Testberichte Öko-Test: Noten, Testverfahren und Finanzierung – alle Infos zum Verbrauchermagazin

Öko-Test ist strenger als der Gesetzgeber und hat in seiner fast 40-jährigen Geschichte schon häufig dafür gesorgt, dass ungesunde und umweltschädliche Substanzen in Konsum-Artikeln verboten wurden.

„Richtig gut leben“ – diesen Leitsatz hat sich Öko-Test auf die Fahne geschrieben. Seit April 1985 erscheint das Verbrauchermagazin jeden Monat im gleichnamigen Verlag. Während sein bekannterer Konkurrent „Stiftung Warentest“ Produkte auf ihre Funktionalität testet, bewertet Öko-Test nach Umweltkriterien: Wurden Umweltstandards eingehalten? Unter welchen Umständen wurde das Produkt hergestellt? Und welche Schadstoffe enthält es? Das Magazin, das in verschiedenen Modellen abonniert werden kann, richtet sich also an Menschen, denen ein nachhaltiger Lebensstil wichtig ist und die auf ihre Gesundheit achten.

  • Verlag: Öko-Test
  • Verlagssitz: Frankfurt am Main
  • Chefredakteur: Hans Oppermann
  • Verkaufte Auflage: 114 794 Exemplare (Stand: 2022)
  • Reichweite: 1,27 Millionen Leser (Stand: 2020)

So arbeitet Öko-Test

Seit 1985 hat Öko-Test über 100 000 Produkte und Dienstleistungen getestet. Die Waren werden anonym im Laden eingekauft, die Dienstleistungen verdeckt in Anspruch genommen. Wie Stiftung Warentest besitzt Öko-Test keine eigenen Labore, sondern engagiert unabhängige Prüfinstitute für die Produkt- und Dienstleistungstests.

Die Testergebnisse werden von den Redakteuren bewertet. Nach strengen Maßstäben werden Noten von „sehr gut“ bis „ungenügend“ vergeben. Die Anbieter, deren Produkte und Dienstleistungen überprüft wurden, werden erst im Nachhinein über den Test und die Ergebnisse informiert.

Öko-Test: Auf Erlöse aus Anzeigen angewiesen

Im Gegensatz zur staatlich geförderten Organisation Stiftung Warentest gehört Öko-Test zu rund 78 Prozent der Medien-Holding der SPD, der DDVG. Öko-Test versichert auf der eigenen Website jedoch, dass die SPD nicht in die redaktionelle Arbeit eingreift. Das Verbrauchermagazin beschreibt sich als „unabhängig und unbestechlich“ und nimmt keine Rücksicht auf Industrie, Politik oder Anzeigenkunden. Um noch unabhängiger agieren zu können, hat sich Öko-Test 2022 in zwei Gesellschaften aufgeteilt: die Öko-Test Verlag GmbH & Co. KG und die Öko-Test AG. So möchten das Verbrauchermagazin auch gesellschaftsrechtlich die Trennung von Redaktion und Vertrieb deutlich machen. Die Redaktion arbeitet seitdem nach ihren eigenen journalistischen Kriterien, unabhängig davon, ob Hersteller Anzeigenkunden und Lizenznehmer sind oder werden könnten.

Anzeigen sind eine der wichtigsten Haupteinnahmequellen für das Magazin. Denn, so schreiben es die Redakteure auf ihrer Website: „Die Tests sind sehr teuer“. Es würden die besten Labore beauftragt, die Mitarbeiter seien hoch qualifiziert. Zwar komme durch den Verkauf der Zeitschriften Geld in den Verlag, doch das reiche nicht aus, um alle Kosten zu decken. Deswegen werden sowohl im Magazin als auch auf der Website Anzeigen verkauft.

Strenger als das Gesetz

Nichtsdestotrotz seien die Mitarbeiter nur den Lesern verpflichtet, Umweltschutz und vorbeugender Verbraucherschutz ihre wichtigsten Leitlinien. Denn: „Was gut und gesund für uns ist, ist meistens auch gut für die Umwelt“, heißt es auf der Website. Dass das Verbrauchermagazin im Sinn des Konsumenten und der Umwelt handelt, hat es in den immer wieder unterstrichen: Öko-Test ist strenger als der Gesetzgeber. So können Produkte, welche die gesetzlichen Vorgaben einhalten, trotzdem mit einem „ungenügend“ bewertet werden. Hersteller kritisieren das. Öko-Test hält dagegen: Viele gesetzliche Richtwerte seien zu lasch, in einigen Fällen gebe es nicht einmal welche.

Ein gutes Beispiel für die Arbeit der Verbraucherschützer sind die 2022 eingeführten Richtwerte für Mineralöl in Nahrungsmitteln. 1994 bewertete Öko-Test erstmals Produkte, die Mineralölbestände beinhalteten: Lippenstifte. Auch in den folgenden Jahren wurden Bestände in Produkten wie Reis, Olivenöl, Vanilleeis, Kurkuma und Sonnencreme nachgewiesen. Obwohl nicht abschließend geklärt ist, wie schädlich Mineralöl tatsächlich ist, steht fest, dass es sich im menschlichen Fettgewebe ablagert. Die Substanz könnte krebserregend sein und weitere Langzeitfolgen haben. Aus diesem Grund setzte sich die Organisation immer wieder für gesetzliche Richtwerte ein. Mit Erfolg: 2020 schlägt die EU einen Grenzwert für Mineralöl in Babymilchpulver vor, 2022 folgen Richtwerte für Lebensmittel. Öko-Test setzt sich dafür ein, die Richtwerte gesetzlich verpflichtend zu machen.

Dass es dringend gesetzlicher Vorgaben bedarf, zeigte ein Butter-Test (Heft 12/2022). Die meisten Marken sind nicht nur im Preis gestiegen, sondern enthalten aromatische Mineralölwasserstoffe (MOAH). 17 der 20 getesteten Buttermarken erhielten die Noten „mangelhaft“ oder „ungenügend“. Die Werte waren teilweise so hoch wie sie Öko-Test vorher noch nie gemessen hatte. Bei einer getesteten Butter sei der von der EU vorgegebene MOAH-Richtwert fast um das Zehnfache überschritten worden, so die Verbraucherschützer.

Krebserregende Stoffe in Kinderspielzeug

Ebenso gebe es häufig Gesetzeslücken, die Hersteller ausnutzen würden. So waren etwa krebserregende aromatische Amine in Textilien verboten, aber in Baby- und Kinderspielzeug erlaubt. Mittlerweile sind die Farbstoffe in Deutschland für Gebrauchsgegenstände wie Textilien, Schmuck oder Kosmetikartikel verboten.

Da das Bewusstsein für nachhaltige Ökonomie in der deutschen Bevölkerung immer größer wird, bezieht Öko-Test immer häufiger soziale Aspekte in die Bewertung mit ein. Daher fließt seit 2010 auch die Frage nach der Corporate Social Responsibility, also das verantwortliche Handeln eines Unternehmens über die gesetzlichen Forderungen hinaus, mit ein. Öko-Test untersucht hierbei, wie verpflichtet sich Unternehmen dieser Verantwortung fühlen und wie sie diese praktisch umsetzen. Als erstes Produkt unter dieser Prämisse testeten die Verbraucherschützer Kinderspielzeuge im Zusammenhang mit Kinderarbeit. Die Redakteure bewerten in dem Fall nicht, stattdessen sind die Abfragen so aufgebaut, dass sich der Leser selbst ein Bild machen kann. So können Konsumenten selbst entscheiden, ob sie ihren Kauf ethisch vertreten können.

Generell sieht Öko-Test davon ab, nur eine einfache Bewertung abzugeben. Verbraucher bekommen immer eine Handlungsalternative vorgeschlagen: Jeder Test endet mit einem Fazit unter der Überschrift „Was tun?“. Öko-Test möchte seinen Lesern nicht vorschreiben, was zu tun ist, sondern verschiedene Möglichkeiten aufzeigen, wie nachhaltig gehandelt werden kann. Außerdem gibt es beim Verbrauchermagazin die Rubrik „Nachwirkungen“. Dort erhalten Lesern einen Einblick, was sich nach den Test-Veröffentlichungen bei den Herstellern und in der Berichterstattung getan hat.

Immer auf dem neuesten wissenschaftlichen Stand

Nach welchen Kriterien Öko-Test bewertet, wird für jedes Produkt individuell bestimmt. Allerdings werden die Testkriterien immer wieder aktualisiert. Für jeden Test werden nach Angaben von Öko-Test die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse berücksichtigt, sodass die Ergebnisse immer dem aktuellen Stand der Forschung entsprechen. Oftmals wird angenommen, dass Öko-Test nur Produkte aus dem Bio-Supermarkt überprüft, dem ist aber nicht so. Getestet werden Waren aus allen Bereichen, sowohl aus dem Bio-Markt als auch aus dem Discounter.

Schneidet ein Produkt besonders gut oder sehr gut ab, ist das Öko-Test-Logo ein gutes Werbemittel für Hersteller. Unternehmen, deren Produkte oder Dienstleistungen von Öko-Test untersucht wurden, können in einem Zeitraum von fünf Jahren nach Veröffentlichung des Testergebnisses eine Lizenz für das Logo kaufen. Öko-Test kontrolliert, ob es korrekt verwendet wird. Hersteller dürfen beispielsweise nur testidentische Produkte mit dem Label versehen. Testidentisch ist ein Produkt nur dann, wenn es mit den Produktmerkmalen übereinstimmt, die von Öko-Test überprüft wurden. Wenn sich die Zusammensetzung, Rezeptur oder Verarbeitung nur im Geringsten unterscheidet, ist das Produkt nicht testidentisch. Ein Beispiel dafür sind verschiedenfarbige Lippenstifte: Je nach Farbstoff kann das Ergebnis der Untersuchung anders aussehen.

Erhält ein Produkt eine schlechte Note, erfüllt aber die gesetzlichen Vorgaben, ist es nicht möglich, es aufgrund der Öko-Test-Bewertung wieder zurückzugeben. Verbraucher müssen dann auf die Kulanz des Herstellers hoffen. Entspricht die Ware nicht den gesetzlichen Vorgaben, sieht es anders aus: In solchen Fällen vergibt Öko-Test die Note „ungenügend“, die Produkte können an den Hersteller zurückgegeben werden. Die Erfahrung zeige jedoch, dass auch „mangelhafte“ Produkte häufig retourniert werden können.

Betrug bei Öko-Test?

In der Vergangenheit ist das beliebte Verbrauchermagazin immer wieder in Kritik geraten. So sollen über Jahre hinweg Auflagenzahlen gefälscht worden sein, um Anzeigenkunden für ihre Werbung mehr Geld aus den Taschen zu ziehen. Es handelte sich dabei um Sonderausgaben, die sich nicht ganz so gut verkauften, wie von Öko-Test behauptet. Der Schwindel kam 2018 heraus, weil ein vom Verlag eingesetzter Rechtsanwalt die Kündigung des „Öko-Test“-Chefredakteurs und -Geschäftsführers prüfen sollte.

In diesem Zusammenhang wurden auch Interna kritisiert: Demnach sei die Technik des Internetportals veraltet und Arbeitsabläufe nicht mehr zeitgemäß gewesen. Auch die Test-Kriterien seien willkürlich und für Konsumenten nicht immer nachvollziehbar: „Der Verbraucher, wenn er einen solchen Bericht liest, muss das zum einen sehr aufmerksam tun. Und er muss, im Grunde genommen, im Hinterkopf haben, dass die Maßstäbe, die dort angelegt werden, häufig eigen gewählte Maßstäbe sind, die nicht immer etwas mit den gesetzlichen Vorgaben zu tun haben“, sagte Katharina Riehn von der Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Hamburg dem Deutschlandfunk. Sie selber hat einer Öko-Testung von Sonnencremes teilgenommen und ist der Meinung, dass die Bewertungskriterien für Verbraucher nachvollziehbar sein müssen.

Öko-Test: So entstand das Verbrauchermagazin

  • 1983 erscheint der Vorläufer des Öko-Test-Magazins: die „Neugier – Illustrierte Zeitschrift mit Öko-Test“ unter dem Wirtschaftsjournalisten Jürgen Räuschel. Die Ausgabe fand allerdings keine große Resonanz, die Publikation wurde nicht fortgesetzt.
  • Räuschel, der in den 1960er Jahren bei der Finanzzeitschrift DM gearbeitet hatte, ließ seine Idee nicht los. Er wollte eine „Zeitschrift für den praktischen Alltag von Menschen“ machen. Sein Gründungsvorhaben wurde zu seinem Lebensinhalt. Im Herbst 1984 hatte er sein erstes Ziel erreicht, die für den Start notwendigen 600.000,00 DM waren als Beteiligungskapital gezeichnet.
  • Im April 1985 erscheint die erste Ausgabe von Öko-Test. In der Anfangszeit musste der frisch gegründete Verlag viele Verluste einstecken. Diese Verluste musste Räuschel durch neu eingeworbenes Kommanditkapital ausgleichen. Das schaffte er durch Eigenanzeigen, die dazu animieren sollten, mittels einer beigehefteten Antwortkarte die Beteiligungsunterlagen anzufordern. Die Resonanz sei enorm gewesen und das Unternehmen kam ohne Fremdkapital aus.
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