Happy End wie aus Hollywood Wie ein Saarbrücker Lehrer einer jungen Kanadierin das Leben rettete
Saarbrücken · Mit einer Stammzellenspende hat Alexander Türk, Lehrer am TGBBZ, das Leben einer jungen Kanadierin gerettet. Jetzt war Mackenzie Curran zu Gast in Saarbrücken. Die rührende Geschichte der jungen Frau und ihrem Spender vom anderen Ende der Welt.
Die Aula des Technisch-Gewerblichen Berufsbildungszentrums (TGBBZ) auf dem Mügelsberg ist festlich geschmückt. Schüler, Lehrer und Vertreter der Stadt sind für einen ganz besonderen Anlass zusammengekommen. „Wir feiern das Leben von zwei Menschen“, verkündet Moderator Klaus Dittrich. „Eine Geschichte, die in Hollywood hätte geschrieben werden können.“ Und wie viele Hollywood-Geschichten endet auch diese mit einem Happy End.
Sechs Jahre nach seiner Spende bekommt Alexander Türk plötzlich Post
Doch zunächst beginnt sie eher unspektakulär im Jahr 2007. Da erfährt der damals 17-jährige Alexander Türk während seines Engagements bei der Freiwilligen Feuerwehr von einer Registrierungsaktion der DKMS (Deutsche Knochenmarkspenderdatei). Ohne lange zu zögern macht er mit und lässt sich als möglicher Spender in die Datenbank aufnehmen. 2013 bekommt er dann plötzlich Post. Eine an Blutkrebs erkrankte Person käme als Empfänger seiner Stammzellen in Frage, erfährt er. Eine Nachricht, die dem damaligen Studenten zuerst den Boden unter den Füßen weggezogen hat, erinnert sich Türk. Aber genau aus diesem Grund hatte er sich ja ursprünglich registrieren lassen. Jetzt einen Rückzieher machen, das wollte er nicht.
Eine Untersuchung beim Hausarzt bestätigte die Blutwerte noch einmal und wenige Wochen später ging es für ihn nach Köln in eine Entnahmeklinik. Die Stammzellen wurden dann direkt weitertransportiert, aber wohin, das wusste Türk zunächst nicht. Denn bei Stammzellenspenden gilt eine mindestens zweijährige Anonymitätsfrist. Ein Spender erhält keine Daten über den Empfänger und umgekehrt. Die Regularien erlauben allerdings auf Wunsch schon vor Ablauf der Frist eine anonyme Kontaktaufnahme per Brief oder Mail. So startete auch in diesem Fall, einige Monate nach der Stammzellenspende von Alexander Türk, eine anonyme Korrespondenz mit geschwärzten Namen und Adressen.
Diagnose Blutkrebs mit 16 Jahren
Nach Ablauf der zweijährigen Anonymitätsfrist erfuhr Türk dann die ganze Geschichte: Seine Spende hat einem Mädchen aus Kanada das Leben gerettet. Mackenzie Curran war gerade einmal 16 Jahre alt, als sie die Diagnose Blutkrebs erhielt. Von einem Tag auf den anderen musste sie ihr gewohntes Leben aufgeben, erinnert sich die heute 26-Jährige. Sie konnte ihrer großen Leidenschaft, dem Sport, nicht mehr nachgehen und litt extrem unter der Chemotherapie. Haarausfall und Probleme mit der Leber dominierten ihren schwierigen Alltag, die Schmerzen waren kaum auszuhalten.
Aber diese schwere Zeit war zum Glück nur von kurzer Dauer, nach der Stammzellenspende verlief die Heilung sehr schnell. Sobald die persönlichen Daten ausgetauscht werden durften, stand auch einem Treffen mit Ihrem Lebensretter nichts mehr im Weg. Alexander Türk wurde von Mackenzies Familie nach Kanada eingeladen. Am Flughafen von Ottawa fand diese erste besondere Begegnung statt und wurde von CTV, einem der größten kanadischen Fernsehsender, in den Hauptnachrichten begleitet.
Spender ist Lehrer am TGBBZ
Ziemlich genau zehn Jahre nach der Stammzellentransplantation ist Mackenzie Curran jetzt zum ersten Mal nach Deutschland und hier nach Saarbrücken gekommen. Da Alexander Türk als Lehrer für Physik und Elektrotechnik am TGBBZ arbeitet, beschloss die Schule diesen Besuch aus Kanada zu nutzen, um gemeinsam mit der DKMS über die Stammzellenspende zu informieren und dafür zu werben.
Regionalverbandsdirektor Peter Gillo, der die junge Frau und mitgereiste Angehörige begrüßt, bedankt sich bei Türk und Curran, dass sie durch öffentliche Auftritte wie diesen die Menschen im Herzen treffen und auf das Thema aufmerksam machen, das Gillo aus sehr persönlichen Gründen am Herzen liegt. Ein Familienangehöriger war erkrankt, so erzählt er, aber niemand aus dem näheren Kreis kam als Spender infrage. Die Übereinstimmungswerte von Gillo waren nicht ausreichend, unter normalen Umständen hätte er nicht spenden können. Doch die Lebensperspektive des Erkrankten wurde als so gering eingeschätzt, dass man es dennoch versucht hat. Die Stammzellentransplantation blieb leider ohne Erfolg.
Deswegen ist es wichtig, dass sich möglichst viele registrieren lassen, erklärt Sonja Krohn von der DKMS. „Je mehr Personen in die Datei aufgenommen werden, desto größer ist die Zahl potenzieller Spender.“ Nur wenn die Gewebemerkmale übereinstimmen, kann eine Spende erfolgreich sein. Die Sprecherin des DKMS ist mit einem großen Team aus Köln angereist. Ihre Mission: So viele zweite Lebenschancen wie möglich schenken. „Denn alle 27 Sekunden erkrankt auf der Welt ein Mensch an Blutkrebs“, sagt Krohn. Nur wer eine Probe abgebe, könne auch gefunden werden. In den nächsten Jahren würden über 125 000 mögliche Spender aus der Kartei herausfallen, weil sie die Altersgrenze von 61 Jahren überschreiten. Umso wichtiger ist es für die DKMS, junge Leute zu gewinnen. Um die Schülerinnen und Schüler vollumfänglich aufzuklären, bietet die Organisation die unterschiedlichsten Lehrmaterialien für den Biologie-, Ethik- und Religionsunterricht an.
Türk war Überraschungsgast auf Mackenzies Hochzeit
Schulleiter Wolfgang Klein ist begeistert: „Was für ein toller Club!“ Die Schule unterstützt die Arbeit des DKMS und veranstaltet während der nächsten Wochen eine Registrierungsaktion für die Schüler des TGBBZ. „Die Thematik kann jeden treffen“, sagt er. „Mit relativ wenig Aufwand kann man viel Gutes tun.“
Alexander Türk hat nun endlich auch Gelegenheit, seiner „kanadischen Familie“ die saarländische Heimat zu zeigen. Der Kontakt zu Mackenzie ist in all den Jahren nicht abgerissen. Erst vergangenen Dezember war Türk der Überraschungsgast auf Mackenzies Hochzeit in Florida, wo sie heute lebt und als Krankenschwester arbeitet. „Sie ist mein genetischer Zwilling“, sagt Alexander Türk, „etwas ganz Besonderes.“ Mackenzies Mutter bezeichnet ihn als einen neuen Sohn, den sie zuvor nicht hatte.
Manchmal gibt es eben auch im realen Leben ein Happy End wie aus einem Hollywood-Film.
Mehr Informationen zum Thema Stammzellenspende und wie man sich registrieren kann unter www.dkms.de