Buxtehude Wo Hase und Igel um die Wette liefen

Buxtehude · Im Dunstkreis der Elbmetropole Hamburg versprüht die Märchenstadt Buxtehude am Flusslauf der Este ihren hanseatischen Charme.

 In der Märchenstadt Buxtehude begegnen Besucher immer wieder Hasen und Igeln. Auch vor dem Rathaus der Stadt darf das Wahrzeichen nicht fehlen.

In der Märchenstadt Buxtehude begegnen Besucher immer wieder Hasen und Igeln. Auch vor dem Rathaus der Stadt darf das Wahrzeichen nicht fehlen.

Foto: Daniela Ponath/Stade Marketing und Tourismus/Daniela Ponath

Es war einmal an einem sonnigen Herbstsonntag, als der Igel einen Spaziergang zu seinem Feld machte und unterwegs den Hasen traf, der ebenso vornehm wie hochnäsig war. Und obendrein ziemlich unverschämt, denn er verspottete den Igel wegen seiner krummen Beine. Der schlug dem Langohr daraufhin einen Wettlauf vor. Einsatz: einen Goldtaler und eine Buddel Branntwein. Der Hase war einverstanden. Klar, schließlich war er sicher, dieses Rennen zu gewinnen. Aber er hatte nicht mit der Listigkeit seines Gegners gerechnet, der seine Frau, die ihm glich wie ein Ei dem anderen, am entgegengesetzten Ende der Strecke postierte. Bei Drei ging’s los. Und so lief der Hase den ganzen Acker entlang, während der Igel nur wenige Schritte tat und sich dann in eine Furche duckte. Empfangen von Frau Igel, die aus ihrem Versteck auftauchte und nur rief: „Ich bin schon hier!“ Fassungslos bestand der Hase auf eine Revanche. Wieder rannte er und wieder verlor er. Auf die Art ging das Ganze 74 Mal. Bis er zu Tode erschöpft auf die Erde stürzte und nicht mehr aufstand.

So die Kurzform der Fabel vom Hasen und dem Igel, die erstmals vom Zeitungsverleger Wilhelm Schröder in plattdeutscher Sprache zu Papier gebracht und 1840 im Hannoverschen Volksblatt publiziert wurde – drei Jahre, bevor die Brüder Grimm sie in ihre weltberühmte Sammlung der „Kinder- und Hausmärchen“ aufnahmen. Schröders Verortung der Geschichte „auf der kleinen Heide bei Buxtehude“ blieb nicht ohne Folgen für die Hansestadt vor den Toren Hamburgs, die ihre Häuser am Südrand des Alten Landes verteilt. Denn ganz Buxtehude steht im Zeichen der beiden Märchengestalten. So erscheint eine Stadtführerin als Igel mit rotem Rock, karierter Schürze und Stachelmütze zum Dienst. Beim Bäcker in der Lange Straße hat man die Tierfabel sogar in großen Lettern auf der Zimmerdecke verewigt, und wenige Schritte weiter erzählt der Hase-Igel-Brunnen den Kern der Geschichte mit einer Skulptur aus Bronze und Stein.

Vor zahlreichen Geschäften stehen Hase und Igel als mannshohe Figuren, individuell „gekleidet“ nach dem Geschmack ihrer Besitzer. Da trägt der Hase des Metzgers eine Weste mit Schweinchen-Muster, während der Juwelier seinen Igel mit einer Taschenuhr schmückt. Ganz selbstverständlich begleiten Buxtehudes liebenswerte Aushängeschilder die Besucher bei ihrem Gang durch die belebten Einkaufsstraßen und die stilleren Gassen der charmant verwinkelten Altstadt, wo zauberhafte Bauten aus Fachwerk und rotem Backstein das Pflaster säumen.

Kurze Wege führen durch den historischen Stadtkern, in dem sich eine Attraktion an die nächste reiht: das stattliche Rathaus in der Breite Straße, der Stavenort, der seinen Namen einer früheren Badestube verdankt und die Leute dreimal täglich mit seinem Glockenspiel in das ehemalige Gängeviertel lotst, oder das wundervolle Abthaus aus dem 17. Jahrhundert, hinter dessen grüner Tür ein Restaurant Kutterscholle Finkenwerder Art oder Hamburger Pannfisch serviert. Neben der mächtigen St. Petri Kirche, einer gotischen Basilika im ortsüblichen Backsteinornat, gilt aber vor allem die Flethanlage als Buxtehudes bedeutendste Sehenswürdigkeit – ein grachtenartiger Wasserlauf, der schon im ausklingenden 13. Jahrhundert die Funktion eines Binnenhafens innehatte, als die Stadt im Moorstreifen zwischen Geest und Marsch entstand.

Am unteren Ende des vom Flüsschen Este gespeisten Fleths erhebt sich eindrucksvoll eine alte Getreidemühle, die heute die örtliche Tageszeitung beherbergt und den Gästen des Hotels „Zur Mühle“ eine komfortable Unterkunft gewährt. Ihre Fenster blicken auf das ausgemusterte, über hundert Jahre alte Frachtschiff zu ihren Füßen und auf das von engen Mauern begrenzte Fließ, das erst am Marschtorzwinger außer Sicht gerät – bis dahin hofiert von herrlicher Fachwerk- und Gründerzeitarchitektur, die uns etwas über das Leben der einst hier ansässigen Händler und Handwerker erzählt.

 Reisekarte Buxtehude

Reisekarte Buxtehude

Foto: SZ/Steffen, Michael

Hinter der Hafenbrücke verabschieden sich die Wasser der Este langsam von Buxtehude. Vor sich eine Reise durchs Alte Land, Nordeuropas größtes zusammenhängendes Obstanbaugebiet. Wo auf 10 000, von Gräben durchzogenen Hektar Fläche neben Kirschen und Birnen in erster Linie Äpfel reifen. Für das Flüsschen eine idyllische Landpartie, bis es nach zwölf Kilometern die Elbe in Hamburg erreicht und eine andere Welt beginnt.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort