Mandelernte auf Mallorca

Inca · Die Blüten der Mandelbäume auf Mallorca sind eine Touristenattraktion. Die Erntezeit im Herbst stößt hingegen auf weniger Interesse. Zu Unrecht, denn neben den frischen Mandeln bietet die Insel in dieser Zeit noch bestes Urlaubswetter.

 Pere Coll (rechts) und Unai Gallardo ernten mit Hilfe von Metallstäben Mandeln. Foto: Sobik

Pere Coll (rechts) und Unai Gallardo ernten mit Hilfe von Metallstäben Mandeln. Foto: Sobik

Foto: Sobik

Es sind nicht mehr die Farben, um die es nun geht. Dieses strahlende Weiß, dieses zarte Rosa. Es ist nun der Geschmack. Und ein bisschen ist es auch das Erlebnis, beim Ernten zuzuschauen. Die Blüten aus Januar und Februar sind längst Vergangenheit - diese Vorboten jedes Frühlings, die die Wanderer in die Mandelhaine locken und auf Fotos Synonym für das milde Klima Mallorcas stehen. Dieselben Bäume sind nun dünn belaubt, etliche Blätter zur Erntezeit, die von September bis weit in den November hineinreicht, schon abgefallen. Überall bis in die Krone hinauf hängen die hellbraunen Schalenfrüchte, deren weichere, äußere Hülle nun meist schon aufgeplatzt ist und den Blick auf die härtere, hellbraune Schale freigegeben hat. Auf Mallorca ist das Wetter im November kaum anders als im Januar und Februar. Es gibt viele schöne und warme Tage, keine große Hitze mehr. Aber es ist immer noch Wanderwetter, Draußensitzwetter, sogar Liegestuhlwetter.

Und es ist die Zeit, zu der Pere Coll und Unai Gallardo den Kopf weit in den Nacken legen und mit langen Metallstangen jonglieren, um mit genau dem richtigen Kraftaufwand an wiederum genau der richtigen Stelle anzusetzen. Sie schlagen damit gegen die Bäume , stochern zwischen den Ästen herum und versuchen, die Früchte vom Zweig zu stoßen. Es ist Mandelernte auf dem Gut Biniagual bei Inca östlich der Ausläufer des Tramuntana-Gebirges - und überall sonst auf Mallorca.

Etwa 750 000 Mandelbäume gibt es Schätzungen zufolge auf der Insel - vor allem im Südosten und in der Mitte. Vor einem Vierteljahrhundert waren es noch doppelt so viele. Viele Jahre lang lohnte es sich nicht mal mehr, die Mandeln zu ernten: Zu tief war der Preis auf dem Weltmarkt in den Keller gefallen - vor allem angesichts eines gewaltigen Überangebotes aus Kalifornien. Nur EU-Subventionen hielten die mallorquinischen Mandelbauern in den schlimmsten Jahren am Leben. Und der Anbau anderer Erzeugnisse.

Pere Coll und Unai Gallardo ernten seit Jahren schon auf eigene Rechnung. Die Gutsbesitzer von Biniagual, nicht weit entfernt vom Städtchen Binissalem, verdienen ihr Geld mit Wein und Oliven und verschenken die Mandeln an die Mitarbeiter: Wer mag, darf von den Bäumen ernten, so viel er will, und kann danach selbst entscheiden, ob er es für den Privatgebrauch tut oder die Ausbeute weiterverkaufen will. "Uns geht es darum, die Bäume zu erhalten, das Landschaftsbild und die Kultur der Insel zu bewahren", erzählt Gutsverwalterin Charlotte Miller.

Pere Coll hat die Haut eines Mannes, der sein Berufsleben in der Sonne verbracht hat. Er hat die großen, rauen Hände eines Menschen, der viel auf den Feldern gearbeitet hat. Diesen Herbsttag greift er damit auf das Netz, das rund um den größten Mandelbaum ausgebreitet ist. Er formt die Handflächen zu einer Schüssel und füllt sie mit Mandeln. Und er strahlt dabei: "Weißt du", sagt er, "es ist nicht nur so, dass ich sie gerne esse, für mich stehen sie für das ganze Leben. Sie stehen für Mallorca. So wie jetzt habe ich sie seit der Kindheit aufgesammelt."

Wenn er nur einen Baum pflanzen dürfte, was wäre das für einer? Wieder lacht er: "Die Frage ist zu schwierig. Wahrscheinlich einen Mandelbaum. Vielleicht aber auch einen Olivenbaum. Oder einen Granatapfelbaum." Alle drei gedeihen in Mallorcas Klima prächtig, alle drei gehören hierher. Als Lieblingsfotomotiv in die Urlauber-Alben, aber auch in die Prospekte und in die Reisekataloge und hat es nur die Mandel geschafft - nie zur Ernte-, immer zur Blütezeit.

Tatsächlich spielt die derzeitige Dürre in Kalifornien den mallorquinischen Bauern inzwischen in die Hände. Die Sache fängt an, sich wieder zu rechnen. Auf Biniagual aber ändert sich nichts: Die Mandeln "gehören" den Mitarbeitern. Ihre Mütter backen Kuchen damit, fabrizieren zuhause eigenes Marzipan und eine Mandelmasse, die traditionell zwischen zwei Oblaten gestrichen wird und als "Neules de Mallorca" eine Adventsspezialität ist. An manchen Wochenenden stellen sie sich auf die Märkte und verkaufen die Früchte. Wer sie ihnen abnimmt? Oft sind es Urlauber . "Weil kaum etwas besser schmeckt als frische handgepflückte Mandeln. Und weil die mallorquinischen die besten der Welt sind", meint Pere. Und knackt sich schnell mit dem Hammer auf einem Stein noch eine. Wo sie am besten schmecken? "Hier. Gleich auf dem Feld. Und in der Küche meiner Mutter."

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Auf einen BlickMallorca ist die größte Insel der Balearen, einer Inselgruppe, die eine autonome Gemeinschaft innerhalb Spaniens bildet. Seit den 1960er boomt der Tourismus auf Mallorca. Die Hauptstadt Palma de Mallorca wird von vielen deutschen Städten aus angeflogen. redmallorca-erleben.info

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