Finsteres Treiben in der Vorweihnachtszeit

Schwoich · In Tirol machen während der Adventszeit die Perchten die Straßen unsicher. Nach altem Brauch ziehen die zotteligen Wesen mit gruseligen Masken umher und erschrecken auch den einen oder anderen Touristen.

 Bei einem Tiroler Adventsbrauch tanzen wilde Wesen um bengalische Feuer. Foto: Österreich Werbung/Semrad

Bei einem Tiroler Adventsbrauch tanzen wilde Wesen um bengalische Feuer. Foto: Österreich Werbung/Semrad

Foto: Österreich Werbung/Semrad

Im österreichischen Alpenraum werden Traditionen und alte Bräuche mit Freude gepflegt. Besucher Nordtirols können im Kufsteiner Land eine stimmungsvolle Adventszeit erleben. Doch Vorsicht, nicht immer geht es sanft zu. Etwa bei den Auftritten der Perchten, jenen zotteligen mystischen Figuren mit gruseligen Holzmasken.

Eine von gut zehn Gruppen vor Ort sind die "Peaschtln" aus Schwoich südlich von Kufstein. Auch sie tragen das voluminöse, hundert Kilo schwere "Bratschn-Gwand". Michael Gruber (25), einer der Perchten, erklärt: "Bratschn" sind getrocknete Maiskolben-Blätter, die von der Gruppe selbst auf weite Jeans und Jacken aufgenäht werden. Über 800 ausgefranste Bündel braucht ein Gewand. Dazu kommt die bizarr bemalte "Larve". So eine handgeschnitzte Maske, erklärt der Michi, "isch ganz schian teier" - zusammen mit den riesigen Hörnern kann sie über 1000 Euro kosten.

Es geht los. Die Hexe im bunten Flattergewand gibt mit einem alten Messinghorn den Takt vor. Die zwei "Gloginger" mit Glocken am Rücken marschieren los, dann fallen die zehn "Tamperer" mit ihren aus alten Autotanks gebastelten Blechtrommeln ein - ein Höllenlärm im wahrsten Sinn des Wortes bricht aus. Alle bilden einen großen Kreis um den Feuerkübel, tanzen und "tampern" wild nach dem Takt der Hexe, immer wieder grell rot beleuchtet von bengalischen Feuern.

Ein Kontrastprogramm dazu findet 90 Meter über Kufstein in der imposanten mittelalterlichen Festungsanlage statt. Hoch geht es mit der Panoramabahn. Im Innenhof der Festungsarena mit Blick auf den runden Kaiserturm empfangen die sogenannten Weisenbläser die Besucher mit adventlichen Liedern. In den Kasematten-Gewölben setzt sich der Weihnachtszauber fort. An vier Wochenenden bieten hier rund 40 Aussteller und Händler aus Tirol ihre selbstgefertigten Waren an. Am Stand von Angela Anker vom Niederndorferberg gibt es saftiges Kletzenbrot. Für die Zubereitung werden gekochte Birnen mit Rosinen, Nüssen, Feigen und Dörrpflaumen über Nacht in Rum ziehen gelassen. Dann wird der vorbereitete Brotteig mit Honig und Gewürzen verknetet. Nach einer Stunde werden die Früchte daruntergemengt. Dabei erklärt die Bäuerin ihre Liebe zum Holzbackofen. "Des so gebackene Brot schmeckt anders, do is eine andere Wärme drin".

Nicht weit weg davon in Ebbs erwartet Besucher noch eine besondere Adventstradition aus dem Tiroler Unterinntal: das Anklöpfeln. Es wurde 2011 von der Unesco in das Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes in Österreich aufgenommen. Darauf ist besonders Albert Schmider (48), der Obmann der Männer-Sängerrunde Ebbs, stolz. Albert ist ein origineller Kopf: Der Ingenieur, war 25 Jahre weltweit für Siemens tätig, kündigte, machte zu Hause eine Schnapsbrennerei auf und arbeitet als Wanderführer. Ihm liegt das Brauchtum am Herzen. Zur Vorweihnachtszeit ist Albert mit seinen Sänger-Freunden täglich in der Gegend unterwegs. Als Hirten verkleidet, mit breitkrempigen Hüten, Vollbärten und mit Kerzenlaternen ausgerüstet, klopfen sie abends bei den Häusern an und tragen in den Stuben neben kurzen Texten vierstimmig ihre Hirtenlieder vor. Die Spenden gehen großteils an Sozialprojekte.

Die Ebbser Anklöpfler sind die bekannteste Gruppe in der Region. Sie haben in der Adventszeit etwa hundert Auftritte, unter anderem auch beim "Weihnachtszauber " auf der Festung und in der Barockkirche Ebbs. "Uns macht's a Freud", sagt Schmider, "wann wir einen Segen in die Häuser bringen derfen". Zum Schluss Ihrer Auftritte singen die Ebbser Anklöpfler den berühmten Tiroler Andachtsjodler. Albert, der Sprecher der Hirten, schließt mit dem Wunsch an alle: "Weihnachten bringe Euch Frieden und Ruh".

Zum Thema:

Auf einen Blick Der "Weihnachtszauber " auf der Festung Kufstein in Tirol findet an allen vier Adventswochenenden statt. Besucher können in den Kasematten der Josefsburg über einen bunten Weihnachtsmarkt mit kulinarischen Köstlichkeiten und heimischem Kunsthandwerk schlendern. red kufstein.com

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