Raumfahrt China baut einen neuen Himmelspalast

Saarbrücken · Bis zum Jahr 2024 will die neue Weltraummacht eine Raumstation aufbauen. Das erste Modul soll 2021 starten.

 So soll die nächste chinesische Raumstation im Erdorbit aussehen. Der Start des ersten Moduls ist für das kommende Jahr angekündigt.

So soll die nächste chinesische Raumstation im Erdorbit aussehen. Der Start des ersten Moduls ist für das kommende Jahr angekündigt.

Foto: Xinhuanet

Im kommenden Jahr will die Raumfahrtorganisation Chinas mit dem Aufbau einer eigenen Raumstation beginnen. Das Kernmodul Tianhe sei fertiggestellt und für einen Start vom Raumfahrtbahnhof Wenchang auf der südchinesischen Insel Hainan bereit. Bis 2024 solle der „Himmlische Palast“ mit zwei Forschungslaboren ergänzt werden und elfmal Besuch von Raumfahrern erhalten. Diese Pläne präsentierte Chinas Raumfahrtorganisation bei einer internationalen Online-Tagung.

Schon seit Anfang der 1990er Jahre verfolgt China das Ziel, Taikonauten – so werden die Raumfahrer im Fernen Osten genannt – in den Weltraum zu schicken. Vor 17 Jahren flog Yang Liwei als erster Chinese ins All. Ein Dutzend Taikonauten ist seither im Weltraum gewesen, darunter zwei Frauen. Zwei chinesische Raumfahrer waren bereits mehrmals im Erdorbit. Sie dockten an die Raumlabore Tiangong 1 und 2 an, machten dort Experimente und unternahmen Weltraumspaziergänge außerhalb ihres Raumschiffs. Vor drei Jahren startete erstmals die chinesische Versorgungskapsel Tian­zhou. Sie ist vergleichbar mit den amerikanischen Dragon-Kapseln, die Nachschub für die Internationale Raumstation bringen. Mit dem Transporter Tianzhou-1 wurden automatische Andock-Manöver an das Raumlabor sowie Betankungsexperimente erprobt.

Westliche Raumfahrtexperten hatten den Start des Kernmoduls der Tiangong 3 genannten Raumstation bereits vor drei Jahren erwartet. Doch es gab Probleme mit der neuen Trägerrakete Chang Zheng-5, deren Transportkapazität etwa vergleichbar mit der russischen Proton und der europäischen Ariane 5 ist. Die Folgen eines Fehlstarts im Juli 2017 und technische Überarbeitungen sorgten für die Verzögerung.

Seit dem Start von Chinas Marssonde Tianwen 1 mit einer Chang Zheng 5 im Sommer dieses Jahres scheinen diese Probleme beseitigt. Damit gibt es grünes Licht für den Start des ersten Raumstationselementes im Frühjahr 2021, erklärte der Chefdesigner des bemannten Programms der chinesischen Raumfahrtagentur CNSA, Zhou Jianping, nach Angaben in der US-Fachzeitschrift „SpaceNews“.

Das tonnenförmige Stationsmodul Tianhe ist mit einer Länge von 14 Metern fast doppelt so groß wie die früheren Raumlabore Tiangong 1 und 2. Seine Maße sind vergleichbar mit denen des russischen Kernelements Saria der Internationalen Raumstation. Die neue Trägerrakete Chang Zheng 5 soll Tianhe auf einem Erdorbit zwischen 340 und 450 Kilometern Höhe und eine Bahnneigung von 43 Grad befördern. Er führt über das gesamte chinesische Territorium. Versorgungsmissionen sind vom Raumfahrtbahnhof Jiuquan im chinesischen Teil der Inneren Mongolei möglich. Dort starteten bislang auch alle Taikonauten.

Wenn Tianhe im Erdorbit ist, sollen bis Ende 2024 zwei vergleichbar große Forschungslabore namens Wentian und Mentian andocken. Hinzu kommt ein Weltraumteleskop namens Xuntian, das mit einem Spiegeldurchmesser von zwei Metern etwa so groß wie das Hubble-Weltraumteleskop sein soll. Die meiste Zeit soll Xuntian neben der Raumstation frei fliegen, um unbeeinflusst Objekte im Universum studieren zu können. Für Wartungsarbeiten und Reparaturen soll das Teleskop an die Raumstation andocken. Bis 2025 soll Chinas neuer Himmelspalast etwa ein Siebtel der Größe der ISS erreichen. Wie es mit der Internationalen Raumstation weitergeht, ist noch nicht geklärt. Bislang sind bemannte Flüge nur bis Ende 2024 geplant. Technisch wäre eine Verlängerung des Betriebs problemlos möglich, doch ob sich alle Mitgliedstaaten darauf einigen, ist ungewiss. Sicherheitshalber lernen die europäischen Astronauten, darunter der Saarländer Matthias Maurer, auch die chinesische Sprache.

Gemeinsame europäisch-chinesische Trainings gab es bereits. Unter den 18 chinesischen Raumfahrt-Kandidaten, die im Juli neu ausgewählt wurden, waren neben Piloten der Armee erstmals auch Frauen und Männer mit ziviler Hochschulausbildung, Wissenschaftler, Mediziner und Ingenieure, so wie es in den USA, Europa und Russland üblich ist.

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