Kino-Tipp Munterer Plausch mit Charme und Esprit

✮✮✮ „Tea with the Dames“ von Roger Mitchell mit Plowright, Atkins, Dench und Smith.

 Eine der vier Damen beim Plausch im Landhaus mit Kuchen und Tee: Die britische Schauspielerin Judi Dench.

Eine der vier Damen beim Plausch im Landhaus mit Kuchen und Tee: Die britische Schauspielerin Judi Dench.

Foto: KSM/Mark Johnson

„Jazz an einem Sommerabend“ heißt ein berühmter Dokumentarfilm über das Newport Jazz Festival 1958. Künstler bei der Arbeit auf der Bühne, und unter ihnen, auf Sommerstühlen lauschend, das Hipster-Publikum jener Zeit. Eine klare Situation, auf der Leinwand und davor.

Bei „Tea with the Dames“ liegt der Fall etwas anders, weil nicht wirklich ehrlich gespielt wird. Das Aufeinandertreffen von vier betagten Damen zum Plausch bei Kuchen und Tee in einem Landhaus ist bisweilen komisch, aber keine Komödie.

Die vier Damen sind Institutionen des britischen Schauspiels, alle jenseits der 80 und vom englischen Königshaus geadelt – daher die im Titel etwas irreführende Mehrzahl „Dames“. Das gemütliche Miteinander hat tatsächlich stattgefunden, aber ein Dokumentarfilm wurde es nicht. Es war auch nie einer geplant. Dieser Film ist ein Bio-Pic-Hybrid, was einige Nachteile in sich birgt, aber eben auch das Vergnügen, vier großen Schauspielerinnen bei der vollkommen spontan wirkenden Selbstdarstellung beizuwohnen.

Die Protagonistinnen sind Joan Plowright (89), die von 1961 bis zu dessen Tod 1989 mit Laurence Olivier verheiratet war. Eileen Atkins (84) erlebte ihren Durchbruch auf der Bühne im skandalumwitterten Stück „Das Doppelleben der Sister George“. Seriengucker erleben sie aktuell als greise Queen Mary in „The Crown“. Judi Dench, 1999 mit dem Oscar als beste Nebendarstellerin in „Shakespeare in Love“ ausgezeichnet, kam 1996 in „Goldeneye“ zu Weltruhm als erste weibliche Verkörperung von James Bonds Chef M; eine Rolle, die sie bis „Skyfall“ spielen sollte. Sie ist eine der größten englischen Bühnenattraktionen überhaupt. Maggie Smith schließlich gewann gar zwei Oscars, 1970 als beste Hauptdarstellerin in „Die besten Jahre der Miss Jean Brodie“ und 1979 als Nebendarstellerin „California Suite“. Den größten Publikumszuspruch aber brachte ihr die Rolle der Professorin Minerva McGonagall in den Harry-Potter-Filmen ein. Alle vier verstehen sich prächtig auf grantelnde Einlassungen und entwaffnende Unschuldsblicke.

Die Regie in diesem Reigen der beiläufig einander zugespielten Anekdoten unter Berücksichtigung eines chronologischen geprägten Voranschreitens führte Roger Michell („Notting Hill“). Michell ist kein Visionär, aber er macht auch keine Fehler, wenn er ein Drehbuch illustrieren muss oder Schauspieler vor sich hat, denen er vertrauen kann. Was hier der Fall ist. Die vier Dames wissen, was man von ihnen erwartet, und genau das liefern sie dann auch mit Charme und Esprit ab. Zu empfehlen in OmU; die „deutsche Fassung“ legt deutsche Stimmen über den Originalton.

GB 2018, 84 Min., Camera Zwo (Sb); Regie und Buch: Roger Michell; Kamera: Eben Bolter.

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