Kino-Tipp Blick zurück auf der Straße nach morgen

„Weil du nur einmal lebst – Die Toten Hosen auf Tour“: Einblicke in den Touralltag.

 Mitreißend: Campino und Kollegen der Toten Hosen geben auf der Bühne mal wieder alles.

Mitreißend: Campino und Kollegen der Toten Hosen geben auf der Bühne mal wieder alles.

Foto: NFP

Muss schon etwas her sein, dass wir die Jungs der Toten Hosen das letzte Mal gesehen haben. Denn sie wirken ganz schön gesetzt, als sie im Jahre 2017 ihre Konzertreise unter dem Titel „Laune der Natour“ vorbereiten. Das ist nicht despektierlich gemeint. Es hat sich eben alles verändert, seit die Rockmusik Mitte der 1960er Jahre zum Ausdrucksmittel der Jugendkultur wurde und an den Grundfesten des Bürgertums rüttelte.

Heute ist sie bevorzugt Event-Partikel einer Bespaßungskultur, die alles umsonst haben will. Aber in Club-Konzerten regt sich, wenngleich ohne Rebellionsansprüche, wieder etwas vom alten Mythos jugendlichen Aufbruchs.

Die Toten Hosen verkörpern beides, irgendwie. Und dass die CDU-Spitze nach der Kanzlerwahl 2013 „Tage wie diese“ schmetterte, dafür konnten die Toten Hosen nun wirklich nichts. Was als selbsterklärtes Kollektiv „Wattenscheid 09 der Musikliga“ begann, ist heute die letzte Punk-Institution im Stadionformat. Und nun, im Frühjahr 2019, kommt ein Film mit ihnen in die Kinos und dieser Film zeigt vor allem eines – Die Toten Hosen sind ohne ­Frage und mittlerweile auch ohne Konkurrenz die größte Rockband Deutschlands.

Um es abzukürzen: Der Film macht nichts falsch, was ganz wesentlich darin begründet liegt, dass er nichts riskiert. Die Toten Hosen sind wie andere Long-Time-Multis ein Geschäftsunternehmen, das nichts dem Zufall überlässt. Der erste gefilmte Konzertauftritt zeigt die Band fit und professionell, bis Campino hinter den Kulissen die anderen anpfeift, dass da noch Luft nach oben war. Huch! Zoff? Nein, war nur Spaß. Eine Deutschland-Tour steht an, die Setliste wird vor jedem Gig neu überlegt und zusammengestellt, und dann versagt Campino vor dem Konzert in Berlin die Stimme. Tour-Abbruch. Sinnkrise. Und dann: Aufstehen, durchschütteln und wieder ran an den Speck. Campino gibt sich nachdenklich und zeigt, dass er richtig gut Gymnastik kann.

Die Filmemacher sind manchmal ganz nah dran, aber etwas rausfinden wollen sie nicht wirklich und vor allem schneiden sie ständig in die Songs rein. Seit Wim Wenders‘ „Buena Vista Social Club“ ist das Standard in Musikdokumentationen. Erklärbar ist es nicht. Und was den sonstigen Drang zum Aufklären betrifft, da waren frühere Hosen-Dokus aus anderem Holz. Dieser Film ist ein klasse Zwischenresümee für Fans und Appetitanreger für solche, die sich lieber nicht zu weit aus dem Rockfenster lehnen wollen. Etwas Besseres gibt es derzeit nicht.

Deutschland 2019, 112 Min.; Camera Zwo (Sb); Regie und Buch: Cordula Kablitz-Post; Kamera: Matthias Schellenberg, Christopher Rowe, Nathaniel Hill.

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