Kino-Tipp Für diese Himmelsstadt braucht man keine Mauer

„Alita: Battle Angel“ von Robert Rodriguez: Fantasy-Abenteuer als Methapher auf den amerikanischen Traum.

 Sieht hier noch ziemlich friedlich aus, doch in Alita (Rosa Salazar) schlummert ein nuklear betriebenes Herz.

Sieht hier noch ziemlich friedlich aus, doch in Alita (Rosa Salazar) schlummert ein nuklear betriebenes Herz.

Foto: Verleiher/Diverse

Hoch oben in den Wolken schwebt die Stadt Zalem. Es ist die letzte Himmelsstadt, die nach einem alles vernichtenden Krieg im 23.Jahrhundert übrig geblieben ist. Ab und zu öffnet sich an der Unterseite des Riesenraumschiffes eine Schleuse, aus der Schrott herab auf eine Müllhalde fällt. Dort unten in Iron City schuften Menschen und Cyborgs, um die unsichtbaren Eliten in Zalem zu versorgen, in der vagen Hoffnung, es selbst einmal nach oben in die Himmelsstadt zu schaffen.

Ähnlich wie „Die Tribute von Panem“ ist auch Robert Rodriguez‘ „Alita: Battle Angel“ in einer dystopischen Welt angesiedelt, die von einer monströsen Gentrifizierung geprägt ist und damit in überspitzter Form die gesellschaftlichen Gegenwart reflektiert. Als der Hi-Tech-Chirurg Dr. Dyson Ido (Christoph Waltz) auf einer Müllhalde Kopf und Rumpf einer Cyborg-Frau findet, erweckt er das Wesen mit einer neuen Ganzkörperprothese zum Leben. Schon bald ahnt er, dass in dieser Alita (Rosa Salazar) besondere Kräfte und ein nuklear betriebenes Herz schlummern. Die Patientin kann sich an ihr früheres Leben nicht erinnern und lernt die neue Welt mit jugendlichem Abenteuer-Elan kennen. Fantastisch sieht diese Iron City aus, die Rodriguez mit dem digtalen Tuschekasten herbeizaubert. Zwischen den stählernen Ruinen der Vergangenheit hat sich hier eine Multi-Kulti-Tech-Metropole etabliert, in der Roboterwesen und buntes Menschenvolk wild durcheinander wuseln. Schon bald erwacht in dem Mädchen der Elan jener Kriegerin, die sie in ihrem früheren Leben einmal war. Als zartgliedrige Amazone mit riesengroßen Bambiaugen ist Alita aus den Manga-Comics des japanischen Zeichners Yukito Kishiro entsprungen.

Rodriguez und Produzent James Cameron extrahieren daraus eine klassische Superheldinnen-Geschichte, die vor allem durch ihr schlüssiges dystopisches Setting funktioniert. Die Himmelsstadt Zalem fungiert hier als plastische Metapher auf den amerikanischen Traum. Eine Mauer muss um Zalem nicht herum gebaut werden. Die Stadt in den Wolken ist nur noch durch wenige, gut bewachte Versorgungsleitungen mit dem profanen Erdenleben verbunden und hat die eigene Abschottung zum obersten Paradigma erklärt. Auf dem soliden Subtext-Fundament ruht ein handfestes Fantasy-Spektakel, das mit Actioneinlagen das Publikums bei der Stange hält und durch gestalterische Fantasie und Tiefe überzeugt. Das offene Ende ruft nach einer Fortsetzung, der man hier mit Spannung entgegensieht.

USA 2018, 122 Min., Regie: Roobert Rodriguez; Buch: Rodriguez, James Cameron, Laeta Kalogridis; Kamera: Bill Pope; Musik: Junkie XL; Besetzung: Rosa Salazar, Mahershala Ali, Jennifer Connelly, Caspar van Dien.

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