Wintersport in den Alpen Ein kleines Skigebiet will den Gipfel stürmen

Vals/Meransen · Die Region Gitschberg-Jochtal am Eingang des Südtiroler Pustertals wappnet sich für den Konkurrenzkampf mit den etablierten Größen.

 Viele Pisten auf dem Gitschberg eignen sich für Anfänger, aber auch alte Schneehasen kommen auf ihre Kosten.

Viele Pisten auf dem Gitschberg eignen sich für Anfänger, aber auch alte Schneehasen kommen auf ihre Kosten.

Foto: dpa-tmn/Alex Filz

Auf den Pisten gibt es verblüffende Begegnungen. Da düst tatsächlich ein junger Mann mit Frack und Zylinder die Abfahrt vom Gitsch herunter. Ein netter Herr, der Skifahrerinnen gern mal eine Rose überreicht und den Gästen mit Rat und Tat zur Seite steht. Er hilft mit Taschentüchern aus, ersetzt den verlorenen Pistenplan und gibt als Einheimischer, der jeden Gipfel und jede Abfahrt kennt, Tipps für den schönsten Ausblick, die gemütlichste Einkehr und die leckerste Jause. Der „Cavaliere“ ist der Liebling großer und kleiner Skifahrer und eine Errungenschaft, die es in anderen Skigebieten so nicht gibt.

Die Südtiroler Region Gitschberg-Jochtal hoch über Brixen hat aus der Not, gegen große Anziehungspunkte für Winterurlauber bestehen zu müssen, eine Tugend gemacht. „Die Menschen hier haben Vertrauen in die Zukunft ihrer Skiregion, in die sie eine Menge investieren“, sagt der Chef des Tourismus-Amts, Stefan Gruber. Doch das war nicht immer so.

Die Gemeinden Vals und Meransen, getrennt durch einen hohen Berg und ein tiefes Tal, waren Nachbarn, die sich in ihren kleinen Skigebieten einschlossen und eifersüchtig darüber wachten, dass der andere bloß nicht zu groß wird. In letzter Minute regten Hoteliers und Liftbetreiber an, die Gebiete zu fusionieren. „Aus einer kranken und einer todgeweihten Gesellschaft wurde eine gesunde“, sagt Karl Leitner, Präsident des jetzt gemeinsamen Seilbahnbetriebs. Seit 2012 verbindet eine 22 Millionen Euro teure Bergbahn die beiden Skigebiete.

Seither brummen rings um Vals und Meransen nicht nur die Lifte. Vor zehn Jahren gab es vier Vier-Sterne-Hotels in der Region, heute sind es 16. Im Südtiroler Preis-Ranking rangieren die meisten davon im unteren Mittelfeld. Die Umsätze von Gastronomie und Bergbahnen haben kräftig zugelegt.

Neu eröffnet hat in der Saison 2018/19 eine Gondelbahn, die Urlauber auf 2216 Metern Höhe unterhalb des Gipfels des Gitsch bringt. Mit der neuen Anlage bringt es das Gebiet auf 16 Lifte und Seilbahnen sowie 55 Kilometer Abfahrten – zehn blaue, neun rote und vier schwarze Pisten. 95 Prozent davon können laut Betreiber künstlich beschneit und dank 130 Schneeerzeugern binnen einer Woche fit fürs Skifahren und schneesicher bis Ostern gemacht werden. Das ist zwar nicht genug für Pistenfresser, aber lohnend für Wintersportler, die es übersichtlich mögen.

Die Abfahrten auf beiden Seiten des Altfasstals sind breit, die nicht zu steilen Hänge überfordern auch Anfänger nicht. Drei Kinderparks mit Ganztagesbetreuung hat die Region. Dort kann sich der Nachwuchs beispielsweise auf breiten Förderbändern und einer Kabinenbahn nach oben transportieren lassen.

Vals und Meransen sind typische Skiorte. Dort laden 22 Hütten und Almen zur Einkehr. Das Angebot reicht von der „Bar zur Mühle“ an der Valser Talstation bis zur urigen Anratter Hütte, in der die Wirtsleute mit 15 verschiedenen Knödeln aufwarten. Speck, Kasnocken und Schlutzkrapfen gibt es auch auf der Terrasse der Gitschhütte – samt Fernsicht auf Marmolata, Sella und Langkofel.

Die Landschaft können Winterurlauber auch ohne Bretter unter den Füßen kennenlernen. Zum Beispiel bei einer Schneeschuhwanderung durchs sanfte Altfasstal oder beim etwas beschwerlichen Aufstieg hinauf zur Fane-Alm, von der es mit dem Leih-Schlitten auf einer kilometerlangen Rodelbahn flott zurück ins Tal geht. Wer es sich leichter machen will, nimmt den Brimi Winter Run von der Bergstation Gitschberg runter nach Meransen – die zweite große Rodelbahn des Gebiets ist per Lift erreichbar.

 Karte Meransen

Karte Meransen

Foto: SZ/Steffen, Michael

Die Entwicklung der Skiregion ist noch nicht abgeschlossen. Im Frühjahr soll die Talabfahrt nach Meransen an die Bedürfnisse von Anfängern angepasst, eine permanente Trainingspiste am Gitschberg installiert und 2020 ein weiteres Großprojekt angepackt werden: der Bau einer neuen Seilbahn von Mühlbach tief unten im Pustertal hinauf nach Meransen. 20 Millionen Euro soll der Bau der Anlage kosten. Doch die Region hofft darauf, dass sich die Investition langfristig lohnen wird.

(dpa)
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