Der Clown ist wieder da Wie ein aufgescheuchtes Huhn

„Es: Kapitel 2“ von Andrés Muschietti enttäuscht als oberflächliches Horror-Spektakel.

 Wo das Clownsgesicht Pennywise (Bill Skarsgard) auftaucht, herrscht bald blankes Entsetzen.

Wo das Clownsgesicht Pennywise (Bill Skarsgard) auftaucht, herrscht bald blankes Entsetzen.

Foto: 2019 Warner Bros.

Vor zwei Jahren brachte Andy Muschietti mit „Es“ Stephen Kings Horrorklassiker auf die Leinwand. Während der Roman auf zwei Zeitebenen arbeitet und mit einem Rückblendenplot die Figuren im Jugendlichen- wie Erwachsenenalter gegen das Monster mit dem Clownsgesicht antreten lässt, splittete Muschietti seine Dramaturgie auf.

Der erste Teil gehörte den 13jährigen Helden, die sich in ihrer Verlierer-Bande zusammengeschlossen haben. In der Fortsetzung müssen sich die Erwachsenen erneut dem Bösen und eigenen traumatischen Erinnerungen stellen.

Mike (Isaiah Mustafa) ist als einziger in Derry geblieben. Auch 27 Jahre später ist die amerikanische Kleinstadt ein sozial unwirtlicher Ort, wie der brutale Übergriff von rechten Schlägern auf ein schwules Paar gleich zu Beginn des Filmes zeigt. Das halb bewusstlose Opfer wird in den reißenden Fluss geworfen und dort wartet etwas noch Böseres im Tunnel der Kanalisation: Pennywise (Bill Skarsgård), dessen lachendes Clownsgesicht sich in einen Monsterkopf verwandelt und beherzt über den Gestrandeten herfällt.

Die Jugendlichen haben damals einen Bluteid geleistet: Sollte „es“ zurückkehren, werden auch sie wieder gemeinsam dagegen antreten. Aber Pennywise ist bekanntlich nicht nur ein Bösewicht, der grausam mordet, sondern auch ein versierter Manipulator der menschlichen Psyche. Und so endet schon das feuchtfröhliche Wiedersehensessen im China-Restaurant mit einer kollektiven Horrorvision, in der aus Glückskeksen und Essensresten illustre Mordmonster schlüpfen. Damit nicht genug wird in der nachfolgenden Filmhandlung jedes einzelne Gruppenmitglied nacheinander von schmerzhaften Kindheiterlebnissen und unkontrollierten Angstattacken eingeholt. Und das dauert.

Im ersten Teil führte der Verzicht auf Rückblenden zu einer klaren, stringenten Erzählung, die Kings Schreckensfantasien unverschnörkelt herausarbeitete. Im zweiten Teil hingegen ist ein relevanter Plot kaum erkennbar. Die Geschichte rennt wie ein aufgescheuchtes Huhn von einer Horrorvision zur nächsten. Allzu oberflächlich behandelt Muschietti die durchaus interessante Frage, wie sich die traumatischen Kindheitserlebnisse auf die seelische Verfassung der Erwachsenen auswirken. Daran kann auch das zum Teil hochkarätige Ensemble um Jessica Chastain und James McAvoy wenig ändern. Die epische Laufzeit von 169 Filmminuten hätte man ohne künstlerische oder narrative Verluste mindestens um ein Drittel reduzieren können.

USA 2019, 169 Min.; Regie: Andy Muschietti; Buch: Gary Dauberman nach einem Roman von Stephen King; Kamera: Checco Varese; Besetzung: Jessica Chastain, James McAvoy, Bill Hader.

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