Der Patient wird schrittweise mit der gefürchteten Situation konfrontiert.

Diese Möglichkeiten erforscht der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, Peter Zwanzger, am KBO-Inn-Salzlach-Klinikum in Wasserburg am Inn. Die digitale Therapie sei kostengünstig und zeitsparend umzusetzen und dazu für Patienten auch leichter zugänglich, sagt Zwanzger. Die Aussicht, im Rahmen einer Therapie tatsächlich ins Flugzeug zu steigen, eine Spinne zu berühren oder vor hundert Menschen zu sprechen, schrecke viele Patienten ab. Diese Hemmschwellen sind bei der Virtual-Reality-Therapie geringer, hat Zwanzger in seinen Studien festgestellt.

Trotzdem ist derzeit kein Durchbruch dieser Methode in Sicht. Pilotstudien würden die Wirksamkeit der Virtual-Reality-Therapie zwar nahelegen, eine regelrechte Grundlagenforschung mit mehreren hundert Testpersonen stehe aber noch aus, sagt Zwanzger.

Mathias Müller, Geschäftsführer des Würzburger Virtual-Reality-Unternehmens VTplus, würde da gern weiter gehen. Seiner Vorstellung nach ist das Erleben der echten Situation nur noch das i-Tüpfelchen am Ende der Therapie. Psycurio setzt sogar auf die rein virtuelle Therapie. Gründerin Schumacher ist überzeugt: „Virtual Reality ermöglicht eine moderne, für den Patienten weniger unangenehme, sehr effektive Therapie.“

(dpa)
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