Wissen Ausflug zu einer höllisch heißen Welt

Paris · In diesem Herbst soll die erste europäisch-japanische Raumsonde zum Planeten Merkur starten.

 Die Esa-Sonde BepiColombo soll im Herbst dieses Jahres zu ihrer Merkur-Mission starten. Der Flug wird sieben Jahre dauern.

Die Esa-Sonde BepiColombo soll im Herbst dieses Jahres zu ihrer Merkur-Mission starten. Der Flug wird sieben Jahre dauern.

Foto: Esa/ESA - P. Carril

Der Merkur ist der innerste Planet unseres Sonnensystems und eines der größten Rätsel für die Astronomen. Er umkreist die Sonne in so geringem Abstand, dass er von der Erde aus nur schlecht zu beobachten ist. Bestenfalls am frühen Morgen oder in den späten Abendstunden ist er in Deutschland zu sehen, niemals jedoch am dunklen Nachthimmel. Unmöglich sind auch Beobachtungen mit großen optischen oder Weltraumteleskopen. Allein mit Raumsonden können Forscher die Geheimnisse des Merkur wirklich erforschen und damit vielleicht auch mehr über die Geschichte von Erde und Mond lernen.

Doch der Merkur hatte erst zweimal Besuch von US-Raumsonden, in den 1970er Jahren von Mariner 10 und Anfang des 21. Jahrhunderts von der Messenger-Sonde. Im Oktober oder November wird nun die europäische Weltraumorganisation Esa in Kooperation mit japanischen Forschern die dritte Roboter-Mission zum Merkur starten. Sie heißt BepiColombo und ist nach dem italienischen Weltraumforscher Giuseppe Colombo (1920-1984) benannt. Giuseppe Colombo berechnete in den 1960er Jahren unter anderem treibstoffsparende Flugbahnen für Merkur-Raumsonden. Ulrich Reininghaus, Esa-Projektmanager der BepiColombo-Mission, erhofft sich neue Erkenntnisse, die helfen, die Entwicklungsgeschichte von Erde und Mond und den anderen Planeten des Sonnensystems besser zu verstehen.

BepiColombo verfügt über einen kombinierten chemischen und elektrischen Antrieb. Das ist sinnvoll, weil der Flug in das Innere des Sonnensystems viel Energie erfordert. Von der rund vier Tonnen schweren Raumsonde entfallen allein 1,4 Tonnen auf den Treibstoff. Weil das Missionsziel auf dem innersten Planeten des Sonnensystems liegt, muss die Raumsonde auf dem Weg zum Merkur von 108 000 Kilometer pro Stunde auf 65 000 Kilometer pro Stunde abgebremst werden. Das geschieht durch mehrfache Zündungen der Triebwerke entgegen der Bewegungsrichtung und durch mehrere Planeten-Passagen, sogenannte Swing-by-Manöver. Die Erde wird dabei einmal, die Venus zweimal und der Merkur sechsmal als Bremsbacke genutzt.

Auf einem spiralförmigen Kurs um die Sonne wird sich BepiColombo langsam der Umlaufbahn des Merkurs anpassen. Rund sieben Jahre wird das längste astronomische Bremsmanöver in der Geschichte der Raumfahrt dauern, bevor die Sonde am 5. Dezember 2025 in einen Orbit um den Merkur eintreten soll.

Die europäisch-japanische Doppelraumsonde, die derzeit im europäischen Weltraumbahnhof Kourou in Französisch-Guayana auf den Start mit einer Ariane 5ECA-Rakete vorbereitet wird ist, ist etwa so groß wie ein afrikanischer Elefant. Eigentlich sollte sie schon vor fünf Jahren starten. 2001 waren für die sogenannte Cornerstone-Mission rund 550 Millionen Euro im Esa-Haushalt eingeplant. Verzögerungen führten jedoch dazu, dass die Kosten auf über 1,6 Milliarden Euro stiegen. Trotzdem wird das Projekt in Kooperation mit der japanischen Raumfahrtagentur Jaxa durchgezogen. „Eine der größten technischen Herausforderungen war die Entwicklung der Solarzellenanlage“, erklärt Markus Schelkle, Programm-Manager der BepiColombo-Mission im europäischen Unternehmen Airbus DS in Friedrichshafen am Bodensee, ehemals EADS-Astrium.

Die Solarzellen sollen elf Instrumente der Raumsonde mit elektrischem Strom versorgen. Doch dabei gibt es ein Problem: In der sonnennahen Merkur-Umgebung können die Temperaturen auf über 300 Grad und auf der Merkur-Oberfläche sogar auf etwa 470 Grad Celsius steigen. Das stellt hohe Anforderungen an die Solarzellenausleger von je 11,5 Quadratmeter Fläche, die eine elektrische Leistung von sechs Kilowatt liefern sollen.

BepiColombo ist ein europäisch-japanisches Tandem. Elf Instrumenten an Bord der rund vier Tonnen schweren europäischen Muttersonde namens MPF (Mercury Planetary Orbiter) werden aus 480 bis 1500 Kilometern Abstand die Oberfläche des Planten studieren. Die kleinere japanische Tochtersonde namens MMO (Mercury Magnetospheric Orbiter), die beim Eintritt in den Merkur-Orbit abgetrennt wird, soll aus größerer Distanz die Wechselwirkungen des Sonnenwindes mit den im Merkur-Magnetfeld eingefangenen elektromagnetischenTeilchen sondieren.

Gemeinsam sollen beide Raumsonden Antworten auf eines der großen Rätsel der Planetenforscher suchen. Die Astronomen verstehen bisher nicht, warum das Innere des Merkur mit seinem großen Eisenkern so sehr der Erde gleicht, während seine Oberfläche unserem Mond so ähnlich ist.

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