Unterwegs im Kohlebagger-Land

Rund 120 Millionen Tonnen Rohbraunkohle förderte der Bergbau im Jahr 1989 in der Lausitz. Heute sind es nur noch 60 Millionen Tonnen jährlich. Dennoch spielt der Bergbau in der Region eine wichtige Rolle.

 Aus nächster Nähe: Im Tagebau Welzow-Süd können Touristen in die Grube einfahren und die schwere Bergbautechnik im Einsatz erleben. Foto: BTV

Aus nächster Nähe: Im Tagebau Welzow-Süd können Touristen in die Grube einfahren und die schwere Bergbautechnik im Einsatz erleben. Foto: BTV

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Wenn von der Niederlausitz die Rede ist, geht es meist um Braunkohlebergbau. Damit assoziiert sind Bilder von zerwühlten Böden, Staub und Rauch. Doch die Region an der Grenze Brandenburgs zu Sachsen zeigt sich heute in einem ganz anderen Licht. Sie bietet viele Möglichkeiten für Wassertourismus, ausgedehnte Radtouren, aber auch praktische Einblicke in die Industrie, die den Landstrich nachhaltig prägte.

Vor rund 150 Jahren begann in der Lausitz der Abbau von Braunkohle. Von der Gegend um Lauchhammer wanderten die Gruben über Senftenberg weiter nach Norden. 1882 wurde "Louise", die erste Brikettfabrik eröffnet. Nach dem Zweiten Weltkrieg folgten weitere Brikettfabriken, Kokereien, das Gaskombinat Schwarze Pumpe. Die Braunkohlewirtschaft wurde zum Rückgrat der Strom- und Gasversorgung der DDR. Immer mehr Kohle wurde gefördert und verarbeitet, ohne Rücksicht auf die enormen Umweltschäden. Rund 120 Millionen Tonnen Rohbraunkohle wurden 1989 in der Lausitz gefördert. Heute sind es nur noch knapp 60 Millionen Tonnen jährlich.

Die stillgelegten Anlagen der Braunkohlewirtschaft wurden abgerissen, Tagebaue und Werksgelände saniert - ein bis heute noch nicht abgeschlossener Vorgang, der mit seinen speziellen Herausforderungen weltweit einzigartig ist. Aus vielen ehemaligen Kohlegruben wurden Seen . Der älteste, der Senftenberger See, entstand schon zu DDR-Zeiten und ist längst ein beliebter Ort für Camper, Wassersportler und Wochenendausflügler.

Direkt am See liegt Senftenberg, jahrzehntelang Sitz der Bergwerksverwaltung. Im Senftenberger Ortsteil Brieske kann die Gartenstadt "Marga" bewundert werden. "Marga" ist ein Beleg dafür, wie der Braunkohlebergbau auch in den Siedlungsstrukturen der Niederlausitz Spuren hinterlassen hat.

Nach Entwürfen des Dresdener Architekten Georg Heinsius von Mayenburg wurde die kreisrund angelegte Siedlung 1907 bis 1915 errichtet. Im Auftrag der damaligen Ilse Bergbau AG wurden die 78 Gebäude, darunter eine Kirche und eine Schule, als damals sehr fortschrittliche Siedlung für Bergarbeiter gebaut.

Zu DDR-Zeiten hinterließ der Braunkohlebergbau in der Lausitz weniger denkmalwürdige Bauwerke. Um die Arbeitskräfte für die stark expandierende Braunkohlewirtschaft unterzubringen, entstanden am Rande einiger Städte ganze Siedlungen mit Neubaublöcken. Das markanteste Beispiel war die Neustadt im sächsischen Hoyerswerda, die inzwischen zum Teil wieder abgerissen wurde. Doch das Reizvollste für Besucher der ostdeutschen Kohleregion ist die Fahrt in einen Tagebau hinein, bis an das Kohleflöz heran. Diese Möglichkeit bietet der Bergbautourismus-Verein Stadt Welzow e.V., der sein Besucherzentrum "Excursio" im ehemaligen Bahnhof des Städtchens am Rande des Tagebaus Welzow-Süd aufgeschlagen hat.

Mit einem Mannschaftstransportwagen, wie er die Bergleute an ihren Arbeitsplatz bringt, fahren die Excursio-Besucher in die Grube bis an die Förderbrücke heran. "Da kann man eine Dimension von Technik sehen, die es sonst kaum noch gibt", sagt Siegfried Laumen, geschäftsführender Vorstand des Vereins. Sachkundige Begleiter erläutern den Gästen die Technik und Logistik der Kohlegewinnung .

Die Touren werden, so Laumen, in verschiedenen Varianten und Längen angeboten. Da gibt es Abstecher zu rekultivierten Flächen, zu Tagebauseen, zu einem Kraftwerk oder zum Weinberg auf dem rekultivierten Wolkenberg samt Weinprobe. Wann welche Touren angeboten werden, steht auf der Internetseite des Vereins. Doch auch wer spontan kommt, muss nicht unverrichteter Dinge wieder abfahren. "Wie haben einen Jeep für bis zu sieben Personen, der ist in einer halben Stunde samt Gästeführer startklar", erläutert Siegfried Laumen. Unabhängig vom Excursio-Angebot gibt es in der Lausitz verschiedene Industriemuseen, wie die Brikettfabrik im sächsischen Knappenrode, die Brikettfabrik "Louise" bei Tröbitz und das Besucherbergwerk F 60, "liegender Eiffelturm" genannt.

Wer auch bei der Übernachtung dicht am Thema bleiben will, der kann im See-Hotel Großräschen einchecken. Das Vier-Sterne-Haus liegt direkt am Ufer des entstehenden Ilse-Sees, auch das eine Braunkohlegrube, die sich gerade mit Wasser füllt. Das 2007 sanierte Gebäude wurde 1920 als Ledigenwohnheim für Angestellte der Ilse Bergbau AG errichtet, der Bergbaugesellschaft, die auch die Gartenstadt "Marga" errichten ließ.

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