Zu Besuch in der Unterwelt

Guadix · Die spanische Ortschaft Guadix am Fuß der Sierra Nevada ist durch ihre surreal anmutenden Wohnhöhlen bekannt geworden.

 2000 Wohnhöhlen gibt es in der verträumten Ortschaft Guadix, die in der Provinz Granada liegt. Foto: Wikinger Reisen

2000 Wohnhöhlen gibt es in der verträumten Ortschaft Guadix, die in der Provinz Granada liegt. Foto: Wikinger Reisen

Foto: Wikinger Reisen

Granada zieht als Mekka für Kulturhungrige ganze Scharen von Touristen an und verzaubert diese mit einem Stadtbild, das maurische Nasridenherrscher und katholische Könige gleichermaßen mit ihrer Baukunst verschönten. Doch so traumhaft wie Granada selbst erweist sich auch seine Provinz. Sie trägt denselben Namen und bündelt in ihren Grenzen unterschiedliche Naturbilder: wintersporttaugliche Gebirge und subtropische Badeplätze am Meer, unwirtliches Ödland und fruchtbare Ebenen, reißende Flüsse und gemütlich dahinströmende Bäche.

Eine Region, gepflastert mit verträumten Dörfern und alten Städtchen, die einen Besuch lohnen. Eines von ihnen ist beispielsweise Guadix, das im Nordosten der Provinz in einer Hochebene liegt, wo Weizenfelder und Steineichenwälder auf karge Mondlandschaften treffen und die Natur bizarre Formationen aus roter Erde schuf.

Der Reiz des Ortes und seiner Umgebung ruft und rief jedoch nicht nur Touristen aus aller Welt auf den Plan, auch Hollywood und andere internationale Filmemacher haben Guadix längst als begehrte Kinokulisse entdeckt. Der vom römischen Kaiser Augustus gegründete Ort bewahrt heute mit seiner Altstadt ein großartiges architektonisches Erbe. Ein Gang durch die gewundenen Gassen des Zentrums beschwört leise Erinnerungen an eine Zeit, als muslimische Händler in den Basaren ihre Waren anpriesen und der Muezzin vom Minarett der Großen Moschee zum Gebet rief.

Mit der Rückeroberung des islamischen Spaniens durch die Christen entstanden prachtvolle Paläste und etliche Kirchen, darunter die stolze Kathedrale, die ab dem 16. Jahrhundert auf den Resten der alten Moschee errichtet wurde und Stilelemente aus Gotik, Renaissance, Manierismus, Barock und Neoklassizismus vereint. Wie an fast jedem Tag sitzen auch heute im Schatten des sandsteingelben Baus ältere Männer schweigend auf einer Mauer, während Ortsfremde die reich verzierte Fassade ins Visier ihrer Kamera nehmen.

Sind alle Altstadtschönheiten gesehen, steht etwas außerhalb eine weitere Besonderheit auf dem Programm: das Barrio de Cuevas, in dem der Mensch bereits vor Hunderten von Jahren einfache Behausungen in den weichen Löß grub. Heute sollen insgesamt 2000 Höhlen in der spanischen Ortschaft existieren, die allesamt bewohnt sind. Gegenüber der Kirche an der Plaza Padre Poveda vermietet María ein schlichtes Höhlenquartier an Touristen aus aller Welt, und direkt nebenan hat das "Centro de Interpretación Cuevas de Guadix" eine ehemalige Höhlenwohnung in ein Museum verwandelt und präsentiert Besuchern diese traditionelle Wohnform.

Ebenfalls in Kirchennähe: der Aufstieg zu einer Aussichtsterrasse, die das gesamte Viertel überblickt. Dabei wird sich so mancher an J. R. R. Tolkiens weltberühmten Roman "Herr der Ringe" erinnert fühlen und erwarten, den Hobbit Bilbo Beutlin aus einer Tür treten zu sehen. Doch anders als das imaginäre Auenland in dem Fantasy-Klassiker zeigt sich das Barrio ungleich rauer.

Vor der Kulisse narbiger Felsgebilde liegen die Wohnhöhlen - mit weiß gekalkten Fassaden und eingezäunten Höfen, während der Rest der Häuser einfach unter der Erde verschwindet. Einzig die Schornsteine ragen wie Pilze aus den spärlich bewachsenen Hügeln und hinterlassen auf Touristen den Eindruck einer fast fremden Welt. Nahezu unbeachtet bleibt da im Hintergrund das Zentrum Guadix', aus dessen Häusermeer sich der Turm der Kathedrale schält und, ganz Ton in Ton, die Mauern der Festung, eines monumentalen Relikts des Mittelalters.

Zum Thema:

Das Höhlenmuseum in Guadix Im Museum "Centro de Interpretación Cuevas" erfahren Besucher von Guadix in der spanischen Provinz Granada Wissenswertes zu den Wohnhöhlen, die charakteristisch für die Ortschaft sind. Dabei lernen Touristen nicht nur einiges über die Geschichte der Höhlen, die bis ins 16. Jahrhundert zurückreicht. Auch die Lebensweise der Bewohner wird beleuchtet. www.spain.info

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