Astronomie La Palma ist das Mekka für Sterngucker

Santa Cruz de la Palma · Kaum irgendwo in Europa ist der Nachthimmel so dunkel wie auf den Kanaren. La Palma schützt die Dunkelheit sogar per Gesetz, denn auf der Insel forschen Astronomen aus aller Welt.

 Dieses Foto des Gran Telescopio Canarias zeigt die Feuerwerksgalaxie, die zehn Millionen Lichtjahre entfernt ist. Sie hat mit einem Durchmesser von 40 000 Lichtjahren nur ein Drittel der Größe unserer Galaxis.

Dieses Foto des Gran Telescopio Canarias zeigt die Feuerwerksgalaxie, die zehn Millionen Lichtjahre entfernt ist. Sie hat mit einem Durchmesser von 40 000 Lichtjahren nur ein Drittel der Größe unserer Galaxis.

Foto: gtc/GTC

(dpa) Steil geht es in die Höhe. Als das Auto an roten Felswänden entlang dem Roque de los Muchachos zustrebt, tauchen seltsame Gebilde auf. Weiße und silberne Kugeln, daneben Stahlkonstruktionen mit gigantischen Spiegeln. Sind Außerirdische gelandet? Das nicht, aber immerhin wird hier, auf der Kanareninsel La Palma, nach ihnen gesucht.

Die Luft ist kristallklar, der Himmel leuchtet in tiefem Dunkelblau. „Wie eine Exkursion zum Mond“, schwärmt eine deutsche Urlauberin. Kaum ein anderer Ort in Europa ist bei Astronomen und Sternguckern so beliebt wie die zu Spanien gehörende Inselgruppe im Atlantik, und hier speziell Teneriffa und die kleinere Schwester La Palma.

Die Wolken schaffen es meist nicht, den massiven Gebirgszug der Cumbres, der das Eiland längs durchzieht, zu überwinden, erklärt die Astronomin Elena Nordio. Vom höchsten Punkt des Gebirges, dem 2426 Meter hohen Roque de los Muchachos, wirken sie wie ein riesiges Schneefeld tief unten.

Die Himmelsbeobachtung wird kaum von Luftunruhen gestört, zudem gibt es kaum nennenswerte Industrie, und auch keine Großstadt in der Nähe. Die Lichtverschmutzung ist also minimal. Kein Wunder, dass der Roque de los Muchachos Standort zahlreicher Teleskope ist. Zu ihnen  gehören auch Gammastrahlen-Detektoren, die aussehen wie kolossale Satellitenschüsseln. Der Prototyp einer neuen Generation dieser sogenannten Tscherenkow-Teleskope ist Teil des geplanten CTA-Observatoriums, dessen zweiter Standort die Paranal-Anlage in Chile ist. Sein Durchmesser beträgt 23 Meter.

Hauptattraktion derzeit ist das Gran Telescopio Canarias (GTC). Mit 10,4 Metern Durchmesser handelt es sich um das größte optische Infrarot-Spiegelteleskop der Welt. Im nächsten Jahrzehnt allerdings wird das GTC seinen Status verlieren, denn in der Atacama-Wüste in Chile entsteht das „Extremely Large Telescope“ mit einem Hauptspiegel von spektakulären 39 Metern.

Die Forscher in La Palma werten tagsüber Daten aus, die das Teleskop ihnen nachts liefert. Wenn es dunkel wird, öffnet sich die silberne Kugel wieder wie ein Schlund. „Es ist, als ob sich ein Fenster zum Universum auftut“, flüstert eine Besucherin. Um zu verstehen, wie lichtempfindlich dieses Fernrohr ist, zieht Elena Nordio folgenden Vergleich: „Man könnte von hier aus das Licht einer einzelnen Kerze in New York sehen“, sagt sie.

Das GTC hält eine ganze Reihe von Rekorden in der Astronomie.  Viele  wichtige Entdeckungen wurden mit diesem Gerät gemacht. Das Teleskop fand zum Beispiel schwarze Löcher, aber auch Planeten außerhalb unseres Sonnensystems, erläutert Nordio. Der klare Himmel von La Palma sei eben wirklich besonders. „Viele Touristen kommen extra deshalb her. Der hiesige Nachthimmel ist zu einem Symbol geworden – und Astro-Tourismus wird immer populärer.“

Um eine freie Sicht ohne Lichtverschmutzung zu gewährleisten, wurde im Jahr 1988 ein sogenanntes Himmelsgesetz (Ley del Cielo) erlassen, das weltweit erste seiner Art. Auch wurde auf der Insel die weiße Straßenbeleuchtung durch spezielle orangefarbene Natrium-Lampen mit reduzierter Intensität ersetzt. Leuchtreklamen sind strengen Kontrollen unterworfen. Im April des Jahres 2012 wurde La Palma schließlich als erste „Starlight Reserve“ der Erde anerkannt. Das Gebiet umfasst die gesamte Insel sowie Teile des Atlantiks. Die himmlischen Attraktionen sind inzwischen allseits präsent. Mehr als ein Dutzend „Miradores astronómicos“ (Astronomische Aussichtspunkte) wurden in den vergangenen Jahren eingerichtet, die über Straßen oder Wanderwege zu erreichen sind.

„Polaris – 4 077 487 635 167 800 Kilometer“ steht auf einem Wegweiser. Diese Entfernungsangabe zum Polarstern, der seit Jahrhunderten zur Ermittlung der geografischen Nordrichtung genutzt wird, lässt die unermesslichen Weiten des Kosmos wenigstens  erahnen. „Die Menschen suchen gerade heute nach dieser Verbindung zum Kosmos und wollen das Universum besser verstehen“, sagt Elena Nordio.

Die bei Weitem am häufigsten von ihren Besuchern gestellte Frage sei diese: Sind wir allein  im Universum? Wie sie persönlich über dieses Thema denkt? „Das Universum ist groß, es muss andere Lebensformen geben“, lächelt die Astronomin. „Aber wir haben keinen Beweis dafür. Noch nicht.“

(dpa)
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