Ameisen Ameisen haben den Riecher für die richtige Richtung

Jena · Der Orientierungssinn der winzigen Insekten ist dem des Menschen haushoch überlegen, fanden Biologen der Max-Planck-Gesellschaft heraus.

 Wüstenameisen finden ihr Nest mit traumwandlerischer Sicherheit über Duftstoffe.

Wüstenameisen finden ihr Nest mit traumwandlerischer Sicherheit über Duftstoffe.

Foto: Max Planck Institute for Chemical Ecology/Badeke

(np) Ein menschliches Gehirn wiegt knapp 1500 Gramm, das Gehirn einer Ameise gerade mal 0,1 Milligramm. Und doch zeigt die Ameise dem Menschen, dass im Nervensystem Masse mit Klasse nichts zu tun hat. Um sich in unbekanntem Terrain zurechtzufinden, benötigen Menschen Hilfsmittel, einen Kompass, Landkarte oder ein Navigationssystem. Die Wüstenameise (Cataglyphis fortis) kann darauf verzichten. Die Tiere gelten in der Welt der Wissenschaft als kleines Navigationswunder. Sie fänden unter Umständen von ihren Jagdausflügen zurück ins Nest, die einen Menschen zur Verzweiflung treiben würden, berichtet das Max-Planck-Institut für chemische Ökologie. Über hundert Meter laufe eine Ameise auf Futtersuche kreuz und quer durch die Wüstenlandschaft – und kehre dann mit ihrer Beute schnurgerade zum Nest zurück. Ein Mensch, der eine vergleichbare Leistung erbringen wolle, müsse Dutzende Kilometer in einem einförmigen Gelände umherlaufen, um dann geradlinig zum Ausgangspunkt zurückzufinden, erklärt das Max-Planck-Institut.

Die Ameisen leben in ausgetrockneten Salzseen der nordafrikanischen Sahara. Sie wohnen in unterirdischen Nestern, deren Eingänge nichts weiter als kleine Löcher im Wüstenboden sind. Die Insekten nutzen bei der Navigation ihren Geruchssinn, merken sich sichtbare Orientierungspunkte, nutzen die Sonne als Kompass und können Schritte zählen, haben die Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts herausgefunden. „Man muss sich das so vorstellen: Wenn wir uns in einer unbekannten Großstadt an einem markanten Hochhaus orientieren wollen und plötzlich feststellen, dass es weitere Hochhäuser gibt, die ganz ähnlich aussehen, dann sind wir total verwirrt. Wir fragten uns also, wie Ameisen dieses Problem lösen“, erklärt der Verhaltensforscher Markus Knaden.

Der Geruchssinn scheine beim Orientierungsvermögen der Tiere eine zentrale Rolle zu spielen, berichten die Biologen. Wenn Ameisen ein einziges Mal einen Geruch mit der Information Futter in Verbindung gebracht haben, vergessen sie ihn nie wieder. Markus Knaden: „Wir waren erstaunt, wie schnell die Ameisen Futterdüfte gelernt und wie lange sie sie behalten haben.“ Selbst nach mehr als 25 Tagen hätten sie sich daran erinnern können.

Ameisen, die dieses Alter erreichen, gelten bereits als Methusalems. In der freien Natur betrage ihre Lebenserwartung etwa sechs Tage, berichtet das Max-Planck-Institut. Bei Duftstoffen, die zur Navigation in Richtung Nest benutzt werden, brauche der Lernprozess dagegen länger. Bis zu zehn Trainingsläufe hätten die Tiere benötigt, um diesen Geruch mit dem Nesteingang in Verbindung zu bringen. Markus Knaden hat dafür folgende Erklärung: Während ihres Lebens komme eine Ameise mit vielen fressbaren Substanzen in Kontakt. Da sie Futter hauptsächlich über den Geruchssinn fänden, lohne es sich, den Duft von gutem Futter so schnell wie möglich zu erlernen. Das Ameisennest ändere dagegen im Laufe eines kurzen Ameisenlebens seinen Geruch nicht. Das „Navigationssystem“ müsse daher hier nicht so reaktiv sein. Das Beispiel zeige aber auch, wie differenziert unterschiedliche Düfte im winzigen Gehirn der Insekten verarbeitet werden könnten.

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