Genuss am Fluss, Nervenkitzel am Steilhang

Trier · Betulichkeit war gestern: Das Weinland Mosel mausert sich zu einem „heißen“ Urlaubsziel, so hat das jüngst die „New York Times“ formuliert. Wandern durch Steilhänge, Riesling verkosten, Boot fahren, Burgen besuchen – da ist kein Raum für Langeweile.

 Winzer Wolfgang Wabnitz fährt mit der Monocar-Bahn den Calmont bei Bremm hinauf. Foto: Moselwein e.V./Timo Volz

Winzer Wolfgang Wabnitz fährt mit der Monocar-Bahn den Calmont bei Bremm hinauf. Foto: Moselwein e.V./Timo Volz

Foto: Moselwein e.V./Timo Volz

Wollte die Winzerfamilie Franzen mal so richtig reich werden, nähme sie fünf Euro pro Fahrt zum Calmont hoch. Dann würde sie ihre Weinlese-Transport-Bahn zu einer Hang-Metro hochrüsten - und hätte eine weltweit einzigartige Touristensensation erfunden. Ein Scherz. Nie, niemals würden Jürgen Franzen (65) und sein Neffe Kilian (29), der im Dorf Bremm im Landkreis Cochem-Zell eine chice Vinothek betreibt, das Weinmachen lassen. Warum auch? Gerade hebt die Weinregion Mosel zwischen Serrig und Koblenz so richtig ab. Sogar die "New York Times " setzte sie als einziges deutsches Reiseziel auf die Liste der "heißesten" Urlaubsregionen. Nein, aus Sicherheitsgründen ist eine touristische Nutzung der sogenannten Monorac-Bahnen der Winzer untersagt.

Doch wer Glück hat, kann bei den Franzens mal privat hinten aufsteigen, um die 400 Höhenmeter zur Aussichtsplattform zu überbrücken. Nahezu senkrecht hoch geht's dann im ruckelnden Stahlwägelchen an den Schiefergestein-Hängen entlang - atemberaubendes Achterbahn-Fahren, in Zeitlupe, zwischen Reben und mediterraner Flora. Von hoch oben sieht das Moselschleifen-Idyll im Tal mit der Klosterruine Stuben am Ufer wie eine Puppenstube aus. Der berühmte englische Maler William Turner hat Mosel-Impressionen 1824 aus der Fluss-Perspektive gezeichnet. Er schaukelte damals im Boot an der 2000 Jahre alten Kulturlandschaft vorbei.

Bereits bei den Römern war die Weinanbaufläche so groß wie sie heute ist. Doch Beschaulichkeit war gestern, oder sie stellt sich wieder ein, wenn man die Wege am Fluss nimmt, mit dem Wohnmobil oder mit dem Rad. Dann muten die Burgen in ursprünglicher Landschaft und die nicht selten auch tagsüber menschenleeren altmodischen Dörfer wie eine Szenerie im Dornröschen-Schlaf an.

Abenteuer an der Mosel

Heutzutage lässt es der Tourist freilich gerne prickeln. Der kurvenreiche Moselsteig, ein 365 Kilometer langer Gigant zwischen Perl im Saarland und Koblenz, bietet einige Etappen, die auch Wanderer mit alpinem Ehrgeiz reizen. Und Kajakfahrer suchen die Herausforderung im "wilden" Fluss. Weniger Abenteuerlustigen bieten sich andere Sensationen. Kaffeefahrten und Gesangsvereine, Billig-Kost und Massenwein? Vergessen wir die Klischees. Weingüter wie die von Markus Molitor (Bernkastel-Wehlen) oder Ernst Clüsserath (Trittenheim) genießen einen Ruf wie Donnerhall. In Luxus-Wohnsitzen, die mit Architekturpreisen gekrönt sind, erwarten die Top-Winzer ihre Verkostungs-Kunden. Daneben gibt es viele weniger berühmte, dafür (fast) ebenso gute Winzer, die meist auch Gastronomen und Hoteliers sind, nicht selten in malerischem oder urigem Ambiente.

Der Riesling , der Aristokrat unter den Weißweinen, erlebt derzeit einen Boom, als wollte er zurück in seine goldenen Zeiten. Um 1900 war Traben-Trarbach nach Bordeaux die weltgrößte Weinhandelsmetropole. Nahezu die gesamte Stadt ist unterkellert, die "Traben-Trarbacher Unterwelt" lässt sich bei Führungen erkunden.

Pompös-verspielte Jugendstil-Villen prägen das Uferbild. In einer ist kurioserweise ein "Buddha-Museum" untergebracht. Es imponiert allein durch die Fülle von 2000 Exponaten aus allen Stilen und Epochen, und die Dachterrasse bietet einen der berückendsten Ausblicke auf die Mosel.

Jugendstil-Hotel am Fluss

Dort liegen Flusskreuzfahrtschiffe vor Anker, Schubkähne ziehen vorbei. Eine zweistündige gemächliche Bootstour nach Bernkastel-Kues und zurück lässt den Mythos Mosel ahnen.

Zurück in Traben-Trarbach ist eine Tour durch das Romantikhotel "Belle Epoque" (1903) direkt an der Anlegestelle Pflicht. Auf der Veranda mit verschnörkeltem Holz-Geländer und in den historisch original erhaltenen Speiseräumen mit Buntglas-Fenstern wähnt man sich wie in einem Thomas-Mann-Roman. Nostalgiker buchen die Richthofen-Suite, und es gibt eine coole Bar im Retro-Look. Man meint, rauschende Spitzenroben und Gehstock-Klackern zu hören. Und zu all dem plätschert die Mosel ihren träumerischen Sound.

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 Hat ein eigenes Weingut in Kanzem: TV-Moderator Günther Jauch. Foto: Moselwein e.V.

Hat ein eigenes Weingut in Kanzem: TV-Moderator Günther Jauch. Foto: Moselwein e.V.

Foto: Moselwein e.V.
 Das junge Winzerpaar Angelina und Kilian Franzen bei einer Arbeitspause im Weinberg Calmont. Sie blicken auf die Ruine des Klosters Stuben. Foto: Moselwein e.V./Timo Volz

Das junge Winzerpaar Angelina und Kilian Franzen bei einer Arbeitspause im Weinberg Calmont. Sie blicken auf die Ruine des Klosters Stuben. Foto: Moselwein e.V./Timo Volz

Foto: Moselwein e.V./Timo Volz

Auf einen Blick Zimmer auf Weingütern oder in Hotels über Mosellandtouristik, Telefon 06531 97330, www.mosellandtouristik.de , oder bei der Saar-Obermosel-Touristik in Saarburg, Telefon 06581 995980, www.saar-obermosel.de . Infos zum Wein von Mosel, Saar und Ruwer: www.weinland-mosel.de . "SaarRieslingSommer": 26. bis 28. August. Verkostungen auf zehn Weingütern mit 33 Winzern am 27. und 28. 8. unter anderem Van Volxem, Von Othegraven, Dr. Siemens. Eintritt: 35 Euro (für alle Weingüter ). Kostenlose Transfers zwischen den Stationen. Infos/Karten: ft@weinland-mosel.de, www.SaarRieslingSommer.de . Zusätzlich am 27. August: drei kulinarische Specialevents/Partys. ce

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