Pannendienst im All Abschleppdienst im Weltraum

Saarbrücken · Erstmals in der Geschichte der Raumfahrt hilft ein Roboter, einen alten Kommunikationssatelliten wieder in seinen richtigen Orbit zu bringen. Der neue Raumschlepper soll die Betriebsdauer des Satelliten so um fünf Jahre verlängern.

 Über 6000 Satelliten umkreisen heute die Erde. Viele von ihnen können  jahrzehntelang Dienst tun. Dass sie oft deutlich früher stillgelegt werden, liegt allein daran, dass ihnen der Treibstoff für die Kurskorrekturen ausgeht.  Nun hat erstmals ein Abschleppsatellit einem solchen Kommunikationssatelliten ein zweites Lebens beschert.

Über 6000 Satelliten umkreisen heute die Erde. Viele von ihnen können jahrzehntelang Dienst tun. Dass sie oft deutlich früher stillgelegt werden, liegt allein daran, dass ihnen der Treibstoff für die Kurskorrekturen ausgeht.  Nun hat erstmals ein Abschleppsatellit einem solchen Kommunikationssatelliten ein zweites Lebens beschert.

Foto: -/ESA/dpa/-

Wer an den Weltraum denkt, der denkt an unendliche  Weiten – und im Prinzip stimmt das ja auch. Doch keine Regel ohne Ausnahme. Und diese Ausnahme ist der Erdorbit. Über 6000 funktionsfähige Satelliten kreisen mittlerweile um die Erde, fünfmal so groß soll die Zahl der defekten Orbiter, der ausgebrannten Raketenstufen und großen Trümmerteile sein. Besonders gefragt ist die sogenannte geostationäre Bahn in rund 36 000 Kilometern Höhe. Dort sind 400 Telekommunikationssatelliten geparkt. Weil sie dort ebenso schnell um die Erde kreisen wie der Planet selbst rotiert, scheinen diese Satelliten von der Erde aus gesehen am Himmel stillzustehen. Das ermöglicht einen kontinuierlichen Empfang von Fernsehprogrammen und anderen Funkdiensten.  

Um ihre Positionen trotz Störungen durch die Schwerkraft von Sonne und Mond stabil zu halten, müssen geostationäre Satelliten allerdings oft mehrmals im Jahr Bahnkorrekturen vornehmen. Das geschieht meist mit chemischen Triebwerken. Wenn nach zehn bis 15 Jahren der Treibstoffvorrat verbraucht ist, sind diese Satelliten nicht mehr zu steuern. Damit stellen sie aber eine Gefahr für benachbarte Satelliten dar. Aus diesem Grund werden alternde Satelliten heute mit ihrem letzten Treibstoff in eine sogenannte Friedhofsbahn ausrangiert. Dort können sie Jahrtausende um die Erde kreisen.

Eigentlich stand auch dem Kommunikationssatelliten Intelsat 901 dieses Schicksal bevor. Im Juni 2001 hatte eine europäische Ariane 4-Rakete den über zwei Tonnen schweren Orbiter ins All gebracht. Seither diente er als Relaissatellit über Europa und Westafrika. Seine Mission war auf 13 Jahre berechnet. Seine Lebenserwartung ist also längst überschritten, aber er funktioniert immer noch tadellos.

Weil jedoch die Treibstoffvorräte zur Neige gingen und seine Bahn bereits 300 Kilometer vom idealen geostationären Orbit abwich, kam vor zwei Jahren ein Vorschlag des Unternehmensverbundes Orbital Alliant Techsystems (ATK), den Satelliten zu retten, gerade recht. Dessen Ingenieure entwickelten einen Rettungssatelliten, der die Lebensdauer alternder Orbiter verlängern soll.

Als Antrieb verwendet der wiederverwendbare Weltraum-Pannenhelfer MEV-1 (Mission Extension Vehicle) einen elektrischen Antrieb. Im Unterschied zu den bislang in der Raumfahrt genutzten chemischen Triebwerken hat der Elektroantrieb eine deutlich größere Effizienz. Allerdings ist sein Schub geringer.

Drei Monate benötigte MEV-1 nach seinem Start, um Intelsat 901 zu erreichen. Der kosmische Pannenhelfer verankerte sich mit einem Greifarm in der Haupttriebwerksdüse des Kommunikationssatelliten. Er soll ihn an seine alte Position im geostationären Orbit schleppen.

13 Millionen US-Dollar (11,5 Millionen Euro) lässt sich der Intelsat-Betreiber diese Rettungsaktion pro Jahr kosten, so der Vizepräsident des Unternehmens, Jacques Kerrest, gegenüber dem Onlinedienst SpaceNow. Angesichts von Kosten weit jenseits von 100 Millionen Dollar plus Startkosten in zweistelliger Millionenhöhe für einen neuen Telekommunikationssatelliten lohnt sich das.

Etwa zwei Drittel aller kommerziellen geostationären Raumflugkörper besitzen ein Triebwerk, das sich für die Koppelung des Rettungssatelliten MEV-1 eignet. Die US-Weltraumorganisation DARPA (Defense Advanced Research Projects Agency) hat jüngst erklärt, dass sie die Weiterentwicklung des Raumschleppers MEV-1 finanziell fördern will. Geplant ist bereits ein zweiter Satelliten-Schlepper. Er soll das Leben des Kommunikationssatelliten Galaxy 30 verlängern, der seit 15 Jahren europäische und amerikanische TV-Programme verbreitet.

 Dieses Foto schickte der Weltraumschlepper MEV-1 kurz vor dem Andocken an den Intelsat-Satelliten zur Kontrollstation.

Dieses Foto schickte der Weltraumschlepper MEV-1 kurz vor dem Andocken an den Intelsat-Satelliten zur Kontrollstation.

Foto: Northrop-Grumman

Außerdem gibt es Vorschläge, alte Satelliten vor ihrem Dienstende zu betanken oder sie gezielt zum Absturz zu bringen. Allerdings ist die Finanzierung all dieser Projekte noch nicht geklärt. Die Deutsche Orbitale Servicing Mission (DEOS) wurde bereits abgesagt. Auch die Finanzierung der Mission Maxar Restore-L zum Auftanken eines amerikanischen Landsat-Erdbeobachtungssatelliten ist noch nicht geklärt.

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