Reise durch Böhmen Mit dem Zug entlang der Elbe

Spindlermühle · Von der deutsch-tschechischen Grenze bis zur Quelle: Bei der Bahn-Reise durch Böhmen ist der Fluss ständiger Begleiter.

 Bei Pardubice gibt es malerische Elb-Landschaft zu sehen. Im Hintergrund liegt die Burg Kuneticka Hora.

Bei Pardubice gibt es malerische Elb-Landschaft zu sehen. Im Hintergrund liegt die Burg Kuneticka Hora.

Foto: Gerrit Dauelsberg

Das Ende dieser Reise ist zugleich ein Anfang. Es ist der Anfang der Elbe, die hoch oben im Riesengebirge entspringt. Eine Wanderung vom Ort Spindlermühle aus (tschechisch: Spindleruv Mlyn) führt durch dieses riesige Naturschutzgebiet, das sich über zwei Länder – Tschechien und Polen – erstreckt, bis zur Elbquelle. Hier symbolisiert ein steinernes Wasserbecken den Ursprung des fast 1100 Kilometer langen Flusses. Die echte Quelle, verrät Fremdenführer Radek Drhaný, liegt noch etwa 100 Meter entfernt – unterirdisch, nicht sichtbar. Am symbolischen Ursprung sind an einer Steinmauer die Wappen von 28 Städten zu sehen, durch die die Elbe auf ihrem Weg zur Nordsee fließen wird: von Spindlermühle bis Cuxhaven.

Eine Bahnreise durch Böhmen lohnt sich. Wer sich auf dieses Abenteuer einlassen und dabei dem Fluss folgen möchte, sollte allerdings wissen, dass das mit einigen Umstiegen verbunden ist – und entsprechendem logistischen Aufwand. Etwas unkomplizierter ist eine Kombination aus Bahn und Fahrrad. Dessen Mitnahme ist in fast allen tschechischen Zügen gegen geringen Aufpreis möglich. So können einige Abschnitte der Reise über den inzwischen auch in Tschechien immer besser ausgebauten Elberadweg durch malerische Landschaften zurückgelegt werden.

Sehenswert ist auch das Panorama, das sich auf der ersten Etappe der Reise bietet. Mit dem Schnellzug geht es von Dresden aus direkt entlang der Elbe über die deutsch-tschechische Grenze. Der Zug fährt bis nach Prag und hat in deutschen Medien als „Knödel­express“ bereits eine gewisse Berühmtheit erlangt. Der Grund ist der Speisewagen, in dem es gezapftes Bier und frisch zubereitete Speisen – serviert auf weißen Tischdecken – gibt.

Nach dem Essen heißt es zum ersten Mal umsteigen in einen Regionalzug. Denn es geht nicht nach Prag, sondern ins etwa 50 Kilometer entfernte Melnik. Rund um die 20 000-Einwohner-Stadt befindet sich das größte Weinbaugebiet Böhmens. Und im Herzen der Altstadt thront hoch über dem Zusammenfluss von Moldau und Elbe das Schloss Melnik. Bei der Besichtigung erfährt man einiges über die Familiengeschichte der Schlossbesitzer, das Adelsgeschlecht Lobkowicz, welche eng mit der Geschichte Tschechiens verknüpft ist. Im Keller des Schlosses sind Weinproben möglich.

Die nächste Station ist Podebrady. Der Kurort mit gut 14 000 Einwohnern am rechten Ufer der Elbe – ungefähr 50 Kilometer östlich von Prag – ist für sein heilendes Mineralwasser bekannt. Patienten aus ganz Europa – vor allem mit Herz- und Kreislaufkrankheiten – werden hier behandelt. Kurhäuser mit Heilbädern und Hotels erstrecken sich entlang des Kurparks im Herzen der Stadt. Inmitten der ansehnlichen Grünanlage kann man das heilende Trinkwasser direkt aus der Quelle tief im Erdboden zapfen. Der Geschmack ist allerdings gewöhnungsbedürftig. Sehenswert ist auch das Schloss Podebrady am Flussufer.

Naturgemäß geht es in Pardubice deutlich lebhafter zu als im stillen Kurort Podebrady. Die Hochburg der tschechischen Chemie-Industrie ist zugleich Universitätsstadt. Mehr als 10 000 junge Menschen studieren hier in Pardubice – was zu einem recht ausgeprägten Nachtleben beiträgt. Aus touristischer Sicht entpuppt sich die 90 000-Einwohner-Stadt als echter Geheimtipp. Wassersportler – etwa Kanuten oder Ruderer – kommen an der Einmündung der Chrudimka in die Elbe ebenso auf ihre Kosten wie Radfahrer. In der durchweg flachen Gegend bietet sich zum Beispiel eine Radtour zur Burg Kuneticka Hora an. Der kurze Schlussanstieg dorthin ist durchaus lohnenswert. Denn vom Berg aus hat man einen schönen Ausblick auf die Elb-Landschaft rund um Pardubice.

Gerade mit Kindern bietet sich auf dieser Tour auch ein Ausflug ins „Lebkuchen-Königreich“ (Kralovstvi perniku) ganz in der Nähe der Burg an – auch wenn dieser Besuch für Erwachsene etwas skurril anmutet. Für einen Einlass ins Reich der Lebkuchen, für die Pardubice berühmt ist, benötigen Besucher erst einmal ein Visum. Sind die Einreisemodalitäten erledigt, wird beim Rundgang durch das Lebkuchenmuseum eine alternative Version des Märchens von Hänsel und Gretel aufgetischt: Nicht die Hexe war böse, erklärt ein Reiseführer, sondern die Kinder, die das Knusperhäuschen ohne Erlaubnis betreten hätten. Überhaupt, wer Lebkuchen backe, könne gar nicht böse sein. Denn der werde mit Liebe hergestellt. Nach vorheriger Anmeldung können im „Königreich“ in Workshops auch selbst Lebkuchen hergestellt werden.

Pardubice ist auch für den Pferdesport berühmt. Die alljährliche Steeplechase von Pardubice (Velka Pardubicka) gilt als eines der härtesten Hindernisrennen der Welt und wird schon seit 1874 immer am zweiten Sonntag im Oktober ausgetragen. Der Name geht auf frühere Formen des Rennens zurück, bei denen sich die Reiter an markanten Ortspunkten, etwa den „steeples“ (Kirchtürmen) orientierten.

Sehenswert ist auch die Altstadt. Wichtigste Attraktion ist das im Renaissancestil gebaute Schloss, das sich an das historische Stadtzentrum anschließt. Dessen Mittelpunkt ist der Pernsteinplatz, umringt von reich verzierten Häuserfassaden. Vom angrenzenden, etwa 60 Meter hohen Grünen Tor aus – ein Turm aus der Frührenaissance – hat man einen guten Blick auf den historischen Platz mit seiner Mariensäule im Zentrum.

Die letzte Etappe der Reise führt dann also ins Riesengebirge. Für Wanderer gibt es hier ideale Bedingungen: Insgesamt erstreckt sich das Netz aus Wanderwegen im länderübergreifenden Nationalpark über 600 Kilometer. Zu beachten ist allerdings das wechselhafte Wetter und die Durchschnittstemperaturen von nur knapp über null Grad. Aufgrund dieser klimatischen Bedingungen gilt das Riesengebirge als „niedrigstes Hochgebirge Europas“. Obwohl es – anders als der Name vermuten lässt – seinen höchsten Punkt auf der Schneekoppe mit nur 1602 Metern hat.

Die Wanderung führt durch Wälder und über Wiesen, vorbei an kleinen und großen Wasserfällen und über einen kleinen, dahinplätschernden Bach. „Labe“ steht auf einem Schild geschrieben – tschechisch für Elbe. Die Quelle ist nicht mehr weit.

 Radek Drhaný vom Nationalpark Riesengebirge an der symbolischen Quelle der Elbe.

Radek Drhaný vom Nationalpark Riesengebirge an der symbolischen Quelle der Elbe.

Foto: Gerrit Dauelsberg
 Bei unserer Reise durch Tschechien waren wir ausschließlich mit dem Zug unterwegs – zumeist mit Regionalbahnen wie dieser.

Bei unserer Reise durch Tschechien waren wir ausschließlich mit dem Zug unterwegs – zumeist mit Regionalbahnen wie dieser.

Foto: Gerrit Dauelsberg
 Pardubice in Tschechien

Pardubice in Tschechien

Foto: SZ/Müller, Astrid
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