Debüt Die fabelhafte Welt der Amélie in Berlin

Berlin · ✮✮✮ „Cleo“ von Erik Schmitt: Vielversprechendes Debüt eines Filmverliebten.

 Auf der Schatzsuche durch Berlin kommen sich Cleo (Marleen Lohse) und Paul (Jeremy Mockridge) näher.

Auf der Schatzsuche durch Berlin kommen sich Cleo (Marleen Lohse) und Paul (Jeremy Mockridge) näher.

Foto: Weltkino/Weltkino Verleih

„Du kannst nicht zweimal in den selben Fluss springen. Es ist nicht mehr der selbe Fluss und du nicht mehr die selbe Person“ – mit diesem Worten von Heraklit über die Vergänglichkeit beginnt „Cleo“. Aber gleich darauf beschwert sich die Hauptfigur über das allzu bedeutungsschwere Zitat und fordert einen anderen Anfang für den Film ein. Kein Problem. Das Tor öffnet sich zum Berliner Alexanderplatz. Ein schnauzbärtiger Erzähler führt durch die belebte Metropole und beschwört die Seele der Stadt. Aber auch dieser Anfang wird tricktechnisch wieder zusammengeknüllt und durch eine Zeitraffersequenz ersetzt, in der die Geschichte Berlins von der Gründung über den Zweiten Weltkrieg bis zum Mauerfall in wenigen Sekunden über die Leinwand flimmert. Gleich zu Beginn macht Regisseur Erik Schmitt klar, dass er das Kino als Spielplatz begreift, auf dem er sich nach seinen eigenen Regeln zu tummeln gedenkt. Am Tage des Mauerfalls kommt Cleo zur Welt. Die Mutter stirbt bei der Geburt und der Vater kommt später bei einem tragischen Unfall um. Diese traumatischen Verluste haben Cleo (Marleen Lohse) zu einer neurotischen, jungen Frau heranwachsen lassen, die den Kontakt zu ihrem Mitmenschen scheut und sich in ihrem kleinen Leben eingemauert hat. Aber dann taucht plötzlich Paul (Jeremy Mockridge) in ihrem Büro auf und hat eine Schatzkarte in der Hand. Als versierte Stadthistorikerin erkennt Cleo sofort, dass es sich um eine Skizze der legendären Bankräuber-Gebrüder Sass handelt. In deren Versteck soll auch eine magische Uhr lagern, mit der man die Zeit zurückdrehen kann und Cleo hofft nun damit die tragischen Ereignisse ihrer Kindheit ungeschehen zu machen.

„Cleo“ ist ein quirliger, mit sehr viel Fantasie und Liebe gearbeiteter Film. Unübersehbar hat sich Schmitt von den Filmen Michel Gondrys („Vergiss mein nicht“) und Jean-Pierre Jeunets („Delikatessen“/„Die fabelhafte Welt der Amélie“) inspirieren lassen. Wie eine Berliner Amelie streift diese Cleo durch die Hauptstadtmetropole, die sich überraschend bruchlos in einen magischen Ort verwandeln lässt. Bunte Farbkompositionen, Stop-Motion-Sequenzen und das beträchtliche Leinwandcharisma von Marleen Lohse mischen sich hier zu einem cineastischen Fantasiecocktail, dem man seine dramaturgischen Unebenheiten, kitschigen Abschweifungen und eine allzu deutlich ausformulierte Botschaft nur zu gerne vergibt. Sicherlich ist „Cleo“ kein Meisterwerk, aber das vielversprechende Debüt eines echten Filmverliebten, der dem deutschen Kino hoffentlich noch viele Geschenke machen wird.

Deutschland 2019, 101 min.; Camera Zwo (Sb); Regie: Erik Schmitt; Buch: Schmitt, Stefanie Ren; Kamera: Johannes Louis; Musik: Johannes Repka; Besetzung: Marleen Lohse, Jeremy Mockridge, Max Mauff.

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