Ein Hauch von Mittelmeer in der Ostsee

Christiansø · Drei winzige dänische Landmassen in der Ostsee bilden die Ertholmene, die Erbensinseln. Vögel bevölkern Graesholm, von Menschen bewohnt sind Christiansø und Frederiksø. Besuch bekommen die 92 Insulaner nicht nur von der dänischen Königin.

Von der Insel Christiansø aus geht der Blick zum 30 Meter entfernten Frederiksø und weiter auf die karge Vogel-Insel Graesholm. Foto: Sobik

Foto: Sobik

Einmal im Jahr setzt der Schornsteinfeger über und bleibt zwei Tage, um auf alle Dächer der in sattem Gelb getünchten Häuser mit ihren knallgrünen Fensterkreuzen zu steigen und den Ruß der Winterfeuer aus den Kaminen zu kehren. Einmal binnen zwei Jahren schaut die dänische Königin offiziell vorbei - mal standesgemäß mit der Staatsyacht, mal nur kurz mit dem Helikopter. Und öfters kommt sie zusätzlich inkognito und bleibt über Nacht.

Es gibt nur ein paar Menschen hier, keine hundert insgesamt. Aber sie bekommen viel Besuch, vor allem im Sommer. Weil es so schön ist, so warm, so sonnig, weil die Königin so gern herfährt. Und nach halb fünf Uhr nachmittags ist es so unfassbar still. Dann ist der Rummel schlagartig vorbei, das letzte Linien-Schiff wieder auf dem Rückweg nach Bornholm oder mit Nordkurs hinauf nach Simrishamn in Südschweden hinter dem Horizont verschwunden. Dann sind die Tagesbesucher auf dem Nachhauseweg und die 92 Insulaner wieder unter sich. Sie schließen die Tür zur Eisdiele ab, sperren den Kunsthandwerker-Souvenirshop zu und verschwinden wieder in ihren Hängematten zwischen den Obstbäumen. Sie dösen im Liegestuhl unterm Feigenbaum, werkeln im Gärtchen zwischen all den Rosen, gießen die Weinstöcke an der Hauswand oder treffen sich zum Schachspielen im Windschatten der alten Schule auf dem höchsten Punkt der Insel gleich neben der Kirche.

Christiansø und Frederiksø sind Dänemarks östlichste Inseln, eher der polnischen Küste vorgelagert als der eigenen, näher an Stettin als an der Hauptstadt Kopenhagen. Die weitaus größere Schwesterinsel Bornholm ist dreißig Fahrtminuten mit dem Express-Ausflugsboot oder gut anderthalb Stunden mit dem alten Postschiff "MS Peter" entfernt. Mit ihm wird alles herantransportiert, was auf den beiden Inseln gegessen, getrunken, gepflanzt, gelesen oder sonst irgendwie genutzt wird. Auch das Spezial-Fernglas für Hafenmeister John Anker Nielsen oder das neue Sofa für Inselverwalter Ulrich Longkjaer - alles kommt mit dem alten, weißen Transportschiff im Fischkutter-Look.

Die beiden Inseln sind zusammengenommen nur 26 Hektar groß - und nur 30 Meter voneinander entfernt. Eine Brücke überspannt diese Meerenge, und ein Schildchen warnt, dass das Konstrukt maximal zehn Menschen zugleich trage und man im Zweifel lieber einen Moment warten möge.

Die Ertholmene, die sogenannten Erbseninseln mitten in der Ostsee, sind die sonnenreichsten und zugleich regenärmsten Flecken Dänemarks. Sie gelten als klimabegünstigt, und fast immer während des Sommerhalbjahres ist es hier ein paar Grad wärmer als auf dem Festland. Deshalb gedeihen hier Feigen- und Maulbeerbäume, deswegen wächst hier Wein, deshalb wirkt die Flora so mediterran. Und wahrscheinlich auch deswegen ist das Lebensgefühl so südländisch entspannt.

Eine Schule gibt es, in der die Kinder bis zur siebten Klasse unterrichtet werden, eine Bibliothek, einen Kaufmannsladen, eine Feuerwehrwache, keinen Arzt, keinen Friseur, keine Apotheke. Und keinen Schornsteinfeger - von zwei Tagen im Juli oder August abgesehen.

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Auf einen BlickMit Schiffen der Reederei Faergen (www.faergen.dk) von Saßnitz auf Rügen aus kommen Urlauber nach Rønne auf Bornholm. Von Allinge oder Gudjem auf Bornholm aus geht es mit der Reederei Christiansø-farten (www.bornholmexpress.dk) weiter auf die 18 Kilometer entfernte Insel Christiansø. hsovisitdenmark.com