Kino-Kritik Diesen Angstfantasien fehlt es an Überraschungen

✮✮✮ „Greta“ von Neil Jordan: Psychothriller mit guten Darstellerinnen, aber wenig Substanz.

 Isabelle Huppert & Chloe Grace Moretz.

Isabelle Huppert & Chloe Grace Moretz.

Foto: Capelight Pictures

Alles fängt mit einer Handtasche an, die einsam und verloren auf einer Sitzbank in der U-Bahn steht. Erfahrene Fahrgäste des New Yorker Nahverkehrs würden angesichts des verdächtigen Fundstücks die Polizei alarmieren. Aber Frances (Chloë Grace Moretz) ist erst kürzlich aus der Provinz nach Manhattan gezogen und mit den hysterischen Regularien der Stadt noch nicht vertraut. Sie bringt die Fundsache ihrer Besitzerin zurück.

Greta (Isabelle Huppert) ist über die Maßen erfreut und bittet die ehrliche Finderin auf eine Tasse Tee herein. Das kleine, ebenerdige Apartment spiegelt mit gedämpften Licht und sorgfältig drapierten Erinnerungsfotos die Einsamkeit der Witwe, deren Tochter im fernen Paris studiert. In ihrer eigenen Einsamkeit fühlt sich Frances, deren Mutter vor kurzer Zeit gestorben ist, der älteren Dame verbunden. Sie freundet sich mit Greta an – bis sie eine verstörende Entdeckung macht.

In der Tradition guter alter Paranoia-Thriller wie „Eine verhängnisvolle Affäre“ (1987) oder „Weiblich, ledig, jung sucht...“ (1992), die den Verfolgungswahn als Unterhaltungswert feierten, entwirft Neil Jordan seinen neuen Film „Greta“. Mit Isabelle Huppert hat der irische Regisseur eine Schauspielerin angeheuert, die für die Rolle der manipulativen Psychopathin wie geschaffen scheint. Trotz ihrer zierlichen Gestalt gelingt es Huppert immer wieder auf der Leinwand ihre einschüchternde Präsenz zu entfalten, die sie hier ungebremst ausleben kann.

Aber so sehr sie auch in der Rolle aufgeht, nutzt sich die Erzählung, deren sich steigernde Plotwendungen immer weniger überraschen, dann doch ab. „Greta“ ist ein Psychothriller, der seine Angstfantasien augenzwinkernd, aber vor allem mit einem mechanischen Handlungskonzept auslebt. Dem Film fehlt es an erzählerischer Seele genauso wie an emotionalem Bringwert. Trotz prominenter Besetzung, gehobener Ausstattung und solider visueller Gestaltung, pocht in „Greta“ nur das schwache Herz eines überteuerten B-Movies.

Irland/USA 2018, 98 Min., Camera Zwo (Sb); Regie: Neil Jordan; Buch: Ray Wright, Neil Jordan; Kamera: Seamus McGarvey; Musik: Javier Navarrete; Besetzung: Isabelle Huppert, Chloe Grace Moretz, Maika Monroe, Jane Perry.

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