Kreuzfahrt mit einer Königin der Meere

Irgendwo im östlichen Mittelmeer . In Gedanken versunken schaut sie in Richtung des Klavierspielers, als der Kellner mit einer Kanne vor ihr auftaucht. Die Dame blickt auf, verzieht ihren faltigen Mund zu einem dünnen roten Strich und nickt ihm zu, so dass ihre goldenen, spritzgebäckförmigen Kringel an den schlaffen Ohrläppchen leicht nach vorne wippen. Mit einem weißen Handschuh lässt der Frackträger die Tasse auf sein Silbertablett schweben, gießt dampfenden Tee hinein und stellt sie zurück auf den Tisch. Es ist ein Tischlein-deck-dich-Spiel im großen Ballsaal, in dem ein Kronleuchter wie eine gigantisch glitzernde Torte kopfüber von der Decke hängt: Kellner kommen, füllen auf, verschwinden geräuschlos. Jeden Nachmittag um halb vier treffen sich hier im Art-déco-Ballsaal des Kreuzfahrtsschiffes Queen Elizabeth Damen und Herren zum Tee in gepflegter Atmosphäre, ganz so, als säße die Königin am Nebentisch. Serviert werden Brot- und Kuchenhäppchen sowie Scones, eine Gebäckspezialität mit Rahm und Erdbeermarmelade. Besonders bei Briten ist Letzteres beliebt, sind sie an Bord doch auch mit etwa 1200 Personen die am stärksten vertretene Gästegruppe. 139 Menschen aus Deutschland befinden sich an Bord des schwimmenden Luxushotels in dieser einen Woche. Nicht alle verstehen die Lautsprecherdurchsagen des Kapitäns, denn sie sind stets auf Englisch. Auch die Rezeptionisten und Kellner sprechen kein Deutsch. Doch zum ersten Mal ist auf dieser Kreuzfahrt von Athen nach Rom eine deutschsprachige Hostess mit an Bord. Helena Doempke stammt aus Belgien und übersetzt wichtige Informationen ins Deutsche. Routenänderungen teilt sie über die Lautsprecher mit, Ausflugstipps, ein deutsches Nachrichtenblatt und das tägliche Programm liegen abends auf den Zimmern. Darin steht etwa: "Kleidervorschlag für den Abend: Formell. Für den Herren Smoking oder dunkler Anzug mit Krawatte oder Fliege. Für die Dame ein Abendkleid." Eine Aufforderung war nur in der deutschen Variante zu lesen: "Deckstühle können nicht reserviert werden. " Sollte auf dem Schiff einmal etwas nicht zur Zufriedenheit der deutschen Gäste sein, dann ist Doempke zur Stelle. Beschwerden sind ihr Tagesgeschäft, sagt sie: "Deutsche beschweren sich vor allem über das Essen, den Service oder darüber, dass die Durchsagen auf Englisch sind." Dabei gibt es an Bord unveränderliche Regeln: Auf dem britischen Schiff ist Englisch die Bordsprache. An Abenden gilt es, die Kleiderordnung einzuhalten. Das bedeutet: keine Jeans oder kurze Hosen beim Abendessen im Restaurant; an manchen Abenden ist formelle Kleidung gewünscht. Auf dem Kreuzfahrtschiff wird pauschal ein Trinkgeld pro Tag von der Kreditkarte abgebucht. Das gefällt nicht jedem Gast. Doempke ist daher 24 Stunden erreichbar, schaltet ihr Handy nie ab. Bei medizinischen Notfällen stehe sie auch nachts auf, sagt sie. Eine Gruppe deutscher Gäste aus Nürnberg hat sich um Reisebüroleiter Kurt Krieg versammelt. Der erfahrene Kreuzfahrer führt seine Kunden an Ausflugstagen durch die Städte. Viele von ihnen sind alleinreisend und fühlen sich wohl in deutscher Gesellschaft. Kurt Krieg weiß um die Gesinnung der Deutschen: "Sie gleichen Unerfahrenheit oft mit Distanziertheit anderen gegenüber aus." Sind Briten allzeit für ein Schwätzchen am Frühstücksbüffet bereit, üben sich Deutsche in Zurückhaltung. Doch unerfahren sind nicht alle in dieser Gruppe. Inge Schön zum Beispiel. "Ich liebe es auf Schiffen zu reisen." Es sei so bequem von einem Ort zum nächsten gefahren zu werden. "Und die Queen Elizabeth hat Stil. Es ist, als würde man in ein gutes Lokal gehen." Die 77-Jährige hat sich extra für die Reise einen langen Rock und zwei Oberteile machen lassen. Die könne sie zuhause auch noch zu einer Gala oder im Opernhaus tragen. Doch zum bei Briten beliebten, allnachmittäglichen Tee verschlägt es die Damen der deutschen Gruppe eher selten, "nur wenn ich Langeweile habe", sagt Angelika Ziegler. Die 66-Jährige aus Nürnberg ist mehr an Hafenstopps interessiert, als an den Beschäftigungen an Bord, mit Ausnahme der Theatervorstellungen - auch auf Englisch - und den Bällen. Dann tanze sie auch mal mit einem der "Gentleman Hosts", in der Regel ledige Herren, die im Auftrag der Reederei Frauen zum Tanz auffordern. "Alle Veranstaltungen mitzunehmen, das artet in Stress aus", sagt Angelika Ziegler. Tatsächlich scheint niemand der 2000 Gäste jemals Däumchen drehen zu müssen. Auf der Queen Elizabeth lernen Gäste fechten, malen Wasserfarbenbilder, tanzen Bauchtanz und Line Dance, lassen sich im Spa-Bereich eine kostenlose Analyse ihres Fußabdrucks anfertigen, treffen sich mit Gleichgesinnten wie Alleinreisenden oder Anonymen Alkoholikern, schwitzen im Fitnessstudio oder in der Sauna, die durch ein bodentiefes Fenster dem Ausblick aufs Meer freie Fahrt gewährt. Oder Gäste sammeln Stempel bei den unzähligen Rätsel- und Sportaktivitäten - je mehr desto reicher beschenkt das Schiffspersonal die Spieler mit kleinen Präsenten am Ende der Reise. Diane und Brian aus Wales gehören zu den "usual suspects", wie sie sagen, den üblichen Verdächtigen, die immer wieder bei Spielen anzutreffen sind. Sich am Pool zu sonnen, kommt für sie nicht infrage. Stattdessen vergnügen sie sich mit britischen Spielen, die auf das Deck aufgezeichnet sind: Deck Quoits etwa, ein Wurfspiel mit einem Ring oder Shuffleboard, bei dem Teilnehmer Scheiben auf Felder mit unterschiedlicher Punktzahl schieben müssen. Die sportliche Kleidung muss das Ehepaar zum Abendessen jedoch ablegen. Nach feiner englischer Art kehren sie dann ins Restaurant ein; in ihrem besten Zwirn lassen sie sich den Stuhl beischieben und die Stoffserviette auf ihrem Schoß ausbreiten, bevor sie Wein ordern und ihr Vier-Gänge-Menü wählen. Am 11. Oktober 2010 wurde die Queen Elizabeth in Southhampton getauft. Grün sind die Teppiche auf der Steuerbordseite (rechts), rot auf der Backbordseite. 50 Prozent des an Bord verwendeten Wassers ist auf dem Schiff gefiltertes Meerwasser. 563 Meter misst eine Umrundung auf dem Jogging-Deck. Ein halbes Kilogramm Kaviar verspeisen die Gäste täglich. 1800 Gerichte in 45 Minuten servieren etwa 50 Kellner im Hauptrestaurant Britannia. 6000 Bücher in verschiedenen Sprachen, darunter auch in Japanisch, bietet die Bücherei. 100 000 Dollar hat die Schiffscasino-Uhr gekostet. Sie wird von der gleichen Firma gewartet, wie die Uhr des Londoner Big Ben. In drei verschiedenen Mensen (,die sich auch in der Qualität unterscheiden,) speisen die an Bord Beschäftigten: eine für die Offiziere, eine für "Staff" (Musiker, Rezeptionisten) und eine für "Crew" Zimmerpersonal, Kellner, Küchenhelfer). 23 Kubikmeter Essenreste werden in einer Woche zerkleinert ins Meer geleitet.

Irgendwo im östlichen Mittelmeer . In Gedanken versunken schaut sie in Richtung des Klavierspielers, als der Kellner mit einer Kanne vor ihr auftaucht. Die Dame blickt auf, verzieht ihren faltigen Mund zu einem dünnen roten Strich und nickt ihm zu, so dass ihre goldenen, spritzgebäckförmigen Kringel an den schlaffen Ohrläppchen leicht nach vorne wippen. Mit einem weißen Handschuh lässt der Frackträger die Tasse auf sein Silbertablett schweben, gießt dampfenden Tee hinein und stellt sie zurück auf den Tisch. Es ist ein Tischlein-deck-dich-Spiel im großen Ballsaal, in dem ein Kronleuchter wie eine gigantisch glitzernde Torte kopfüber von der Decke hängt: Kellner kommen, füllen auf, verschwinden geräuschlos.

Jeden Nachmittag um halb vier treffen sich hier im Art-déco-Ballsaal des Kreuzfahrtsschiffes Queen Elizabeth Damen und Herren zum Tee in gepflegter Atmosphäre, ganz so, als säße die Königin am Nebentisch. Serviert werden Brot- und Kuchenhäppchen sowie Scones, eine Gebäckspezialität mit Rahm und Erdbeermarmelade. Besonders bei Briten ist Letzteres beliebt, sind sie an Bord doch auch mit etwa 1200 Personen die am stärksten vertretene Gästegruppe.

139 Menschen aus Deutschland befinden sich an Bord des schwimmenden Luxushotels in dieser einen Woche. Nicht alle verstehen die Lautsprecherdurchsagen des Kapitäns, denn sie sind stets auf Englisch. Auch die Rezeptionisten und Kellner sprechen kein Deutsch. Doch zum ersten Mal ist auf dieser Kreuzfahrt von Athen nach Rom eine deutschsprachige Hostess mit an Bord. Helena Doempke stammt aus Belgien und übersetzt wichtige Informationen ins Deutsche. Routenänderungen teilt sie über die Lautsprecher mit, Ausflugstipps, ein deutsches Nachrichtenblatt und das tägliche Programm liegen abends auf den Zimmern. Darin steht etwa: "Kleidervorschlag für den Abend: Formell. Für den Herren Smoking oder dunkler Anzug mit Krawatte oder Fliege. Für die Dame ein Abendkleid." Eine Aufforderung war nur in der deutschen Variante zu lesen: "Deckstühle können nicht reserviert werden. "

Sollte auf dem Schiff einmal etwas nicht zur Zufriedenheit der deutschen Gäste sein, dann ist Doempke zur Stelle. Beschwerden sind ihr Tagesgeschäft, sagt sie: "Deutsche beschweren sich vor allem über das Essen, den Service oder darüber, dass die Durchsagen auf Englisch sind." Dabei gibt es an Bord unveränderliche Regeln: Auf dem britischen Schiff ist Englisch die Bordsprache. An Abenden gilt es, die Kleiderordnung einzuhalten. Das bedeutet: keine Jeans oder kurze Hosen beim Abendessen im Restaurant; an manchen Abenden ist formelle Kleidung gewünscht. Auf dem Kreuzfahrtschiff wird pauschal ein Trinkgeld pro Tag von der Kreditkarte abgebucht. Das gefällt nicht jedem Gast. Doempke ist daher 24 Stunden erreichbar, schaltet ihr Handy nie ab. Bei medizinischen Notfällen stehe sie auch nachts auf, sagt sie.

Eine Gruppe deutscher Gäste aus Nürnberg hat sich um Reisebüroleiter Kurt Krieg versammelt. Der erfahrene Kreuzfahrer führt seine Kunden an Ausflugstagen durch die Städte. Viele von ihnen sind alleinreisend und fühlen sich wohl in deutscher Gesellschaft. Kurt Krieg weiß um die Gesinnung der Deutschen: "Sie gleichen Unerfahrenheit oft mit Distanziertheit anderen gegenüber aus." Sind Briten allzeit für ein Schwätzchen am Frühstücksbüffet bereit, üben sich Deutsche in Zurückhaltung. Doch unerfahren sind nicht alle in dieser Gruppe. Inge Schön zum Beispiel. "Ich liebe es auf Schiffen zu reisen." Es sei so bequem von einem Ort zum nächsten gefahren zu werden. "Und die Queen Elizabeth hat Stil. Es ist, als würde man in ein gutes Lokal gehen." Die 77-Jährige hat sich extra für die Reise einen langen Rock und zwei Oberteile machen lassen. Die könne sie zuhause auch noch zu einer Gala oder im Opernhaus tragen. Doch zum bei Briten beliebten, allnachmittäglichen Tee verschlägt es die Damen der deutschen Gruppe eher selten, "nur wenn ich Langeweile habe", sagt Angelika Ziegler. Die 66-Jährige aus Nürnberg ist mehr an Hafenstopps interessiert, als an den Beschäftigungen an Bord, mit Ausnahme der Theatervorstellungen - auch auf Englisch - und den Bällen. Dann tanze sie auch mal mit einem der "Gentleman Hosts", in der Regel ledige Herren, die im Auftrag der Reederei Frauen zum Tanz auffordern.

"Alle Veranstaltungen mitzunehmen, das artet in Stress aus", sagt Angelika Ziegler. Tatsächlich scheint niemand der 2000 Gäste jemals Däumchen drehen zu müssen. Auf der Queen Elizabeth lernen Gäste fechten, malen Wasserfarbenbilder, tanzen Bauchtanz und Line Dance, lassen sich im Spa-Bereich eine kostenlose Analyse ihres Fußabdrucks anfertigen, treffen sich mit Gleichgesinnten wie Alleinreisenden oder Anonymen Alkoholikern, schwitzen im Fitnessstudio oder in der Sauna, die durch ein bodentiefes Fenster dem Ausblick aufs Meer freie Fahrt gewährt. Oder Gäste sammeln Stempel bei den unzähligen Rätsel- und Sportaktivitäten - je mehr desto reicher beschenkt das Schiffspersonal die Spieler mit kleinen Präsenten am Ende der Reise. Diane und Brian aus Wales gehören zu den "usual suspects", wie sie sagen, den üblichen Verdächtigen, die immer wieder bei Spielen anzutreffen sind. Sich am Pool zu sonnen, kommt für sie nicht infrage. Stattdessen vergnügen sie sich mit britischen Spielen, die auf das Deck aufgezeichnet sind: Deck Quoits etwa, ein Wurfspiel mit einem Ring oder Shuffleboard, bei dem Teilnehmer Scheiben auf Felder mit unterschiedlicher Punktzahl schieben müssen.

Die sportliche Kleidung muss das Ehepaar zum Abendessen jedoch ablegen. Nach feiner englischer Art kehren sie dann ins Restaurant ein; in ihrem besten Zwirn lassen sie sich den Stuhl beischieben und die Stoffserviette auf ihrem Schoß ausbreiten, bevor sie Wein ordern und ihr Vier-Gänge-Menü wählen. Am 11. Oktober 2010 wurde die Queen Elizabeth in Southhampton getauft.

Grün sind die Teppiche auf der Steuerbordseite (rechts), rot auf der Backbordseite.

50 Prozent des an Bord verwendeten Wassers ist auf dem Schiff gefiltertes Meerwasser.

563 Meter misst eine Umrundung auf dem Jogging-Deck.

Ein halbes Kilogramm Kaviar verspeisen die Gäste täglich.

1800 Gerichte in 45 Minuten servieren etwa 50 Kellner im Hauptrestaurant Britannia.

6000 Bücher in verschiedenen Sprachen, darunter auch in Japanisch, bietet die Bücherei.

100 000 Dollar hat die Schiffscasino-Uhr gekostet. Sie wird von der gleichen Firma gewartet, wie die Uhr des Londoner Big Ben.

In drei verschiedenen Mensen (,die sich auch in der Qualität unterscheiden,) speisen die an Bord Beschäftigten: eine für die Offiziere, eine für "Staff" (Musiker, Rezeptionisten) und eine für "Crew" Zimmerpersonal, Kellner, Küchenhelfer).

23 Kubikmeter Essenreste werden in einer Woche zerkleinert ins Meer geleitet.

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HintergrundDas Kreuzfahrtschiff Queen Elizabeth gehört der britischen Reederei Cunard Line. Am 8. Januar 2015 startet das Schiff auf große Weltreise: Ab Hamburg reisen Gäste in 116 Tagen zu mehr als 40 Häfen in vielen Ländern, darunter USA, Bahamas, Hawaii, Australien, China, Vereinigte Emirate, bevor es nach Hamburg zurückgeht. Mindestens 13 500 Euro kostet hier eine Innenkabine mit Doppelbett. Teilstrecken sind möglich. Zwischen Mai und Dezember reist die Queen Elizabeth zu Häfen im Mittelmeer und zu den Kanarischen Inseln. Zwischen Mai und Oktober bietet Cunard auch Fahrten nach Skandinavien und Russland. Am 18. November 2015 bricht das Schiff für 24 Tage in die Karibik auf (ab 3000 Euro). Ein Vorgängerschiff mit dem gleichen Namen verließ bereits 1938 die Werft. 1972 kenterte es jedoch im Hafen von Hongkong nach einem Feuer an Bord.pam

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