Wolf Parade, The Homesick und Eyelids Bowie-Wut und Walker-Verehrung

Neue Indie-Magie von Wolf Parade, The Homesick und Eyelids.

 Der Sound der holländischen Band The Homesick erinnert an die kanadische Rockband Arcade Fire.

Der Sound der holländischen Band The Homesick erinnert an die kanadische Rockband Arcade Fire.

Foto: Cargo Records/Sarah Cass

Mehr kann man aus einer CD-Hülle nicht raus holen. „Thin Mind“ (Sub Pop/Cargo ✮✮✮✮✮) ist beste Comic-Kunst. Wolf Parade sind erst seit 2003 aktiv, doch sind sie nach vier Alben längst eine Indie Rock-/Post Punk-Institution. Album Nummer fünf überzeugt mit einer beeindruckenden Fokussierung auf Songsubstanz und Arrangement, ohne dass Abstriche beim Energielevel zu beklagen wären. Es rockt mächtig, aber mit Finesse. Dafür sorgen beispielhaft etliche Old School-Synthesizer. Noch immer gemahnen die Stimmen der beiden Sänger an einen wütenden David Bowie, der seine kontrollierte Extravaganz ad acta gelegt hat. Viele Stücke beschäftigen sich mit den Reizüberflutungen dieser Zeit und damit einhergehendem Aufmerksamkeitsverlust – daher auch der Titel. Im Falle dieses prächtigen Albums sollte indes Aufmerksamkeitsfähigkeit kein Problem sein: es wird jeden Indie-affinen Hörer in den Bann ziehen. Einst mit Arcade Fire an den Start gegangen, klingen Wolf Parade heute viel frischer, entfesselter, konzentrierter und auch zorniger als die weit erfolgreicheren Kollegen. Ungerechte Welt.

 tr musik wolfparade thin mind

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Foto: Cargo Records

Gleiches Label, kongeniales Cover, ähnliches Handwerk: The Homesick aus Holland. Ihr Zweitwerk „The Big Exercise“ (Sub Pop/Cargo ✮✮✮✮✮) referiert auf eine Passage aus einer Scott Walker-Biografie und klingt lustigerweise besagten Arcade Fire ähnlicher als Wolf Parade. Barock-Pop-Verehrung und Prog-Rock-Flirts würzen Lieder, die ein großes Herz und viel Inspiration beherbergen. Bisweilen ertönt eine Klarinette. Überhaupt lauern rhythmische, melodische, auch strukturelle Überaschungen an jeder Ecke. Ins Chaos stürzt dennoch nichts. Das Trio agiert hörbar nach dem Motto: „Nichts muss, alles kann“. Wahnsinn mit Methode und trotzdem landet das Ganze noch sicher unter dem Pop-Radar.

 tr musik the homesick the big excercise

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Foto: Cargo Records
 tr Musik eyelids Accidental Falls

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Foto: Melodycat

Wie auch Eyelids aus Portland/Oregon. Mit Peter Buck (R.E.M.) als Produzent und Tucker Martine (Decemberists, Neko Case) am Mischpult war denkbar größter Support vor Ort. „The Accidental Falls“ (Decor Records/Indigo ✮✮✮✮✮) birst förmlich vor schillernd psychedelischem Überschwang. Insbesondere die Saiten von Jonathan Dress brillieren durchweg. Vergleiche mit R.E.M., Alex Chilton’s Big Star, XTC und Game Theory treffen das erzeugte Niveau perfekt. 

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