Drei Farben für eine Felseninsel

Capri · Hausnummern, Läden und elektrische Kabel werden auf der Insel Capri mit bemalten Fliesen gekennzeichnet. Das ist schön anzuschauen, aber auch amtlich so geregelt. Fliesen sind auf Capri der offizielle Ersatz für viele Schilder.

 Die „Faraglioni“ sind drei schroffe Felsen an der Küste von Capri. Der Künstler Gennaro Tavassi hat sie auf Fliesen verewigt. Foto: Attilia Passannante

Die „Faraglioni“ sind drei schroffe Felsen an der Küste von Capri. Der Künstler Gennaro Tavassi hat sie auf Fliesen verewigt. Foto: Attilia Passannante

Foto: Attilia Passannante

Zwei Meter hohe Steinwände zu beiden Seiten windet sich der Weg die italienische Felseninsel hinauf. Was hier mit ein paar Treppenstufen und dem Schild "Capri Centro" beginnt, entpuppt sich als ein langer Weg hinauf ins Stadtzentrum. Mal sind es betonierte Wände, dann wieder Mauern aus locker zusammengefügten Steinbrocken, die den Spaziergänger sich stets auf eines konzentrieren lassen: bergauf zu gehen. Der steinige Pfad belohnt auch mit kleinen Einblicken auf die Grundstücke der Anwohner. Wer durch die hübsch verschnörkelten Eisentore linst, entdeckt Gärten mit Feigen- und Limettenbäumen, Wäscheleinen zwischen Terrakotta-Töpfen und häufig eine in die Mauer eingelassene Andachtsstätte mit Marienfigur. Kleine bunt verzierte Kacheln neben den Eingängen nennen die Hausnummer und den Namen des hier ansässigen Capresen. Darauf sind neben Ornamenten maritime Motive oder auch die hier gut gedeihende Zitrone zu sehen.

Gennaro Tavassi ist einer von 13 000 Einwohnern der Insel. Er stellt diese Fliesen und auch andere Gegenstände aus Tonkeramik her. Zwar verkauften viele Geschäfte mittlerweile die bei Touristen beliebten bunten Fliesen, doch gebe es nur noch wenige, die sie selbst herstellen, erklärt Tavassi. Seine Werkstatt liegt im Ort Anacapri. Jeder kann ihn besuchen und ihm bei der Arbeit zusehen. Blumen, Vögel, Landschaften und natürlich Zitronen malt er auf Fliesen und Geschirr. Farbtöpfe stehen um ihn herum, bemalte Teller und pompöse Vasen schmücken die Regale. Geboren ist er in Neapel . Vor vielen Jahren sei er nach Capri gekommen, um das Töpfern zu lernen, erzählt er. Heute, mit 40 Jahren, ist er selbstständig und bearbeitet Aufträge aus aller Welt. Sogar für Päpste habe er schon die bemalten Keramikteller hergestellt, darunter auch den emeritierten Papst Joseph Ratzinger. "Wenn ich Zeit habe und mich gerade nicht um Bestellungen kümmere, male ich, was mir meine Seele sagt. Ein Lieblingsmotiv gibt es nicht", sagt Tavassi. "Um etwas Besonderes herzustellen, brauche ich einen freien Kopf. Ich sage immer: In jedem Teil, das ich kreiere, steckt auch ein Teil von mir."

Neben der dekorativen Verwendung als Hausnummer werden Fliesen auf Capri auch für offizielle Schilder benutzt. Dafür gibt es sogar eine Verordnung. Die besage, so erklärt Tavassi, dass alle Straßen-, Restaurant- und Boutique-Schilder aus Keramikfliesen sein müssen. Und zwar mit einer bestimmten Farbgebung. Fliesen müssen eine besondere Randverzierung haben, sagt Tavassi, die ‚Bordo Capri ' oder ‚Bordo Cerio': "Sie besteht aus drei Farben: Gelb für die Sonne, Blau für das Meer und Grün für die Natur." So kommt es auch einmal vor, dass bei einem Spaziergang durch die Straßen, vorbei an Läden von Louis Vuitton und Gucci, einem eine Fliese zu Füßen liegt. "Cavi elettrici" steht darauf. Hier wird höchst dekorativ auf ein elektrisches Kabel im Boden hingewiesen.

Wer vom Bergaufgehen genug hat, kann es sich mit einem regionalen Zitronenlikör, dem Limoncello, und Pizza gemütlich machen, ein Boot zu einer der Grotten nehmen oder sich zu einem anderen beliebten Fliesenmotiv begeben: Die drei Felsen "Faraglioni", die das Wahrzeichen von Capri sind.

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Auf einen BlickVom Flughafen in Neapel fahren Busse zum Hafen Molo Beverello. Haltestelle: Piazza Municipio. Vom Hafen fahren Schnellboote ("Jetfoils") nach Capri . Auf der Insel verkehren Busse und eine Drahtseilbahn zwischen Marina Grande und dem Zentrum von Capri sowie Anacapri.capritourism.com/de/home

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