Reise Wo die wilden Trüffel wachsen

Bonvillars · Jedes Jahr pilgern Tausende Besucher nach Bonvillars in der Schweiz, um auf einem traditionellen Markt die Luxus-Pilze zu probieren.

 Auf dem Trüffelmarkt in Bonvillars gibt es nicht nur die kostbaren Pilze zu kaufen, sondern auch alles, was zu diesen passt. Neben Wein ist das beispielsweise das dunkle Landbrot aus dem Jura.

Auf dem Trüffelmarkt in Bonvillars gibt es nicht nur die kostbaren Pilze zu kaufen, sondern auch alles, was zu diesen passt. Neben Wein ist das beispielsweise das dunkle Landbrot aus dem Jura.

Foto: Switzerland Tourism/Jan Geerk

Es regnet am letzten Oktober-Wochenende in Bonvillars. Gut für die Pilze, aber schlecht für den Besuch des alljährlichen Marktes in dem kleinen Dörfchen am Fuße des Schweizer Jura? Weit gefehlt, denn es geht nicht um gewöhnliche Pilze, sondern um den Tuber uncinatum, auch Burgundertrüffel genannt. Da kann es gerne vom Himmel schütten, Tausende Besucher kommen trotzdem, zu verlockend ist das Angebot, Fondue mir frischen Trüffeln oder Trüffelspaghetti in der Sporthalle von Bonvillars zu probieren.

Draußen, im Innenhof eines ehemaligen Gutshofs, sind Stände aufgebaut. Es gibt nicht nur einzelne Trüffel, Trüffelbutter und Trüffelöl zu kaufen, sondern auch alles, was dazu passt: Wein aus der Region des Jura und duftendes, dunkles Landbrot, aber auch Seifen, Cremes und Würste.

Beliebt bei den Marktbesuchern sind auch Setzlinge von Eichen, Nussbäumen und Kastanien, deren Wurzeln mit Trüffelsporen belegt wurden. So keimt bei manchem Käufer die Hoffnung, man könne in 20 Jahren mal selbst eine krumme braune Knolle aus der Erde hervorholen. Aber Trüffel sind launische Gesellen, sie wollen nicht mit jeder Baumwurzel ein Verhältnis anfangen und sich dort ansiedeln. Ein Grund, warum sie so teuer sind, denn einer systematischen Züchtung, wie etwa bei Champignons, verweigern sie sich.

Eine Gruppe Männer in schwarzen Kutten und mit schwarzen Hüten fallen auf. Sie haben keine Trüffel dabei, denn noch sind sie nicht reif: „Wir kommen aus dem Département Drome“ , sagt eine junge Dame, die die Männerriege aus der Provence verstärkt, auch sie ganz in Schwarz, der Regen tropft von ihrem Filzhut.

Sie wirbt für einen Besuch auf ihrer Trüffelfarm bei Grignan im November oder Dezember: „Wir haben eine andere Sorte“, erklärt sie, „bei uns ist es der Tuber melanosporum, der schwarze Trüffel.“ Den finde man auf kalkigen, feuchten Böden, „diesen Boden haben die Schweizer im Jura auch, aber es ist nicht warm genug für den schwarzen Trüffel.“ Der wachse eher in der Provence und im Périgord. Hier sei das Problem eher der Regen, den es in diesem Jahr allerdings reichlich gab. „Die Ernte wird nicht schlecht“, betont sie.

Sie schätzt den Burgundertrüffel ebenso wie den schwarzen Trüffel, „der schwarze ist kräftig, der Burgunder ist nussiger und leichter. Es kommt da wirklich aufs Rezept an.“ So könne man den Burgundertrüffel auch zu süßen Nachspeisen essen, den schwarzen Trüffel nicht.

Um die Mittagszeit steigt die Stimmung in Bonvillars. Es riecht streng nach Käse, das Fondue wird zubereitet. Zum Aperitif gibt es weißen Jura-Wein mit dünnen Toastscheiben, die mit Trüffelbutter bestrichen wurden. Es treffen sich Winzer aus der Region, Pilzesucher, Jäger, Köche und Kommunalpolitiker, Erfahrungen werden ausgetauscht, Fundplätze aber niemals verraten.

Eine Musikgruppe spielt auf, es wird lustig und laut, vor der Fondue-Ausgabe bilden sich Schlangen. „Vor zehn Jahren kamen wir auf die Idee, diesen Markt zu gründen“, erzählt Frank Siffert, „wir waren eine Gruppe von Freunden, die hobbymäßig Trüffel suchten. Wir haben dann beschlossen, aus der Heimlichkeit, die immer um die Trüffel herrscht, herauszutreten und die Trüffel öffentlich zu machen. Dazu schien uns die Idee mit dem Markt am besten. Auch, um unsere Region besser zu vermarkten.“

Touristen würden meistens ins Schweizer Hochgebirge fahren, „wir hier im Jura hängen immer etwas hintendran. Wir haben keinen Skizirkus, keine berühmten Gipfel und keine spektakulären Seilbahnen.“ Dafür karstige Felsen, Grotten, eine wunderbare Natur und eben Trüffel. Der Erfolg gab der Freundesgruppe recht. Nach dem Vorbild von Bonvillars gibt es jetzt acht Trüffelmärkte in der Schweiz.

Inzwischen ist das Fondue heiß, die Nudelteller, die großzügig mit geraspelten Trüffelscheiben garniert sind, werden ausgegeben, die Besucher bekommen glänzende Augen. Sogar in einem Pferdewagen kann man im Anhänger auf Bänken sitzen und Fondue essen – eine besonders beliebte Atraktion von Bonvillars.

Und wer möchte, kann zum Abschluss einen Kochkurs bei Mary-Laure Schorderet besuchen. Sie bereitet Bündnerfleischröllchen mit Trüffelsahne zu oder schlägt ein fluffiges Kartoffepüree auf und streut großzügig eine Handvoll Burgundertrüffel hinein. Wie immer beim Kochkurs, ist das anschließende Essen der beste Moment von allen. Noch dazu ist es für alle Markt-Besucher kostenlos. Allein dafür lohnt sich schon der Besuch in Bonvillars. Egal, ob es draußen schüttet.

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